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Werdenfels-Gymnasium Garmisch-Partenkirchen - 1945-1949 - Nach Krieg und Gewaltherrschaft |
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1947/48 Aus Raummangel gab es für die 19 Klassen in diesem Schuljahr Schichtunterricht und zwar von 8 bis 11 Uhr und dann von 11 bis 14 Uhr mit jeweils vier Kurzstunden zu 40 Minuten. Das heißt, dass auch dieses Schuljahr in den äußeren Verhältnissen der Schule zunächst keine Änderung brachte. Direktorat, Kollegium und Schüler warteten lange Zeit vergebens auf die Vollendung oder wenigstens teilweise Fertigstellung des Neubaus an der Wettersteinstraße. Die Währungsreform mit ihren einschneidenden finanziellen Maßnahmen dämpfte die Hoffnungen zusätzlich – woher sollte gutes Geld kommen? Selbst der Versuch, Baracken einzusetzen, scheiterte. Mit ernsten Sorgen blickte die Schulleitung auf die schon wieder wachsenden Schüler- und Klassenzahlen. Und dann die unerwartete Wende: „Glücklicherweise gelang trotz aller Schwierigkeiten in letzter Stunde eine wesentliche Besserung der Raumfrage. Obwohl der gesamte vom Landkreis für unseren Neubau bereitgestellte Fonds in Höhe von 200.000 RM mit dem 19.6.1948 verloren gegangen war, versagte der Kreistag sich der Not unserer Schule nicht. Mutig beschloss er im Juli noch den sofortigen Einbau von 4 geräumigen Schulsälen (je 60 qm), die Fertigstellung der einen großen Turnhalle (11m x 21m) und der nötigen Nebenräume... wofür rund 45.000 DM an Kosten vorgesehen waren... Zur Zeit sind die Bauarbeiten in regem Gange und es darf damit gerechnet werden, dass wenigstens die vier Lehrsäle Anfang Oktober bezogen werden können...“[14] Aus dem Kultusministerium kam großes Lob: „Zur Beseitigung der drückenden Raumnot, die das ganze Jahr hindurch ein gedeihliches Wirken erschwerte, konnte durch den persönlichen Einfluss des Anstaltsleiters in dankenswerter Weise Entscheidendes getan werden.“[15] Noch immer aber fehlten Lehr- und Lernmittel in allen Fachbereichen. Mit Ausnahme der Mathematik standen keinem Fach Bücher zur Verfügung. Die Lehrkräfte waren aufgebracht, die am 17. März 1948 erstmalig abgehaltene Elternversammlung protestierte lautstark gegen den Mangel an Lehrbüchern und Schreibheften. „Dass der Unterrichtserfolg trotz dieser erschwerenden Umstände recht befriedigend genannt werden kann, ist in erster Linie dem stillen Heldentum der Lehrkräfte zu verdanken, die trotz materieller Zurücksetzung in allen Dingen und geringschätziger Behandlung ihrer Belange in der Öffentlichkeit und seitens der Behörden ihren Aufgaben treu geblieben sind.“ [16]Auch an vielen anderen Stellen fehlten die notwendigen Mittel. So war es nicht möglich, Lichtbilder zu zeigen, da im Epidiaskop die Lampe und eine Linse fehlten und eine Instandsetzung bis jetzt noch nicht möglich war. Das schuleigene Filmvorführgerät, das noch im letzten Kriegsjahr zur Reparatur nach München gebracht worden war, war von der Landesbildstelle noch immer nicht zurückgegeben worden. Der Instrumentalunterricht litt darunter, dass manches Instrument den Kriegsfolgen zum Opfer gefallen war. Für den Turnunterricht – die beiden Sportlehrer Filchner und Hagl durften ihre Unterrichtstätigkeit wieder aufnehmen – hatte die Schule einige Bälle und Spielgeräte leihweise von den Amerikanern erhalten. Dazu kam das Problem der „mangelnden Widerstandsfähigkeit der Schüler, die des Sports und Turnens vollkommen entwöhnt waren.