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IV. Olympische Winterspiele 1936 in Garmisch-Partenkirchen Die Kehrseite der Medaille Eine Ausstellung im Olympia-Skistadion
Texte und Materialien für die Leseecke |
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07 Jüdische Bürger und Gäste in Garmisch-Partenkirchen bis 1936
22.09.1933 - Zuzug von Juden: Beschluss der Marktgemeinde Garmisch: "Festgestellt wird, daß sich hier eine nicht unerhebliche Anzahl von Juden ansässig macht... Der Gemeinderat ist sich dahingehend einig, daß der Zuzug von Juden unerwünscht, zu erschweren und - soweit möglich - zu verhindern ist. gez. Thomma, 1. Bgm" Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen VII/15/8
13.01.1934 - Marktgemeinde Garmisch an Bezirksamt Garmisch: "Betreff: Aufenthalt von Personen jüdischer Abstammung …"In der Anlage übermitteln wir je ein Verzeichnis der in Garmisch wohnhaften Personen jüdischer Abstammung und der Personen, deren Religionsbekenntnis nicht feststeht und verweisen besonders auf den Neuzugang in letzter Zeit, welcher 16 Familien umfaßt. gez. Thomma, 1. Bgm" Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen VII/15/8
07.12.1934 - Ansiedlung von Juden - Beschluss des Marktgemeinderats Partenkirchen:
"Der Antrag des
Fraktionsvorsitzenden (Wilhelm Melcher) der NSDAP wird ... zum
Beschluß erhoben: Die Ansiedlung von Nichtariern ist in
Partenkirchen nicht erwünscht. Die dem Reichsverband deutscher
Makler angehörenden Immobilienhändler und die dem BDA angehörenden
Architekten sind von diesem Beschluß in Kenntnis zu setzen. Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen - Sitzungsbuch Partenkirchen Nr. 2655
Modernes Ghetto "Bad Tölz, Bad Reichenhall, Garmisch-Partenkirchen und das Bayerische Hochland gewähren Juden keinen Zutritt mehr zu den Kuranlagen." Deutschlandberichte der Sozialdemokratischen Partei Deutschland (SOPADE) 1934-1940, Zweiter Jahrgang 1935 (Frankfurt am Main, 1980) S. 921
25.04.1935 - Carl Diem an Ritter von Halt: „… In dem Ermietungsvertrag ist festgelegt, dass der Vermieter verpflichtet ist, den durch das Verkehrsamt überwiesenen Gast, ohne Rücksicht auf Staatsangehörigkeit und Konfession, aufzunehmen. Hiergegen äußerten einige Wirte Bedenken, weil sie durch die NSDAP mit dem Ausschluss aus der Partei bedroht zu sein behaupten, wenn sie die Juden beherbergen. Eine daraufhin an die zuständige Kreisleitung gerichtete Anfrage des Olympia-Verkehrsamtes ist bisher ohne Antwort geblieben. Hinzu tritt, dass in letzter Zeit bei Parteiversammlungen und in der Öffentlichkeit eine besondere Aufklärung gegen die Juden stattfindet. So wurde den beiden am Ort erscheinenden Zeitungen vor einiger Zeit für jede Nummer ein gegen die Juden gerichteter Aufsatz oder entsprechende Nachrichten zugewiesen, die sie zu veröffentlichen hätten. An mehreren Stellen im Ort ist der „Stürmerkasten“ zum Aushang gebracht. Daraus entsteht die Besorgnis, dass während der Spiele den in- und ausländischen Juden gegenüber Kundgebungen veranlasst werden, die nicht nur einen Schatten auf die Winterspiele werfen, sondern auch die Durchführung der Sommerspiele gefährden würden…“ Bundesarchiv 70 Or 1 G158
30.04.1935 -
Gendarmeriestation Garmisch an Bezirksamt Garmisch: Staatsarchiv München LRA 61613
14.05.1935 - Ritter von Halt, Präsident des Organisationskomitees der Olympischen Winterspiele 1936, an das Reichsministerium des Innern, Staatssekretär Pfundtner:
"Mit wachsender Sorge
beobachte ich in Garmisch-Partenkirchen und Umgebung eine planmäßig
einsetzende antisemitische Propaganda. Wenn sie bis vor wenigen
Monaten geschlummert hat und nur hin und wieder in Reden zum
Durchbruch gekommen ist, so wird jetzt systematisch dazu
