IV. Olympische Winterspiele 1936 in Garmisch-Partenkirchen

Die Kehrseite der Medaille

Eine Ausstellung im Olympia-Skistadion

Täglich 10 bis 14 Uhr (Montag geschlossen)

 

 

 

 

01 - Die Bewerbung - „Eine bayerische Sache“

02 - Olympischer Gedanke und nationalsozialistische Ideologie

03 - Internationale Anerkennung für den „Friedenskanzler“ Hitler

04 - „Ein Land der Ruhe und Ordnung“

05 - Die Präsenz der NS-Führung bei den Winterspielen:

06 - Generalprobe für die Sommerspiele - „Es muss alles klappen“

07 - Jüdische Bürger und Gäste in Garmisch-Partenkirchen bis 1936

08 - Antisemitismus führender Sportfunktionäre

09 - Ein Bericht aus dem Alltag

10 - Die Zwangsvereinigung von Garmisch und Partenkirchen 1935

11 - Kontrolle und Steuerung der Berichterstattung

12 - Auswahl der deutschen Athleten

13 - Die internationale Boykottbewegung

14 - Aus dem Polizeibericht: Lokale Aktionen gegen das NS-Regime

15 - Jüdische Bürger und Gäste in Garmisch-Partenkirchen nach 1936

16 - Olympismus und Faschismus in den dreißiger Jahren

17 - Die Vergabe der Winterspiele 1940 an Garmisch-Partenkirchen

18 - Olympische Elite?

19 - Schicksale

20 - „Nicht alle ließen sich täuschen“

 

 

01

Die Bewerbung - „Eine bayerische Sache“

 

19.05.1931 / Hansheinrich Kirchgeßner, Verkehrsdirektor der Bayerischen Zugspitzbahn, an  Ministerialrat Dr. Götz vom Landesfremdenverkehrsrat Bayern:

„In Kiel, wo ich mich verg. Woche zur Einrichtung unserer Ausstellungskoje befand, las ich in den M. N. Nachrichten, daß die Olympiade 1936 in Deutschland bezw. Berlin stattfinden soll. Dies veranlasste mich, meine Fahrt von Kiel in das Rheinland über Berlin zu nehmen, da ich der Auffassung bin, daß es den Berlinern - so gerne sie dies auch hätten - doch nicht mög­lich sein wird, auch den wintersportli­chen Teil der Olympiade in ihrer Gegend durchzuführen. Als einziger, für eine derartige Veranstaltung geeigneter Wintersportplatz kommt m.E. in Deutschland nur Garmisch-Partenkirchen und das Zugspitzplatt infrage. Nur hier sind die wesentlichsten Voraussetzungen gegeben. Um nun die Winter­olympiade für unser Gebiet zu erhalten, setzte ich mich zunächst mit der Bayer. Gesandtschaft in Berlin in Verbindung… Meine weiteren Rücksprachen mit den Herren Staatssekretär Dominicus und Dr. Diem vom Reichsausschuss für Leibesübungen ergaben, außer einem Lob, welches Staatssekretär Dominicus meiner Rührigkeit spendete, daß: 1.) Deutschland zunächst das Recht hat zu be­stimmen, ob im eigenen Lande auch der wintersportliche Teil der Olympiade stattfindet. 2.) Unter gewissen Voraussetzungen (Garantien) die Vergebung an ein Land bezw. einem be­stimmten Wintersportplatz erfolgt. 3.) Garmisch-Partenkirchen und das Zugspitzplatt eventu­ell in Frage kämen.“

Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen

 

Mai 1931 / Staatssekretär a.D. Dr. Theodor Lewald an den Bayerischen Gesandten in Berlin Dr. von Preger:

„Ich darf bitten, Ihrer hohen Regierung und dem Bezirksamt mitzuteilen, dass der Deutschen Olympi­sche Ausschuss in seiner Sitzung vom 30. Mai d. Js. beschlossen hat, von seinem Recht Gebrauch zu machen, die Winterspiele der XI. Olympiade für Deutschland zu bean­spruchen… Dabei will ich … nicht verschweigen, dass mir persönlich Garmisch-Partenkir­chen als der in 1. Linie in Betracht kom­mende Wintersportplatz für die Olympischen Spiele erscheint. Ich darf aber daran erinnern, dass in diesem Jahre die Europameisterschaften im Bob in ganz vorzüglicher Weise in Oberhof durchgeführt wurden, dass Internationale Skimeisterschaften auf dem Feldberg stattfanden und dass auch die schlesischen Gebirge sehr günstige Verhältnisse aufweisen.“

