Werdenfels-Gymnasium Garmisch-Partenkirchen - 1909-1918 - Gründungsgeschichte und erste Jahre

 

 


1914/15

Bahnhofsplatz mit Johannes-Kirche - 1892Der Erfolg brachte wichtige Neuerungen: Das Lehrpersonal wurde vermehrt. Mit dem Gymna­sialprofessor a.D. Georg Biedermann konnte man einen weiteren erfahrenen Pä­dagogen gewinnen. Der Schülerandrang wurde so groß, dass man zwei zusätzliche Lehrkräfte bestellen mus­ste. Schulleiter Hans Reitmaier wurde frei­lich schon bald in den Krieg eingezogen.

Außerdem erhielt die Schule einen neuen Sitz: „Schullokal“ wurde das Gemein­de­haus der jungen protestantischen Johannesgemeinde zu Partenkirchen.

Johannes-Kirche - 1893Der Krieg brachte es mit sich, dass die wachsende Zahl der Privatschüler, die ja ei­gent­lich volksschulpflichtig gewesen wären, die Erlaubnis erhielt, die Schule ganz­tags zu be­suchen, „wodurch ein geordneter Mittelschulunterricht er­möglicht wurde“, wie das „Jahr­buch der Anstalt“ bemerkt. Und weiter: „So wurde der Un­terricht wäh­rend des Krieges, wenn auch in zusammengelegten Klassen, den Vorschriften der staatlichen Schulord­nung an den höheren Lehranstalten ziem­lich entsprechend durchgeführt.“

 

1915/16

Stolz meldete das „Jahrbuch“, dass am 6. und 7. März 1916 - zum Schuljahres­ende – „mit Vorträgen und Aufführungen“ eine erste Schulfeier stattgefunden hatte und zwar im „Schullokal“.

 

1916/17 - 67 Schüler 

Jetzt waren es schon 50 Schüler, die im protestantischen Pfarrhaus unterMarktplatz Garmisch mit Pfarrkirche St. Martin und Alter Apotheke - 1910richtet wur­den. Am Ende des Schuljahres werden es 67 sein. Schule und Verein such­ten des­halb nach einem größeren Gebäude. Vier Lehrer betreuten inzwischen die Schüler: Neben Reit­maier und Biedermann gehörten Ludwig Wagner, Volks­schul­lehrer a.D., und der Kunst­maler Karl Ruf zum Kollegium der „Privaten Real­schule mit Latein Garmisch-Parten­kirchen“. So lautete der erste offizielle Name der Schule.


1917/18

Kurz vor dem Ende des Ersten Weltkrieges, am 11. September 1918, fand die Schule ein neues, aber immer nocHotel Bayerischer Hof am alten Bahnhof - 1908h vorläufi­ges Quartier: Im Hotel „Bayerischer Hof“, Hindenburgstraße 38, gelegen zwischen dem alten Bahnhof und der Johan­neskirche, wurden sechs Räume angemietet.

Hans Reitmaier, der „pädagogische Gründer“ der Schule und ihr enga­gierter langjähriger Leiter, wurde im Oktober des Jahres 1918 Opfer einer Grippewelle – im Alter von 34 Jahren.

Ihm folgte als neuer Schulleiter Clemens Schoener. Er stand bis 1921 an der Spitze der Anstalt.

Am 18. Oktober 1918 wurde endlich die schon mehrfach beantragte staatliche Ge­neh­mi­gung für vier Realschulklassen mit vier lateinischen Nebenkursen erteilt. Damit en­dete für die Schule eine Epoche der Unsicherheit und es begann ein neuer Abschnitt, in dem nun endgültig die staatliche Schulordnung die wei­tere Entwicklung bestimmen sollte.


