Alois Schwarzmüller

Beiträge zur Geschichte des Marktes Garmisch-Partenkirchen im 20. Jahrhundert

 

 

 

 

 

 

"Berge, Feuer, Fahnen" - HJ in Garmisch-Partenkirchen

 

Entstehung und Entwicklung der Hitler-Jugend in Garmisch-Partenkirchen

 Im September 1943 feierte die NSDAP-Ortsgruppe Garmisch-Parten­kirchen das 20. Gründungsjubi­läum. Folgt man der Darstellung des Garmisch-Partenkirchner Tagblatts aus dieser Zeit, dann entwi­ckelte sich die Partei in zwei Schüben:

1921 gab es in Garmisch und in Partenkirchen erste NSDAP-Mitglieder, 1922 folgte der Zu­sammen­schluss „einer Anzahl Männer am hiesigen Platze“ durch Studienassessor Burckhard, am 10. Sep­tember 1923 wurde die NSDAP-Ortsgruppe offizielle gegründet. Nach dem Scheitern von Hitlers Putschplänen am 9. November des gleichen Jahres vergingen fünf Jahre bis zur Neugrün­dung der Ortsgruppe in der zweiten Hälfte des Jahres 1928 durch. Joseph Goebbels gab in diesem Jahr ein Propaganda-Gastspiel in Garmisch-Partenkirchen. 1929 wurde im Gasthof „Zum Lamm“ ein lokaler SA-Sturm auf­gestellt. Es folgten die NS-Frauenschaft, eine Zelle der NSBO, die Organisation der Hit­ler-Jugend und des Bundes Deutscher Mädel. Die NSDAP-Ortsgruppe Garmisch-Partenkirchen war, als Reichspräsi­dent von Hindenburg am 30. Januar 1933 Adolf Hitler die Macht übergab, etwa 300 Mitglieder stark.[1]

Und es ging stürmisch vorwärts in der „Werdenfelser Hitler-Jugend“: Im Herbst 1933 wurde der Unter­bann Werdenfels zum Bann 326 erhoben. „Beim Gebietsaufmarsch vom 19. bis 21. August 1933 war die Jugend des Bannes Werdenfels mit 1500 Jungen vertreten… 100 Jungen nahmen am ersten La­ger des Bannes auf der Insel Buchau im Staffelsee teil und 300 entsandte der Bann zum ersten Hoch­landlager am Riegsee bei Murnau.“[2]

Für die NSDAP vor Ort wurde die HJ ein wichtiger Garant als Nachwuchslieferant und als Staffage für große Aufmärsche und Feiern, spielte aber auch als Gegengewicht zu den katholischen Jugend­ver­einen bis 1938 eine wichtige Rolle. Für die Mädchen jeden Alters gab es den Bund Deutscher Mädel (BdM) im Untergau B 26 Wer­denfels. Die Geschäftsstelle hatte ihren Sitz in Murnau, Hauptstraße 109/1.[3]

 

 

 

Einladung zur Sonnwendfeier im Juni 1933 (Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 12.06.1933) - Militarisierung der Sprache: Marschleitung, Abmarsch, Aufstellung, Absingen Nationalhymne und Horst-Wessel-Lied

Oben: Anzeige der HJ Garmisch-Partenkirchen zum Werbeabend (Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 11.10.1933)

Unten: Werbung für "Fahrtenmesser Blut und Ehre" (Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 12.08.1933)

 

Die HJ im Werdenfelser Land gehörte zum NS-Gebiet Hochland / Bezirk 19 (mit Sitz in München, Dachauer Straße 9).[4] Führer des Gebietes Hochland war Emil Klein, der Führer des Bannes 26 Werden­fels hieß Lorenz Sonderer (Murnau, Geschäftsstelle im Hotel Post). Führer des Unterbannes II/26 waren Bernhard Roth und Anton Polz vom Bezirk Garmisch.

Das Deutsche Jungvolk in der Hitlerjugend wurde geführt von  Georg Gutbrod (Garmisch, Kohlenhof­straße 5) und von Zahnarzt Dr. Frank Heinz, zugleich Leiter der Ortsgruppe des „Kampfbundes für Deutsche Kultur“ und HJ-Jungvolkführer II/B 26. Kassenwart war A. Fronwieser. Der Stamm II/B 26 Bezirk Garmisch hatte seinen Sitz in Partenkirchen, Ludwigstraße 59.[5] Weitere Führer der HJ-Garmisch-Partenkirchen waren Edwin Friedrich, Kurt Kraft (Scharführer der Schar II/18/326), Adolf Heermann, Johann Gerheiser und Karl Schmiedgen. Er stand an der Spitze sowohl der HJ-Motorschar wie auch der HJ-Fliegerschar der Gefolgschaft 2/326, die im Skistadion über ein eigenes Heim verfügte.[6]  Die Gefolgschaft 1/II/B 26 Werdenfels war aufgeteilt in Schar 1 = 1/1/II mit Scharführer, Schar 2 = 2/1/II mit Scharführer und Schar 3 = 3/1/II mit Scharführer. 

