„… Juden sind hier nicht mehr aufhältlich.“
Die Ausgrenzung jüdischer Kurgäste in Garmisch-Partenkirchen
1937/38

 

 

 

Quelle 1

Völkischer Kurier – München – 07.09.1924

„Männerstolz vor Judengeld“ Die Zeitung des jüdischen Zentralvereins hat eine eigene Boykottecke, in der vor deutschen Männern und Geschäften gewarnt wird. In der vorliegenden Nummer wird zum Beispiel zum Boykott des Verlages Hermann A. Wiechmann, München (wegen des Hitlerbuches) und des Frauenarztes Dr. Strempel in Bad Öhnhausen aufgefordert. Dagegen wird der Boykott über Bad Elster aufgehoben, sowie über das Palasthotel Sonnenbichl in Garmisch. Bad Elster hat nämlich … nicht drei Viertel völkische Stimmen gehabt, sondern nur ein Viertel aller Stimmen, wie die Badedirektion anscheinend nachgewiesen hat. Das „Palasthotel“ Judenbichl hat ebenfalls ein Gnadengesuch an den Zentralverein eingereicht. Das Judenblatt gibt seinen Lesern bekannt, dass sie ihre Gelder wieder in Garmisch anlegen dürfen, denn Judenbichl wedelte demütig: „Trotzdem wir uns nach allen Richtungen bemühten, die Gerüchte über Judenhetzen in Bayern zu zerstreuen, wurde anscheinend doch der Boykott über die bayerischen Fremdenplätze seitens der Israeliten verhängt… Wir wissen ganz genau, dass wir seit vielen Jahren größtenteils Juden als Gäste hatten, die es uns ermöglichten, durch ihren Besuch unsere Betriebe zu erhalten und moderner zu gestalten. Heute sind die Betriebe aber derartig gelagert, dass infolge der hohen Lasten nur dann an ein Weiterbestehen gedacht werden kann, wenn uns eben die in den langen Jahren sorgsam erworbene Stammkundschaft Treue leistet und neue Gäste wirbt.“ Hoffentlich kehrt die „sorgsam erworbene Stammkundschaft“ nun wieder zurück. Was schert die Geschäftemacher, dass kein Deutscher mit normalen Sinnen sich mehr nach Garmisch wagen kann? Es wäre an der zeit, dass, wie das Borkum-Lied, auch ein „Garmisch-Lied“ entstände, damit wir Deutschen wieder ohne „Gäste“ die reine Luft der Berge atmen könnten! Wenn auch das Palasthotel Judenbichl in Gefahr gerät, seinen Betrieb einschränken zu müssen. Das deutsche Volk wird auch das mit Würde tragen.“

 

Quelle 2

Plakat zur Kommunalwahl in Garmisch-Partenkirchen 1925:

National-Sozialismus und Fremdenverkehr

Man schrieb bei der letzten Wahl Hotelbesitzern von Garmisch viel Briefe aus jüdischen Kreisen, von welchen uns der nachstehende als Warnung vor unüberlegter Stimmzettel­abgabe wiederholt wird:

„Ich danke Ihnen für die Übersendung des Prospektes, kann aber Ihrer freundlichen Einladung nicht Folge leisten. Ich erkenne gern an, daß wir vor einigen Jahren in ihrem Hause vorzüglich aufgehoben waren, und daß von der Leitung alles geschieht, um die Gäste zufrieden zu stellen. Es ist mir auch bekannt, daß die Verwaltung von Garmisch-Partenkirchen alles zum Schutze der dort weilenden Gäste tut. Wenn ich trotzdem mit meiner Familie und meinen Freunden nicht nach dort kommen kann, so geschieht das, weil ich als jüdischer Deutscher, der sich in nationaler Gesinnung von keinem Men­schen übertreffen läßt, und der seinen Stammbaum im Rhein­land bis zum Jahre 1634 nachweisen kann, wenn ich zur Er­holung wegreise meine Ruhe haben und nicht, wie es in Bayern geschieht, durch eine Unmenge Plakate und Zeitungen mich beleidigen lassen will. Ich hoffe, daß in unserem schwer ge­prüften Vaterlande bald wieder ruhigere Zeiten eintreten werden und daß auch die Zeit kommen wird, in der man die schöne Natur in Garmisch-Partenkirchen wieder genießen kann."