übergegangen, die Juden in Garmisch-Partenkirchen zu vertreiben. Am
1. Mai hat der Kreisleiter Hartmann in seiner Rede dazu
aufgefordert, alles Jüdische aus Garmisch-Partenkirchen zu
entfernen. Ich war selbst Zeuge, wie derselbe Kreisleiter einen
anscheinend jüdischen Gast aus der Garmischer Post entfernt hat. Ich
sehe seit vergangenem Samstag an allen möglichen Stellen in
Garmisch-Partenkirchen und vor allem auf der gesamten Landstraße
von München nach Garmisch-Partenkirchen große Tafeln angebracht mit
Inschrift "Juden sind hier unerwünscht". Der Leiter der Deutschen
Arbeitsfront in Garmisch hat in einer Hotelier-Versammlung zum
Ausdruck gebracht, daß jeder Gaststättenbesitzer aus der Partei
ausgeschlossen würde, der einen Juden als Gast aufnehme. Sofern er
nicht Parteigenosse wäre, würde mit anderen Mitteln gegen ihn
vorgegangen werden. Bundesarchiv L382843/Abschrift
22.05.1935 - Reichsinnenminister Frick an Chef der Reichskanzlei: "... zunehmende antisemitische Propaganda im Bezirk Garmisch-Partenkirchen... Gauleiter Wagner in München hat dankenswerter Weise bereits zugesichert, daß er an Ort und Stelle sofort eingreifen werden... außerordentlich ernst... sofortige Einstellung der zur Zeit in ihren Folgen nicht absehbaren Propaganda in Garmisch-Partenkirchen... gez. Frick" Bundesarchiv L382843/Abschrift
28.05.1935 - Ritter von Halt an Theodor Lewald: Oberbürgermeister Liebel von Nürnberg erklärte, „dass sich insbesondere die Juden gerade in den Städten am wohlsten fühlten, wo sie sich am meistern bedrängt glauben. Auch die in den Ortschaften angebrachten Tafeln „Juden sind hier nicht erwünscht“ oder wie es noch wirksamer heiße „Juden betreten diesen Ort auf eigene Gefahr“ würden sich nach wie vor in unseren Städten wohlfühlen… Ich bezeichnete die von Herrn Oberbürgermeister Liebel erwähnten Tafeln im Hinblick auf die Olympischen Spiele als eine Unmöglichkeit… Ich sprach von einem Misslingen der Garmischer Spiele und von einem Nichtstattfinden der Berliner Olympiade, wenn nicht umgehend diesem Unfug gesteuert wird… dass auch Herr Streicher die gleiche Ansicht vertrete und Orte, wie beispielsweise Garmisch-Partenkirchen und Bayreuth von dieser Beschriftung ausnehme… Das Organisationskomitee für die Olympischen Winterspiele warte nur mehr noch eine kurze Frist, um dann geschlossen zurückzutreten…. Darauf erklärte Nippold, dass die Tafeln bis spätestens 1. Juni d.J. verschwunden sein werden.“ Bundesarchiv 70 Or 1 G158
04.06.1935 - Bezirksamt Garmisch an Regierung von Oberbayern: "... das heimliche eigenmächtige Anbringen von Holztafeln mit der Aufschrift "Juden sind nicht erwünscht" in fast sämtlichen Orten des Oberlandes durch die Hitler-Jugend, die immer wieder aufflammenden Boykottbewegungen gegen die Juden und jüdische Geschäfte ... schaden dem Ansehen der Partei außerordentlich. gez. Wiesend“ Staatsarchiv München - LRA 61613
11.06.1935 - Monatsbericht des Regierungspräsidenten von Oberbayern: "... In vielen Orten des Regierungsbezirkes befinden sich Plakate, Tafeln und Schilder mit der Aufschrift "Die Juden sind unser Unglück", "Juden unerwünscht" und ähnlichen Inhalts... Die Bevölkerung billigt in jeder Hinsicht den sachlichen Kampf gegen das Judentum. Sie ... befürchtet besonders in Fremdenverkehrsgemeinden wie in Garmisch-Partenkirchen wirtschaftliche Ausfälle." Staatsarchiv München - LRA 61613
31.08.1935 - Gendarmeriestation Garmisch an Gendarmeriebezirk Garmisch: "Juden, die hier schon seit längerer Zeit ansässig waren, sind in letzter Zeit weggezogen." Staatsarchiv München - LRA 61613
09.09.1935 - Bayerische Politische Polizei an Bezirksamt Garmisch:
"Vertraulich wird mir
mitgeteilt, dass englische Zeitungen von ihren Berichterstattern