 Im Jahr 1943 blickte das Garmisch-Partenkirchner Tagblatt anlässlich des zehnjährigen Bestehens der NSDAP-Herrschaft auch auf die Entstehung der HJ in Werdenfels zurück: „Kampf und Aufbau - die Hitler-Jugend des Gebietes Hochland feiert ihr 15-jähriges Bestehen. Inmitten einer harten und schwe­ren Kampfzeit wurde im Jahre 1928 das Gebiet Hochland der Hitler-Jugend gegründet.“ Der neue Gebietsführer hieß Thom Stöckl. 1931 gab es eine Versammlungswelle mit 40 Kundgebungen. 1932 zählte man schon 1000 Mitglieder.“[7] HJ-Mitglieder, die in den ersten Kriegsjahren gefallen sind, waren Sepp Neumeier, Konrad Gerbert, Hans Pfister, Paul Ditsch, Sepp Angerer, Heinz Schädler, Willy Schneider und Willy Hartmann.[8]

Der letzte Propagandaeinsatz der Werdenfelser HJ erfolgte im Mai 1944 zu Ehren eines Stoßtrupps von 65 Mann der Panzer-Grenadier-Division Feldherrnhalle in Garmisch-Partenkirchen. Er wurde auf dem Adolf-Wagner-Platz (Marienplatz in Garmisch-Partenkirchen) von NS-Kreisleiter Schiede empfangen. Die Hitlerjugend marschierte mit 600 Jungen auf. Es wurde erwartet, „dass die Einwohnerschaft Garmisch-Partenkirchens sich in gro­ßer Zahl einfindet. Eintritt wird nicht erhoben. Trachtengrup­pen aus Garmisch, Partenkirchen, Mitten­wald und Grainau sollen den Gästen frohe Schuhplattler vorführten und Lieder aus unseren Bergen singen. [9]

 

Vorwärts, vorwärts

Das Lied Vorwärts, vorwärts mit seinem Refrain „Unsre Fahne flattert uns voran" war das Standardlied der HJ und erklang auf nahezu allen Feiern, größeren Versammlungen und Aufmärschen der NS-Jugendorganisation. Es war auch bekannt unter der Bezeichnung „HJ-Fahnenlied" und musste während des Refrains wie das Deutschlandlied und das Horst-Wessel-Lied mit erhobenem Arm ge­sungen werden:

"Vorwärts! vorwärts! schmettern die hellen Fanfaren,
Vorwärts! Vorwärts! Jugend kennt keine Gefahren.
Deutschland, du wirst leuchtend stehn,
mögen wir auch untergehn.


Vorwärts! vorwärts! schmettern die hellen Fanfaren,
Vorwärts! Vorwärts! Jugend kennt keine Gefahren.
Ist das Ziel auch noch so hoch,
Jugend zwingt es doch!


Unsre Fahne flattert uns voran.
In die Zukunft ziehn wir Mann für Mann.
Wir marschieren für Hitler durch Nacht und durch Not
mit der Fahne der Jugend für Freiheit und Brot.


Unsre Fahne flattert uns voran.
Unsre Fahne ist die neue Zeit.
Und die Fahne führt uns in die Ewigkeit!
Ja! Die Fahne ist mehr als der Tod!"
10

Dieser Text passte ganz zum bedrückenden Todesmotto des Hochlandlagers 1934 bei Aidling nahe Murnau: „Wir sind zum Sterben für Deutschland geboren“.

 

        "Lageraltar" des HJ-Hochlandlagers 1936 in Aidling (Foto: HJ-Zeitschrift 1936)

 


[1] Garmisch-Partenkirchner Tagblatt, 11.09.1943 - „20 Jahre Ortsgruppe Garmisch-Partenkirchen der NSDAP“

[2] Garmisch-Partenkirchner Tagblatt, 13.09.1943

[3] Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen - Schachtel 33 – 04.040.1725 – Schreiben über verschiedene Personen

[4] LRA 199065 Garmisch-Partenkirchen - Hitler-Jugendheim 1938/40

[5] Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen – I/3/22 - Hitlerjugend

[6] LRA 200049 Garmisch-Partenkirchen – Reichstagswahl 1936

[7] Garmisch-Partenkirchner Tagblatt, 09.07.1943

[8] Garmisch-Partenkirchner Tagblatt, 07.07.1943

[9] Garmisch-Partenkirchner Tagblatt, 06.05.1944 / 08.05.1944

[10] Uns geht die Sonne nicht unter. Lieder der Hitler-Jugend, Duisburg 1935, S. 40

 

 

© Alois Schwarzmüller 2017