Staatsarchiv München - LRA 61935

 

30.05.1931 / Bezirksamtmann Carl von Merz an die Regierung von Oberbayern:

„Durch die Zeitungen ging die Nachricht, dass die Olympiade 1936 Berlin übertragen werde… Das gibt mir Anlass, auch von meiner Stelle aus an alle in Frage kommenden Lan­des- und Reichsstellen die dringende Bitte zu richten, auf den Ausschuss für die Olympiade dahin einzuwirken, dass für die Win­terveranstaltungen, sofern sie in Deutschland verbleiben können, die Orte Garmisch und Partenkir­chen in die engste Erwägung gezogen werden. … In den letzten 10 und 5 Jahren ist auch in immer weitere Kreise des Auslandes das Ver­ständnis für die Bedeutung unserer beiden Winterplätze ge­drungen. Die skisportlichen Ver­anstaltungen, die Bobrennen, die eistechnischen Wettkämpfe, die Pferderennen, die Automobilrennen am Eibsee sind längst Gegenstand von in der ganzen Welt lau­fenden Filmen geworden… Auch einzelne Persönlichkeiten aus hiesigen Sportkreisen haben bereits Welt­ruf; so wurde die Weltmeisterschaft im Zweierbob vor einem Jahre von Kilian und Huber – Gar­misch – erstritten, der deutsche Viererbob in St. Moritz war mit einem hiesigen Rittmeis­ter besetzt, die Eishockeymannschaft Riesserseeklub tritt jährlich fast in sämtlichen Ländern des Kontinents an, die Garmisch-Partenkirchner Skisprungschanzen gehören anerkannt zu den besten in Deutschland. Hin­ter dem Skisport steht der wichtige Skiklub Partenkirchen unter bewährter Führung. Bekanntlich ist die Grundlage für ein Gelingen von skisportlichen Veranstaltungen ein bewährter Skiklub. Für alles was mit Eishockey, Kunst- und Schnelllauf auf dem Eise, mit Bob zusammenhängt, tritt der Sportklub Riessersee unter tatkräftiger Lei­tung des Herrn v. Mallinkrodt besonders lebhaft und energisch ein.

Sind so die Grundlagen für eine gediegene und sachliche Durchführung von Olympiade-Kämpfen in Garmisch-Partenkirchen in hervorragender Weise gegeben, so verfügen die bei­den Kurorte auch über eine Fülle von erstklassigen Unterkunftsmöglichkeiten, die es mit den ersten Häusern an den besten Plätzen aller Wintersportgebiete getrost aufnehmen können.

Auch die Wetterlage hat, solange ich jetzt hier bin, für die Abhaltung von Wintersportveran­staltungen fast nie ernstliche Schwierigkeiten bereitet… Schlimmstenfalls aber, wenn alle Stricke im Tal reißen, steht für Garmisch-Partenkirchen im Gegensatz zu allen anderen deutschen Wintersportplätze durch die Erschließung der Höhenlagen durch die Bergbahnen immer noch ein ganz besonders wertvolles, dazu von der Natur in reichstem Maß land­schaftlich ausgestattetes Höhengelände zur Verfügung. In Betracht kommt für skisportliche Veranstaltungen besonders das Kreuzeck mit der Hochalm und na­mentlich das immer ver­wendungsbereite, in seinem sporttechnischen Ausbau noch immer weiterer Vervollkomm­nung entgegengehende ausgedehnte Sportgelände auf der Zugspitze (über 2600 m).

Ich darf versichern, dass die Orte Garmisch und Partenkirchen sich der hohen Aufgabe, die sie mit der örtlichen Durchführung der Winterolympiade auf sich zu nehmen hätten, bewusst sind und sich ihr gewachsen zeigen würden und dass sie auch nichts scheuen würden, um ihre Anlagen, aber auch die Unterkunftsmöglichkeiten für 1936 auf einen Stand zu bringen, der den Vergleich auch mit großen und größten anderen Wintersportzentren aushalten kann."