 

"Ausgleich der Meinungen, Ueberwindung der Gegensätze, Zusammenfassung der Kräfte. Nicht Herrschaft der Partei ist der Sinn gerechter Gemeindeverwaltung!

Wählt keine Splitterparteien!"

 

Quelle 3

LRA 56/853 - Gendarmerieprotokoll

15.04.1928 - NSDAP-Versammlung in Garmisch mit Stadtrat Fiehler (München)

Fiehler erklärte, "daß die Juden die Schuld an dem verlorenen Krieg und an der ... Revolution tragen u. dass die Juden diejenigen sind, die heute die Geschäfte machen...

Hinsichtlich des Fremdenverkehrs erwähnt Fiehler, er sei der Mei­nung, daß nicht die Hitler schuld daran seien, daß der Fremdenver­kehr Schaden litt, sondern daß die jetzigen Verhältnisse Schuld seien, weil diejenigen Stände, die vor dem Krieg reisen konnten, heute nicht mehr in der Lage dazu sind...

Peschl und Schütte brachten vor, daß die Nationalsozialisten durch ihre judenfeindliche Haltung dem Fremdenverkehr Schaden zufüg­ten...

Die Sozialdemokraten waren in einer Stärke von etwa 50 Mann vertreten u. erwiderten dieselben dem Fiehler, sie lassen sich in einem Fremdenort wie Garmisch das aufreizende Verhalten der Hitler nicht gefallen..."

 

Quelle 4

Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 18.05.1928 - Reichstags- und Landtagswahlen 1928

"Die Völkischen als Störer des Fremdenverkehrs

... Für uns im Fremdenverkehrsgebiet ist die Frage erlaubt, was dient und nützt sie (die Hitler-Partei, d.V.) uns? Wer erinnert sich nicht an die Methoden des Bundes "Oberland"? Derselbe war groß, als er sich für die Verteidigung gegen die Spartakisten ein­setzte; als er mit dem Kehrstück, dem Antise­mitismus, auftrat, konnte man sehr bald böse Wirkungen beobachten. Man erlasse uns das üble Ge­zeter über die Juden. Das können wir in Garmisch-Par­tenkirchen nicht brauchen, da tun wir einfach nicht mit. Erstens ist es dumm und zweitens ist es zwecklos und schadet uns nur... Annahme, daß der politische Terror in Oberbayern doch noch sehr viel Bewegungsfreiheit hat... Eines dürfte aber doch wohl am Platze sein zu verlangen und könnte dies wahrscheinlich auch hier in Garmisch-Partenkir­chen erreicht werden: Daß bei den Wahlen am nächsten Sonntag möglichst keine einzige Stimme für die Hitlerpar­tei abgegeben wird."

 

Quelle 5

14.05.1929 - Verein für das Gastgewerbe an das Bezirksamt Garmisch

"Zur Zeit sind wieder Bestrebungen im Gange, die Ereignisse vom November 1923 zu wiederholen Hitler spricht  bereits wieder in München und in unserem schönen Werden­felser Land greift die Bewegung, ausgehend von Murnau und Oberau, immer stärker um sich... In Oberau sind es größtenteils Arbeiter der dortigen Fabrikbetriebe, ... aber die Bewegung zieht sich immer mehr nach Garmisch-Partenkirchen... Es dürfte dem Bezirksamt Garmisch nicht unbekannt sein, daß die antisemitische Hetze dieser Kreise es mit sich brachte, daß in al­len deutschen und außerdeutschen jüdischen Blättern vor einem Be­such in Bayern gewarnt wurde, es ist auch damit erreicht worden, daß das jüdische Publikum sich voll­kommen zurückgezogen hat... Wir sind ein ausgesprochen wirtschaftliches Gebiet und sollen kei­nerlei politische Auswüchse nach rechts oder links gedulden."

gez. G. Bader

 

23.04.1932 - BVP-Versammlung in Garmisch mit Staatsrat Dr. Schäffer

"Landesgewerberat Hotelbesitzer Bader, welcher die Versammlung eröffnete, wies auf den Scha­den hin, welcher durch den Hitler-Putsch 1923 den Fremdenverkehrsorten entstand ist..."

 

 

© Alois Schwarzmüller 2009