“[17] Zwei Disziplinarfälle zeigen, wie schwer es für manche Schüler war, in diesen Zeiten ihre Pflichten für die Familie und für die Schule miteinander zu vereinbaren: „Vorgeschichte: der Schüler ist 6 Tage dem Unterricht unentschuldigt ferngeblieben. In dieser Zeit hat er landwirtschaftliche Arbeiten auf dem Grundbesitz seiner Mutter durchgeführt. Der Junge entschuldigt sich damit, dass diese Arbeiten keinen Aufschub duldeten, da der fragliche Wiesengrund auf Befehl der Amerikaner bis 7. Juli geräumt sein musste.“ Von einem anderen Schüler wurde gesagt, er „ist sehr eingebildet, ist lässig im Grüßen, dünkt sich außerordentlich erwachsen. Er arbeitet bei den Amerikanern, um für sich und seine Mutter zu verdienen. Der Vater ist gefallen, vier Kinder sind schwierig durchzubringen, also müssen die Kinder selbst mit. So hat der Junge ein außergewöhnlich ausgeprägtes Selbstbewusstsein.“[18] Am 15. Oktober 1947 trauerte die Schule um Studienprofessor Georg Hagendorn. Er hatte seinem Leben selbst ein Ende gesetzt. Hagendorn, geb. 1892, Soldat im Ersten Weltkrieg von 1914 bis 1918, Rittmeister d.R., unterrichtete die neuen Sprachen. Er kam wie Höllerer im Jahre 1926 an die Schule und wurde ein enger Mitarbeiter des Schulleiters. Josef Höllerer charakterisierte ihn so: „Nicht Krankheit war es, die ihn in den Tod trieb. Aus einem Ritter ohne Furcht und Tadel hat die Korruption der Zeit, ihre weithin sichtbare Hoffnungslosigkeit und Rechtsunsicherheit einen innerlich gebeugten Mann gemacht, dessen feiner Lebensnerv so gemartert war, dass ihm dieses Leben zur unerträglichen Last wurde.“[19] Am 1. Juli 1948 wurde OStR Dr. Theodor Loskarn von der Oberrealschule Ingolstadt an die Oberrealschule Garmisch-Partenkirchen versetzt und zum neuen Stellvertreter des Direktors ernannt.
1948/49 Auch in diesem Schuljahr wurde das Geschehen in und um die Schule von der Raumnot und von der Finanznot beherrscht. Am 10. Oktober 1948 konnte man im Neubau immerhin die ersten vier Klassenzimmer und eine Turnhalle beziehen. „Die neuen Schulräume haben zwar zunächst eine fühlbare Erleichterung in der Unterbringung der erhöhten Schülerzahl gebracht. Aber es ist auch der schwerwiegende Nachteil damit verbunden, dass die Lehrer häufig vom einen zum anderen Schulgebäude wandern müssen; selbst Wanderungen ganzer Klassen (z.B. zum Physikunterricht) und damit in der Regel ein Verlust an Unterrichtszeit lassen sich nicht völlig vermeiden.“ [20] Bevor nicht der Haupttrakt des Neubaus mit den Klassenzimmern erstellt sei, so die Klage des Schulleiters, würden die Raumschwierigkeiten von Jahr zu Jahr wachsen. Er prophezeit, dass sich schon „in Bälde unmögliche Zustände einstellen“ und dringt auf finanzielle Hilfe des Staates.Nicht nur für den Neubau fehlten indes die Mittel, auch die Ausstattung der Schule mit Unterrichtsmaterialien, ja sogar mit Tischen und Stühlen für die Klassenräume war dürftig. Der Schulleiter klagte: „So kann kaum etwas geschehen, um für Erdkunde und Geschichte das unumgängliche Kartenmaterial zu beschaffen, für Physik und Chemie die sehr im Rückstand befindliche Gerätesammlung zu ergänzen, weil die hierfür zur Verfügung stehenden Mittel dazu verwendet werden müssen, dass die Schule - sozusagen - das tägliche Leben fristen kann... Bänke, die bereits vor mehr als 10 Jahren als unbrauchbar beiseitegestellt worden waren, werden wieder verwendet... Es fehlen vor allem solche für größere Schüler.“[21]
[14] Jahresbericht 1947/48 [15] Schreiben des KM vom 25.01.1949 [16] Jahresbericht 1947/48 [17] Jahresbericht 1947/48 [18] Lehrerratssitzung am 5.7.1948 [19] Jahresbericht 1947/48 [20] Jahresbericht 1948/49 [21] Jahresbericht 1948/49
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