aus Deutschland dahingehend unterrichtet wurden, daß z.Zt. aus dem
Ort Garmisch-Partenkirchen alle Juden vertrieben werden. An den
Parkeingängen sollen Schilder mit der Aufschrift angebracht sein "Es
ist Juden nicht gestattet, hier einzutreten." Staatsarchiv München - LRA 61941
01.10.1935 - Monatsbericht der Bayerischen Politischen Polizei: "Im bayerischen Oberland, insbesondere im Bezirk Garmisch-Partenkirchen wurde zufolge einer Verfügung des Politischen Polizeikommandeurs der Länder mit Rücksicht auf die bevorstehende Winterolympiade im Benehmen mit den zuständigen Parteidienststellen die judengegnerische Agitation abgestoppt. Die Entfernung der Schilder mit judenfeindlichen Aufschriften wurde veranlaßt, um den ausländischen Bestrebungen nach Verlegung der Olympiade in ein anderes Land den Boden zu entziehen, da immer wieder festgestellt wurde, daß derartige Tafeln von den Insassen ausländischer Kraftfahrzeuge photographiert und in ausländischen Zeitungen veröffentlicht wurden..." Staatsarchiv München - LRA 61641
03.12.1935 - Reichsinnenminister Frick: "Auf ausdrückliche Weisung des Führers ersuche ich mit Rücksicht auf die bevorstehenden olympischen Winterspiele zu veranlassen, daß an der Straßen- und Eisenbahnstrecke zwischen München und Garmisch-Partenkirchen und in ihrer Nähe sämtliche Schilder, Transparente und ähnliche Hinweise, die die Judenfrage betreffen, beseitigt werden. gez. Dr. Frick" Staatsarchiv München - NSDAP 545
11.12.1935 - Bild im „Manchester Guardian“:
Reichspropagandaministerium an Dr. Harster, Organisations-Komitee
der IV. Olympischen Winterspiele – Abteilung Presse - in
Garmisch-Partenkirchen: Bild im Guardian, Freitag, 6. Dezember 1935 - Text: Olympia-Verkehrsamt - Ski-Club Partenkirchen - Juden Zutritt verboten! Bildunterschrift: At Garmisch-Partenkirchen, in Germany, the site auf the Winter Olympic Games, appears the notice „Jews – Entrance Forbidden" Bundesarchiv - 70 Or 1 G 147
15.12.1935 - Kurdirektor Werneck vom Olympia-Verkehrsamt an Dr. Harster vom Organisations-Komitee: „Der Tatbestand ist folgender: Die Aufnahme stammt vom Kurhaus in Partenkirchen und zwar stellt das Bild den Aufgang zu den Leseräumen dar. Bevor das Plakat „Juden Zutritt verboten" an die Wand geklebt worden ist, war das Olympia-Verkehrsamt in den Räumen des Kurhauses Partenkirchen provisorisch untergebracht. Dann übersiedelte das Olympia-Verkehrsamt in das Rathaus nach Garmisch. Ein Maler wurde beauftragt, die Aufschrift „Olympia-Verkehrsamt" zu überstreichen. Bevor diese Arbeit getätigt wurde, wurde das Plakat „Juden Zutritt verboten" angebracht. Das Plakat hat also mit dem Olympia-Verkehrsamt gar nichts zu tun." Bundesarchiv - 70 Or 1 G 147
10.01.1936 - Staatsminister des Innern an Regierung von Oberbayern bzw. Bezirksamt Garmisch:
"Beseitigung der
Judenschilder und Stürmer-Kästen - An die Pgg Kreisleiter des Gaues
München-Oberbayern - Ich ordne hiermit an: Sämtliche Schilder,
Transparente usw. mit der Aufschrift "Juden sind hier unerwünscht"
oder ähnlich sind unverzüglich - längstens bis 15. Januar 1936 - zu
entfernen. Staatsarchiv München - NSDAP 545
21.01.1936 -
Außenstelle Garmisch-Partenkirchen der Bayerische Politische Polizei
- Flaggenschmuck der Hotels während der Winterolympiade: Staatsarchiv München - LRA 61971
29.01.1936 - Der Stellvertreter des Führers an den Gauleiter, München Braunes Haus, Rundschreiben 18/36:
"Unter den Schildern und
Tafeln, in denen Kreise, Gemeinden, Gasthäuser usw. darauf
hinweisen, daß Juden unerwünscht seien, befinden sich zum Teil oft
wenig geschmackvolle Darstellungen. Staatsarchiv München - NSDAP 545
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