1936 - Anmerkungen zu den Olympischen Winterspielen in Garmisch-Partenkirchen

 

 

 

 

 

Chronik der Bewerbung

 

Text 23

15.11.1932

Bezirksamtmann Carl von Merz an Staatsrat Fritz Schäffer, Leiter des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen

Am letzten Samstag, den 12. ds., bat ich telef. von hier aus die Bayer. Gesandtschaft in Berlin, es möchte den in Berlin versammelten Herren der Bayer. Staatsregierung der Wunsch der beiden Gemeinden Garmisch und Partenkirchen übermittelt werden, die hohe Staatsregierung wolle sich in irgendeiner Form rasch für die Abhaltung der Winterspiele in Bayern einsetzen. Grund zu dieser … Bitte war die Tatsache, dass in der Nacht vorher der deutsche Olympische Ausschuss den Beschluss gefasst hatte, von einer sofortigen Festlegung auf Garmisch-Partenkirchen abzusehen, die Dinge also vorerst auf die lange Bank zu schieben und dadurch allen möglichen besonderen Einflüssen ohne Rücksicht auf deren Sachlichkeit gegen Bayern und gegen Garmisch-Partenkirchen Zeit zur Auswirkung zu geben… Dies umso mehr, als man hier nicht weiß, ob bei der maßgebenden Beschlussfassung des olympischen Ausschusses ein bayerischer Vertreter zugegen war. Nach Zeitungsberichten wohnten der Beschlussfassung wichtige norddeutsch und preußisch orientierte Stellen und Persönlichkeiten an, so z.B. Dr. Mulert, der Oberbürgermeister von Berlin. Bekannt ist hier nur, dass Exzellenz Lewald und die anderen maßgebenden Herren im olympischen Ausschuss gro0e Freunde der bayerischen Alpen und besonders von Garmisch-Partenkirchen sind und dass Staatssekretär Dr. Lewald bei seinem fast eine Woche währenden Aufenthalt in Partenkirchen vor 3 Wochen sich unbedingt für die Abhaltung der Winter-Olympiade in Bayern ausgesprochen hat, weil es „einfach keinen anderen gleich geeigneten Platz gebe." Auf seine beim Abschied an mich gerichtete Frage, ob ich nicht, als Vertreter der beiden Gemeinden Garmisch und Partenkirchen zu der maßgebenden Sitzung vom 11.11. selbst nach Berlin kommen sollte, antwortete ich für meine Person ablehnend und empfahl eher die beiden Bürgermeister als Vertreter der 2 großen beteiligten Gemeinwesen kommen zu lassen. Außerdem schlug ich dem Herrn Staatssekretär vor, er möge sich doch besser an die bayerische Staatsregierung selbst wenden, die dann wohl sicher einen Vertreter benennen würde.

Ich dachte dabei an den Herrn bayerischen Gesandten oder etwa auch an den mir ebenfalls befreundeten Ministerialdirektor Frhr. V. Imhoff, der übrigens auch jeden Urlaub vor den Toren von Garmisch-Partenkirchen verbringt… Von mir war übrigens noch in letzter Stunde, als bereits durch die Presse Nachrichten über die Störungsversuche (Schreiberhau!) liefen, daran gedacht, doch noch wenigstens den Kurdirektor von Garmisch-Partenkirchen, Hauptmann Bletschacher, nach Berlin abzuordnen. Die Abordnung unterblieb aber dann doch, weil Exz. Lewald bei der für Garmisch-Partenkirchen an sich so günstigen Sachlage es auch als nicht unbedingt notwendig erklärt hatte.

Die Wahl der maßgebenden Vertreter im olympischen Ausschuss, Exz. Dr. Lewald, Generalsekretär Dr. Diem, Dr. v. Halt – München ist ohne jede Beeinflussung von hiesigen Kreisen auf Garmisch-Partenkirchen gefallen. Irgendwelche Bittgesuche der beiden Gemeinden waren vorher nicht gestellt worden – sie sind erst auf Ersuchen des olympischen Ausschusses kurz vor der Sitzung am 11.11. nach Berlin gegangen…

Für die Gemeinden Garmisch und Partenkirchen bedeutet die Übertragung der olympischen Winterspiele natürlich etwas ganz besonderes…Deshalb wenden sich die beiden Gemeinden durch dieses Schreiben an Euer Hochwohlgeboren mit der Bitte, sobald als möglich Ihren Einfluss bei der Staatsregierung im Sinne der vorstehenden Ausführungen geltend zu machen. Es geht um eine bayerische Frage. Wenn … die Sommerolympiade mit ihrem ganz gewaltigen Massenzustrom von Menschen als das viel bedeutendere, umfangreichere der beiden olympischen Ereignisse 1936 nach Berlin fällt, wogegen niemand etwas einzuwenden hat, so dürfte es doch billig sein, die kleinere Winter-Veranstaltung nach Bayern, nach dem deutschen Süden, zu verlegen, wenn dort die besseren Bedingungen dafür gegeben sind. Die Sommerspiele mögen sich zur Austragung auf märkischem Sand an sich besser eignen; sicher aber ist, dass die Durchführung von Winterspielen der alpinen, der hochalpinen Welt Deutschlands und insbesondere dem schönsten Fleck, den Deutschland zu bieten hat, vorbehalten bleiben müsste. Eine bessere Werbung für ganz Deutschland wäre nicht denkbar.

Staatsarchiv München - LRA Garmisch-Partenkirchen 61935

 

© Alois Schwarzmüller 2006