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Werdenfels-Gymnasium Garmisch-Partenkirchen - 1950-2003 - Entwicklung und Bewährung |
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1968/69 - 772 Schüler – Dr. Walther Steinert, Herbert Frank, Klaus Goldschadt, Helmut Knab Der neue Schulleiter war 57 Jahre alt, kam vom Leibniz-Gymnasium aus Altdorf bei Nürnberg und hieß Dr. Walther Steinert. Geboren und aufgewachsen war er in Hamburg – „Ich fühle mich als Süddeutscher“[1] – , war mit dem Werdenfelser Land aber seit seiner Zeit als Hauslehrer in den Jahren 1937 bis 1939 gut vertraut. Der Vater zweier Kinder hatte in Bonn neuere Sprachen und Erdkunde studiert. 1940 musste er in den Krieg. Erst 1949 kehrte er aus russischer Gefangenschaft nach Haus zurück. In Amberg und in Weißenburg sammelte er seine ersten Erfahrungen als Lehrer, von 1960 bis 1968 leitete er das Leibniz-Gymnasium. Mit dem Werdenfels-Gymnasium hatte er jetzt die Verantwortung für eine Schule übernommen, die aus allen Nähten platzte und von Lehrermangel geplagt wurde. Die Raum- und Personalnot hatte zu unhaltbaren Zuständen geführt. Elternbeschwerden gingen an das Ministerium, die Antworten waren wenig befriedigend. In den Klassen der 5. Jahrgangsstufe saßen 40 und mehr Kinder, in der 7a sogar 43, in den 10. Klassen zwischen 34 und 38 Schülerinnen und Schüler. Die Landeselternvereinigung wurde eingeschaltet, Unterschriftenlisten gesammelt. Die Räume der ehemaligen Metzgerei Neuner am Südende der Aula konnten zwar zu einem Klassenzimmer umgebaut werden, ernsthaft wurde der Raumnot damit aber nicht zu Leibe gerückt. Die Nachwuchsjahrgänge wurden immer stärker, die „Bildungsreserven“ traten ins Gymnasium ein. Bildungsanspruch und Klassenstärken wuchsen. Schichtunterricht drohte.
1969/70 - 838 Schüler – Eva Brockelt, Josef Frank, Karl Heinz Hofmann, Waltraud Rollmann Kurz vor Weihnachten platzte eine teure Nachricht in die Schule: Alle Klassenzimmerdecken und Flure, bei deren Bau so genannter Tonerdeschmelz verwendet wurde, müssen schleunigst saniert werden. Dieser Zement, der schon seit 1959 nicht mehr eingesetzt werden durfte, zeigte nämlich bedrohliche Korrosions- und andere Verfallserscheinungen. Betroffen waren 1240 Quadratmeter in zehn Klassenräumen und Decken der Flure im ersten und zweiten Stockwerk. In den betroffenen Räumen mussten in Abständen von einem Meter starke Eisenträger untergezogen werden. 150.000.- DM mussten Landkreis und Staat dafür bezahlen.[2] Dieses Geld hätte man natürlich lieber für die Behebung des Raummangels am Werdenfels-Gymnasiums ausgegeben. Dr. Steinert, der neue Schulleiter, meldete dringenden Bedarf an: „Wir haben mehr Klassen als Klassenzimmer, und obendrein sind vier Klassen in Behelfsräumen untergebracht.“ Mit diesen Worten schrieb er sich im Jahresbericht die Not von der Seele. Und weiter: „Eine erhebliche Zahl von Klassenzimmern ist stärker belegt, als es nach den gesundheitlichen und den feuerpolizeilichen Vorschriften erlaubt ist... Es gibt einen Punkt, wo ein weiteres Zusammenpferchen der Schüler nicht mehr zu verantworten ist. Dieser Punkt ist erreicht…“[3] Das waren klare Worte, die weder im zuständigen Ministerium noch beim Landkreis als Sachaufwandsträger ungehört verhallten. Freilich – in Garmisch-Partenkirchen stand nicht die einzige Schule, die aus der Fasson geriet. Denn immer mehr Buben und Mädchen drängten ins Gymnasium ganz nach dem Grundsatz „Es ist für die Zukunft wichtig, eine ausreichende Zahl auf dem Gymnasium ausgebildeter Menschen zu haben, auch für viele Berufe, für die kein Hochschulstudium vorgeschrieben ist.“[4] Auch das ein Satz aus der Feder des Schulleiters, der sich dafür engagiert einsetzte, dass für den, der eine „eine weit gefächerte Ausbildung“ erhalten hat, das Anpacken von Problemen leichter fällt als „für weniger gut Ausgebildete.