Staatsarchiv München - LRA  61935

 

01.06. 1931 / Friedrich Möslein, Direktor der Bayerischen Zugspitzbahn:

„Durch Entscheidung der internationalen Sportverbände ist die Sport-Olympiade 1936 für Deutschland gesichert. Die im Sommerstattfindenden Sportwettkämpfe finden in Berlin statt, während über die Ab­haltung der Winter-Olympiade, d.h. der sämtlichen von Schnee und Eis abhängigen Sportveranstal­tungen eine Entscheidung bis heute nicht getroffen ist…Für die Abhaltung der Winter-Olympiade kommt auf deutschem Gebiet überhaupt nur ein Winter­sportplatz in Frage, der die nötigen Vorausset­zungen bietet, das ist Garmisch-Partenkir­chen….

Für den Massenbesuch … bietet der Doppelort Garmisch-Partenkirchen mit seinen rund 25000 Betten allein Sicherheit. Nur hier ist die Möglichkeit gegeben, auch bei außergewöhn­lich abnormen Witte­rungsverhältnissen das Training sowie die Hauptveranstaltung durch die Bergbahnen in sportsicheren Höhenlagen unterzubringen und durchzuführen. Es soll vor allem das 6,5 qkm große Zugspitzplatt, das jeder skisportlichen Veranstaltung gerecht wer­den kann, als Verschiebungsplatz in den Vorder­grund gestellt werden.

Im einzelnen führen wir für die verschiedenen Veranstaltungen folgende Gesichtspunkte an:

·     Skisport: Die Kochelbergschanze Partenkirchen ist heute noch eine der ersten und größ­ten internationa­len Sprunganlagen. Das Geländer für Langlauf und Abfahrtslauf im Wer­denfelser Land kann sich mit dem besten Skigelände der Schweiz und Österreichs ver­gleichen. Die organisatorische Durchführung der skisportlichen Veranstaltungen wird von einem anderen Ort kaum erreicht werden.

·     Eislauf: Die Eissportmöglichkeiten auf dem Riessersee und vor allem auf dem 1000 m hoch gelege­nen Eibsee, die durch gute Verkehrswege, Bahn und Straßen in den Ortsbe­reich einbezogen sind, können von keinem anderen Ort geboten werden.

·     Bobbahn: Mit geringem Kostenaufwand wird die bereits vorhandene Bobbahn am Riesser­see und eine neu anzulegende Bobbahn Eibsee-Grainau für internationale An­sprüche hergerichtet werden können…

·     Nachdem die sportlichen Voraussetzungen für Zuteilung der Winter-Olympiade gegeben sind, dürfte es nicht verfehlt sein, auf die ungeheure Bedeutung der Winter-Olympiade für die Entwicklung der Orte Garmisch und Partenkirchen zu Wintersportplätzen von interna­tionalem Ruf hinzuweisen. Es dürfte sich nie wieder eine solche Gegebenheit für die wirt­schaftliche Stärkung der notleidenden Grenzgebiete geben wie in diesem Fall."

Staatsarchiv München - LRA 61935

 

10.06.1931 / Rechtsanwalt Karl Roesen aus Partenkirchen an Bezirksamtmann Carl von Merz:

„Kilian ist zweifellos für Zweier- und Viererbob der derzeit beste Deutsche… Für die Orte Garmisch-Partenkirchen besteht zweifellos ein ganz außerordentliches Interesse daran, dass ein Mann aus Garmisch-Partenkirchen möglichst herausgestellt wird. Dieser Moment kann auch wesentlich werden für die Olympischen Spiele 1936 in Deutschland, wenn diese nach Garmisch-Partenkirchen fallen. Man darf nicht übersehen, dass gerade durch sportliche Siege Ortsnamen gut eingeprägt werden.“

Staatsarchiv München - LRA 61935

 

1931 / Dr. Theodor Lewald, Vorsitzender des Deutschen Olympischen Ausschusses:

