1936 - Anmerkungen zu den Olympischen Winterspielen in Garmisch-Partenkirchen

 

 

 

 

 

"Mit der 'Villa Erika' wurde eng zusammengearbeitet"

 

Aus dem Polizeibericht

Die Bayerische Politische Polizei - 1936 wurde sie wie alle politischen Polizeiapparate der Länder in Geheime Staatspolizei (Gestapo) umbenannt - errichtete im Oktober 1935 im alten Partenkirchner Rathaus, Ludwigstraße 39, eine Außenstelle zur Überwachung der Olympischen Winterspiele 1936 in Garmisch-Partenkirchen. Der leitende Beamte, Regierungsrat Brunner, und seine Beamten interessierten sich in erster Linie für die Wettkämpfer und für die Besucher der Spiele. Es sollte verhindert werden, dass die amerikanische Boykottbewegung "Committee on fair play in sports" in Garmisch-Partenkirchen irgendwelche Aktivitäten entfalten konnte. Quelle 1

Die lokalen Gendarmeriestationen wurden vom Leiter des Bezirksamtes Garmisch, Dr. Wiesend, angehalten, Zeitungsverkaufsstände und Gaststätten daraufhin zu überprüfen, ob dort die nationalsozialistischen Blätter, vor allem der "Völkische Beobachter", angeboten und ausgelegt wurden. Vor katholischen Schriften wie "Sankt Michael" wurde ausdrücklich gewarnt. Die vorübergehende Inhaftierung von Alois Adam, dem Herausgeber des "Garmisch-Partenkirchner Tagblatts", und Josef Bierprigl, dem Herausgeber des "Werdenfelser Anzeigers"  am 24. Januar 1936, also wenige Tage vor der Eröffnungsfeier der Winterspiele, zeigt die Nervosität des staatlichen Repressionsapparates. Sie wurden wegen "Pressevergehens" festgenommen und in das Amtsgerichtsgefängnis Garmisch-Partenkirchen eingeliefert. Die beiden Lokalzeitungen wurden bis zum Ende der Spiele auf Anweisung des Bayerischen Staatsministers des Innern Adolf Wagner der Zensur unterworfen. Quelle 2

Die Berichte der Garmisch-Partenkirchner Außenstelle der Geheimen Staatspolizei und des Bezirksamtes Garmisch nach Abschluss der Winterspiele listeten verschiedene Maßnahmen der staatlichen und der Ortspolizei auf. Das Einschreiten reichte von der "Wegweisung" einer harmlosen, aber aufdringlichen Hitler-Verehrerin über die Beschlagnahme von NS-feindlichen Flugblättern bis zur Verhaftung mehrerer politischer Gegner. Der Sicherheitsdienst (SD) des "Reichsführers SS" Heinrich Himmler hatte zusätzlich zur Gestapo ein mit zwei SS-Sturmführern besetztes eigenes Büro eingerichtet, die "Villa Erika". Gestapo und SD informierten sich wechselseitig über Vorgänge von polizeilicher Bedeutung. Quelle 3

 

 

© Alois Schwarzmüller 2006