“[5] Mit den Raumproblemen wollten sich die Schülerinnen und Schüler des Werdenfels-Gymnasiums weniger beschäftigen, untätig blieben sie in diesem Jahr aber keineswegs. „Werdenfels“ und „Irmengard“ gründeten einen „Club“, luden zu einer von gut 150 Teilnehmern besuchten Veranstaltung in den Werdenfelser Hof ein und legten eine Resolution vor, die es in sich hatte: „Mitgestaltung am Lehrplan, rationellere Einteilung der Schulaufgaben, Teilnahme von Schülervertretern am Lehrerrat, mehr persönliche Handlungsfreiheit auch für die Lehrkräfte und Freiwilligkeit beim Unterrichtsbesuch in der Oberstufe“ – das waren die Forderungen, die unter den Augen und Ohren der ehrwürdigen Schwester Gerardis und des Oberstudiendirektors Dr. Steinert diskutiert wurden. Zuhörer bei diesem „Club“-Abend war auch Studiendirektor Dr. Emil Meyerhöfer. Ehe er vor 16 Jahren ans Werdenfels-Gymnasium versetzt wurde und seither das Heft als Stellvertreter des Schulleiters fest in der Hand hielt, war er Lehrer an der Deutschen Akademie in Rom und Lektor der Deutschen Akademie in Griechenland gewesen. Eben das zeichnete ihn ja aus, dass er als Freund der Antike auch dem Neuen gegenüber stets aufgeschlossen war. Jetzt konnte er in den Lauf der Dinge nicht mehr eingreifen – er, der „so viele Jahre das überaus delikate Räderwerk eines so reich aufgefächerten Betriebes“ in Gang gehalten hatte.[6] Der „Maps“, wie er respektvoll von vielen Schülergenerationen genannt worden war, wurde mit vielen guten Wünschen in den Ruhestand verabschiedet.
1970/71 - 862 Schüler – Ute Bachmayr, Ulrike Müller, Andreas Pecoroni Der Chronist wandelt auf schmalem Pfad. In diesem Schuljahr erschien, aus welchen Gründen auch immer, kein gedruckter Jahresbericht. Das gab es sonst nur in Kriegs- und Nachkriegszeiten, in den Jahren der Not, ohne Geld, ohne Papier, mit anderen Sorgen. Sorgen hatte man auch im Schuljahr 1970/71 genug – die Zahl der Schüler wuchs auf weit über 900, geplant hatte man alles einmal für 700 Schülerinnen und Schüler. Forderungen von Seiten der Eltern und der Schulleitung nach Behebung der Engpässe gab es viele, Pläne wurden auch in diesem Schuljahr geschmiedet. Die ursprüngliche Gesamtplanung der Architekten Oswald Bieber und Artur Holzheimer wurde wieder hervorgeholt, sie hatten ja bereits einen Querbau am Mühlbach ins Auge gefasst. Jetzt wurde er dringend benötigt – aber das Geld fehlte. Der Landkreis hatte sich mit der Errichtung des Kreiskrankenhauses schon in schwierige finanzielle Verhältnisse begeben.
Außerdem beherrschte eine neues Thema Schule und
Öffentlichkeit - Jugend und Rauschgift. „Kontrapunkt“, die
Schülerzeitung des Werdenfels-Gymnasiums, hatte in den Jahrgangsstufen 8
mit 13 insgesamt 474 Fragebögen ausgegeben. Anonym und im verschlossenen
Umschlag wurden 444 Antworten zurückgegeben. Hier das Ergebnis für die 13.
Klassen: „Es wurden 61 Fragebögen ausgegeben, 51 wurden ausgefüllt, 13
Schüler haben schon einmal eine Droge genommen … 16 sprachen sich für, 22
gegen das momentane Rauschmittelverbot aus.“[7]
„Kontrapunkt“ hatte in einem einleitenden Artikel die Einnahme von Drogen
heftig kritisiert und deutlich auf die Gefahren und Wirkungen hingewiesen.
Im gleichen Heft erschien auch ein „Pillenreport“: Knapp die Hälfte aller
14- bis 20-jährigen Mädchen aus „Irmengard“ und „Werdenfels“ wurde
befragt; 19,5 Prozent aller befragten Mädchen hatten angegeben, dass sie
die Anti-Baby-Pille nehmen.[8]
[1] Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 12.09.1968 [2] Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 10.12.1969 [3] Jahresbericht 1969/70 S. 3 [4] ebd. [5] ebd. [6] Jahresbericht 1969/70 S. 5 [7] Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 22.08.1970 – Ausriss aus der Schülerzeitung [8] Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 23.08.1970
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