„Für die Olympischen Winterspiele ist Garmisch-Partenkirchen am besten geeignet. … mit den Hauptspielen sind seit den letzten drei Olympiaden Winterspiele verbunden, und Deutschland hat den An­spruch, auch diese Spiele in Deutschland abzuhalten, der ihm sat­zungsgemäß zusteht, angemeldet. Für sie kommt nach meiner Überzeugung nur Garmisch-Partenkirchen in Frage, weil dank der dorti­gen Bergbahnen selbst bei ungünstigster Witte­rungslage die Möglichkeit besteht, mit Sicherheit die Winterspiele durchführen zu können."

Bayerisches Hauptstaatsarchiv - MK 41598

 

17.10.193 / Bezirksamtmann von Merz an Direktor Doehlemann:

„In diesen Tagen hat sich die Frage der Olympiade 1936 so gut wie völlig dahin entschieden, dass als Ort für die Winterspiele einzig und allein Garmisch-Partenkirchen in Frage kommt. Der Vorsitzende des Olympischen Ausschusses, Exzellenz Lewald, sein Generalsekretär Dr. Diem und der Vorsit­zende des deutschen Sportausschusses Dr. v. Halt - München waren 2 Tage hier und haben mit uns von Früh bis Nacht beraten. Wenn auch noch einzelne Proteste gegen die am 11. November erfol­gende endgültige Bestimmung von Garmisch-Partenkir­chen erfolgen sollten (schon gestern Abend lief ein stürmischer „Protest“ von Schreiberhau und einem großen schlesischen Sportverband ein, obwohl ja die Wahl offiziell noch nicht getroffen ist), so wird das an der Sache nach Aussage von Exz. Lewald nichts mehr ändern; mit 99% wird am 11. November von der obersten Sportbehörde bzw. dem olym­pischen Aus­schuss die Wahl auf unsere Orte fallen.“

Staatsarchiv München - LRA 61935

 

15.10.1932 / Telegramm des Deutschen Bobverbandes – Gau Schlesien – an Staatssekretär Dr. Theodor  Lewald:

„Gelegentlich Tagung Deutscher Bobverband ist behauptet, Exzellenz Dr. Lewald, General­sekretär Dr. Diem und Dr. Halt wollen Olympiade 1936 bereits jetzt kurzer Hand ohne Befra­gung Sportverbände nach Garmisch-Partenkirchen vergeben. Erhebe dringen Vorstellung zuvor Verhandlungen mit Win­tersportplatz Schreiberhau aufzunehmen, da bisher vernach­lässigter deutscher Osten in erster Linie Anspruch auf Vergebung Olympiade erhebt und Schreiberhau größte Sicherheit in Bezug auf Klima und Einrichtungen bietet. Schreiberhau stellt hiermit Antrag auf Zuteilung."

Staatsarchiv München - LRA 61935

 

25.10.1932 / Gemeindevorsteher Grieger von Schreiberhau an den Deutschen Reichsaus­schuss für Lei-besübungen:

„Namens der Kurortgemeinde Schreiberhau stelle ich den Antrag, die Winterolympiade 1936 nach Schreiberhau zu vergeben…

Wird die Winterolympiade kurzerhand nach Garmisch-Partenkirchen vergeben, so muss diese Hand­lung nicht nur von der Gemeinde Schreiberhau, sondern vom ganzen deutschen Osten als schwerste Zurücksetzung und als Unrecht empfunden werden… Schreiberhau hat als Wintersportplatz unbe­strittenen internationalen Weltruf. Es kann … über 20000 Betten für Gäste bereitstellen. Den Verkehr am Ort vermitteln 6 Reichsbahnhöfe…

Unter Berücksichtigung der besonderen wirtschaftlichen Notlage des deutschen Ostens glauben wir und mit uns die Nachbarorte und Städte im Riesengebirge wie kein anderer Ort im Deutschen Reiche den Anspruch darauf erheben zu dürfen, bei der Vergebung der Win­terolympiade 1936 in erster Linie berücksichtigt zu werden.“

Staatsarchiv München - LRA 61935

 