1918/19 - 75 Schüler  

In diesem Jahr konnte auch die drängende Frage der Unterbringung einer stets wach­senden Zahl von Schülern gelöst werden: Der Realschulverein erwarb am 16. Februar 1919 von der Witwe Genoveva Neuner das Haus Nr. 286 (Haus Alpspitze) am Hell­wegerweg (heute Hauptstraße) in Partenkirchen. 84000.- Mark mussten dafür aufge­bracht werden. 10000.- Mark wurden von einer Stifte­rin zur Verfügung gestellt, je 20000.- Mark kamen von den Gemeinden Garmisch und Partenkirchen.[1] Das „Jahrbuch der Anstalt“ vermerkt dazu: „Das für Schulzwe­cke recht geeignete Gebäude, das von ei­nem ge­räumigen Garten um­geben ist, Luft und Licht in Fülle empfängt und durch eine ganz staub- und ge­räuschfreie Umgebung mit herrlichem Blick auf die Gebirgswelt, Wald und Wie­sen ausgezeichnet ist, wurde um den Preis von 84000 Mk. erwor­ben.“ Eine „menschenfreundliche Dame“ half mit einer Spende 10000.- Mk. und die Ge­mein­den Partenkirchen und Garmisch mit der Verzinsung von je 20000.- Mk.  Sechs „bedürf­tige und befähigte“ Schüler wurden dafür jährlich von der Schule ohne Schulgeldzahlung unterrichtet.

Die Turnhalle des Turnvereins Partenkirchen stand der Schule vorüberge­hend zur Verfügung. Ge­neral von Brug, Forstrat von Haller, Buchhändler Ver­mehren und Bau­meister Braun bereicherten mit Spenden und Stiftungen die Lehrmittelsammlung der Schule. Der Nachfolger von Bezirksamtmann Ebner-Eschenbach, von Stengel, war der Schule gleichfalls gewogen, wie er bei einer Besichtigung des neuen Gebäudes deutlich machte.

Am Ende des Schuljahres 1918/19 besuchten 75 „Zöglinge“ die Realschule mit La­tein, davon – erstmals erwähnt – zwölf Mädchen. Der Vorläufer des heutigen „Schulforums“ wurde ins Leben gerufen, ein „Schulrat“, bestehend aus je drei Mitgliedern des Vereins und des Lehrerkollegiums – noch ohne Schüler - „um alle Schulfragen wie Schulgeld gebührend behandeln zu können.“ Ein neues Thema stand bereits auf der Tagesord­nung: Der Ausbau der Schule von einer vierklassigen zu einer sechsklassigen „Anstalt“ wird beim Staatsministe­rium beantragt.

Auf die politischen Verhältnisse und ihre Auswirkungen auf die Schule ging das „Jahr­buch der Anstalt“ an keiner Stelle in besonderer Weise ein. Die demokrati­sche Revolu­tion 1918/19 wurde nur kurz gestreift – neben Krieg, Krankheit, Wohnungsnot und Koh­lenmangel als Teil „mancherlei Hemmungen und Wider­wärtigkeiten“.

Die junge bayerische Republik veranlasste mit dem Ministerialerlass vom 31.12.1919, dass erstmals ein Elternbeirat an der „Privaten Realschule mit La­tein“ gewählt wird. Dem von 22 EFritz Müller-Partenkirchen - 1922rziehungsberechtigten beauftragten Gremium gehörten die Frau des Amtsrichters Dr. Kienle, Baurat a.D. Wiedenmann und Post­verwalter Carius an. Eine erste ministerielle Visitation der Schule ergab ein „ver­hältnismäßig günstiges Bild“, verbunden mit der Aufforderung im Dachge­schoss des neuen Gebäudes einen Zeichen­saal sowie einen Physik- und Che­miesaal ein­zurichten. Der Realschulverein konnte da­für freilich angesichts der politisch und wirtschaftlich schwierigen Zeiten kein Geld zur Verfügung stellen; ja, es reichte nicht einmal für das nötige Brennholz in diesem Winter, um die Klassenzimmer ordentlich zu er­wärmen. Auch Kohle gab es nicht. „Das Schul­halten“ ist deshalb nicht selten „un­möglich.“ Die Schülerzahl wuchs dennoch kontinuier­lich. In diesem Schuljahr besuchten 72 Jungen und 23 Mädchen die „Anstalt“. Fritz Müller-Partenkirchen (1875–1942), Verfasser vieler Romane und Erzählungen aus dem Kaufmannsmilieu, unterrichtete in diesem Schuljahr an der Realschule. Seine humorvollen Ge­schichten machten ihn zu seiner Zeit zu einem viel gelesenen und beliebten Schriftsteller.


[1] Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 26.11.1941

 


 

© Alois Schwarzmüller 2006