02.11.1932 / Dr. Lewald, Vorsitzender des Deutschen Olympischen Ausschusses an Be­zirksamtmann von Merz:

„Bei den Besprechungen in Garmisch-Partenkirchen war mir entfallen, dass nach Ziffer 6 der Grund­regeln der Olympischen Spiele das Internationale Olympische Komitee den Ort der Winterspiele be­stimmt. Der Beschluss, den der Deutsche Olympische Ausschuss, wie ich sicher bin, am 11. Novem­ber fassen wird, die Winterspiele 1936 in Garmisch-Partenkirchen abzuhalten, ist daher nur ein ver­bindlicher Vorschlag an das Internationale Olympische Ko­mitee, das erst in seiner Anfang Juni 1933 in Wien stattfindenden Sitzung die endgültige Be­stimmung trifft. Hiernach wird es sich doch wohl emp­fehlen, mit der Begründung eines ein­getragenen Vereins zu warten, bis das IOK den Beschluss ge­fasst hat, wobei, wie ich be­merken möchte, keinerlei Zweifel darüber besteht, dass, wenn wir Gar­misch-Partenkirchen benennen, das IOK im Sinne unseres Vorschlages beschließt…

Ich beabsichtige,… das Organisationskomitee in Form einer GmbH zu bilden und es er­scheint mir zweckmäßig, dass dieses Organisationskomitee nicht nur für die Hauptspiele, sondern auch für die Olympischen Winterspiele die Verantwortung trägt, ohne dass hierbei die Initiative des örtlichen Ko­mitees eingeschränkt werden soll…"

Staatsarchiv München - LRA 61935

 

12.11.1932 / Ministerialdirektor Freiherr von Imhoff an Bezirksamtmann von Merz:

„… in einer vorangegangenen Besprechung mit Exzellenz Lewald hat mir dieser erklärt, dass die Wahl von Garmisch-Partenkirchen gesichert sei. In der Sitzung werde er jedoch zunächst beantragen, dass zunächst eine Kommission die Verhältnisse in Schreiberhau an Ort und Stelle besichtigen und besprechen solle. Dies nur aus dem Grunde, weil er jüngst mit dem Generalsekretär Dr. Diem und Dr. Ritter von Halt Garmisch-Partenkirchen besichtigt habe und eine Ablehnung von Schreiberhau, ohne dass man auch dort persönliche Ver­handlungen gepflogen habe, unliebsame Beschwerden hervorru­fen würde."

Staatsarchiv München - LRA 61935

 

12.11.1932 / Münchner Neueste Nachrichten: „Kampf um die Winter-Olympiade – Noch keine Entschei-dung – Der unschlüssige Olympia-Ausschuss":

„Die Verhandlungen zogen sich bis gegen Mitternacht hin und ergaben schließlich in der Frage des Winter-Olympias einen Beschluss, der kaum die Billigung weiter Kreise finden kann: Die Entschei­dung, ob Garmisch-Partenkirchen, Schreiberhau oder der Harz genom­men werden solle, müsse ver­tagt werden, bis eine Kommission im kommenden Winter erst einmal in den in Frage kommenden Orten die tatsächlichen Verhältnisse geprüft habe.

Der Antrag von Exz. Lewald, der sich klar und deutlich für Garmisch-Partenkirchen entschie­den hat, ist damit auf die lange Bank geschoben…!

Dieser Beschluss ist jedem, der die Verhältnisse kennt, unverständlich und durch Nebenein­flüsse veranlasst, die in den letzten Tagen versucht haben, die ganze Frage auf ein anderes Gleis zu schie­ben. Wir können uns im Augenblick des Eindrucks nicht verwehren, dass dem Olympischen Aus­schuss der Mut gefehlt hat, sich für Garmisch-Partenkirchen sofort zu ent­scheiden….

Garmisch-Partenkirchen ist den anderen Konkurrenten – neben Schreiberhau kommen nunmehr auch Braunlage und Schierke im Harz – soweit überlegen, dass es auch einer letzten Kommissionsüber­prüfung standhalten kann."

Staatsarchiv München - LRA 61935

 

15.11.1932 / Bezirksamtmann Carl von Merz an Staatsrat Fritz Schäffer, Leiter des Bayerischen Staats-ministeriums der Finanzen:

„Bitter war die Tatsache, dass in der Nacht vorher der deutsche Olympische Ausschuss den Beschluss gefasst hatte, von einer sofortigen Festlegung auf Garmisch-Partenkirchen abzu­sehen, die Dinge also vorerst auf die lange Bank zu schieben und dadurch allen möglichen besonderen Einflüssen ohne Rücksicht auf deren Sachlichkeit gegen Bayern und gegen Garmisch-Partenkirchen Zeit zur Auswir­kung zu geben… Bekannt ist hier nur, dass Exzel­lenz Lewald und die anderen maßgebenden Herren im olympischen Ausschuss große Freunde der bayerischen Alpen und besonders von Garmisch-Par­tenkirchen sind und dass Staatssekretär Dr. Lewald bei seinem fast eine Woche währenden Aufent­halt in Partenkir­chen vor 3 Wochen sich unbedingt für die Abhaltung der Winter-Olympiade in Bayern ausge­sprochen hat, weil es „einfach keinen anderen gleich geeigneten Platz gebe…

Für die Gemeinden Garmisch und Partenkirchen bedeutet die Übertragung der olympischen Winter­spiele natürlich etwas ganz besonderes… Deshalb wenden sich die beiden Gemein­den durch dieses Schreiben an Euer Hochwohlgeboren mit der Bitte, sobald als möglich Ih­ren Einfluss bei der Staatsre­gierung im Sinne der vorstehenden Ausführungen geltend zu machen. Es geht um eine bayerische Frage.“

Staatsarchiv München - LRA 61935

 

17.11.1932 / Staatsrat Fritz Schäffer an Bezirksamtmann Carl von Merz:

„… Bei meinem gestrigen Aufenthalt in Berlin habe ich neuerdings verschiedene Herren ge­beten, sich dafür einzusetzen, dass als Ort der olympischen Winterspiele 1936 Garmisch-Partenkirchen gewählt wird. Ich würde mich persönlich dafür einsetzen, dass der Bayerische Staat die Sache durch eine Ausfallgarantie oder auf ähnlichem Wege unterstützt."

Staatsarchiv München - LRA 61935

 

19.11.1932 / Aus der Zeitung „Der Jungdeutsche“ (Berlin):

„‘Kampf um die Winter-Olympiade – Vorbereitungen auf 1936‘ -Schärfste Kritik jedoch for­dern jene Pläne heraus, die als Austragungsort für die Winterolympiade Garmisch-Partenkir­chen vorsehen. Wir müssen in diesem Falle restlos hinter einen deutschnationalen Antrag im Preußischen Landtag stel­len, der die Verlegung der Winterolympiade nach Schreiberhau im Riesengebirge fordert… Was uns drängt, unsere Stimme für Schreiberhau zu erheben, ist die Lage Schreiberhaus im bedrängten Gebiet der Ostgrenze.“

Staatsarchiv München - LRA 61935

 

05.01.1933 / Der Oberbürgermeister der Stadt München:

„Gelegentlich meiner Anwesenheit in Berlin am 4. Januar 1933 habe ich Veranlassung ge­nommen, mit Exzellenz von Lewald wegen Abhaltung der Winter-Olympiade in Garmisch zu sprechen. Herr von Lewald hat mir wieder die bestimmte Zusicherung gegeben, dass die Olympiade unter allen Umstän­den in Garmisch durchgeführt werden wird… Herr von Lewald (sic) betonte wiederum, dass seiner Meinung nach für die Wahl von Garmisch von starker Bedeutung, wenn nicht ausschlaggebend wäre die Nähe Münchens. Viele Teilnehmer wer­den sich in München übernachten, morgens mit Wagen nach Garmisch fahren und am Abend hier Theater und dergleichen besuchen."

Bayerisches Hauptstaatsarchiv - MA 107385

 

18.01.1933 / Bezirksamtmann Carl von Merz an Staatsrat Fritz Schäffer:

„Als von den Herren Lewald, Diem und v. Halt in der ersten spontanen Begeisterung Gar­misch-Par­tenkirchen als Ort der olympischen Spiele 1936 erkürt worden war, wurde hier ein fürs erste vorberei­tender engerer Ausschuss gebildet, dem die 2 Bürgermeister von Gar­misch und Partenkirchen und ich angehören. Wir warteten das Ergebnis der Sitzung des deutschen olympischen Komitees am 11. No­vember ab, das nicht ganz im Sinne und nach den Hoffnungen der hiesigen Kreise ausfiel… Ein ge­wisser Schrecken über die in dieser Sitzung vom 11. November geforderte Besichtigung auch der hiesigen Sportanlagen durch ein aus aktiven Sportlern zusammengesetzte Kommission führte aber bei allen hiesigen Fachleuten und den 2 Gemeinden zu der Gewissheit, dass bis zum Kommen der Kommis­sion die Anlagen gut ausgebaut sein müssten, da die Kommission sonst einen sehr wert­vol­len Trumpf gegen Garmisch-Partenkirchen in die Hand bekäme. Der schwächste Punkt hier ist dabei die Bob-Anlage, deren Ausbau auch unmittelbar darauf vom einschlägigen Sport­klub beschlos­sen wurde, wobei es für die einheimischen Kreise selbstverständlich war, dass die Gemeinde die Kosten tragen müsse. Diese Kosten waren zunächst mit rund 20.000 RM veranschlagt, sie gehen aber nahe an das doppelte heran… In dieser Zeit begann die Geld­frage für die so unversehens her­eingebrochenen Arbeiten an den Sportanlagen für die Ge­meinde eine besondere Sorge zu werden…

Hinten herum habe ich aber erfahren, dass namentlich von Garmischer Seite her alle Hebel in Bewe­gung gesetzt werden, die Staatsregierung und das Parlament aktiver für das Inte­resse von Garmisch-Partenkirchen an den olympischen Winterspielen 1936 einzuspannen. Mir sind 3 oder 4 Abgeordnete genannt worden, mit denen man sich von hier aus unmittelbar in Verbindung gesetzt und die man wahrscheinlich auf Sie, sehr geehrter Herr Staatsrat, los­gelassen hat.“

Staatsarchiv München LRA 61936

 

16.02.1933 / Bezirksamtmann Carl von Merz:

„Exz. Dr. Lewald war vor zehn Tagen wieder hier zu einer mehrtätigen Aussprache. Die Aus­sichten von Garmisch-Partenkirchen sind gleichbleibend günstig, wozu namentlich auch das Versagen fast aller deutschen Wintersportplätze bei der Durchführung wintersportlicher Ver­anstaltungen beiträgt."

Staatsarchiv München - LRA 61936

 

Bei der Wiener Sitzung des IOC am 7. Juni 1933 fällt dann die letztgültige Entscheidung für Garmisch und Partenkirchen. Der Preußische Ministerpräsident Hermann Göring verlautbart zehn Tage später: „Nach eingehender Prüfung der mir zugegangenen Eingaben betr. Fest­setzung des Ortes für die Winterolympiade 1936 ist im Einverständnis mit dem Herrn Reichskanzler entschieden worden, dass die Winterolympiade in Garmisch-Partenkirchen stattfindet.“

Bundesarchiv

 

Garmisch, 1.2.33 / Dr. Richard Strauss an den Marktgemeinderat Garmisch:

"In der Annahme, dass die neue Bürgersteuer zur Deckung der Unkosten des Sportunfugs und der vollständig unnötigen Olympia-Propaganda dient, erhebe ich dagegen Einspruch, ersuche, da ich keinerlei Sportanlagen: Bobbahn, Skisprunghügel etc. benütze, auch auf die Triumphbögen am Bahn­hof gerne verzichte, mich von der Steuer zu befreien und diejenigen damit zu belasten, die ein Inte­resse an Olympiaden und derartigem Schwindel haben.

Mein Portemonnaie ist genügend belastet durch Staatssteuern für Faulenzerunterstützungen, soziale Fürsorge genannt und durch den in Garmisch besonders grassierenden Hausbettel.

Hochachtungsvoll ergebener

gez. Dr. Richard Strauss"

Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen

 

 

 

 

© Alois Schwarzmüller 2016