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Alois Schwarzmüller |
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"Berge, Feuer, Fahnen" - HJ in Garmisch-Partenkirchen
HJ-Heime im Werdenfelser Land
Im März 1939, ein halbes Jahr vor Kriegsbeginn, konnte die NS-Kreisleitung Garmisch-Partenkirchen in einem Rundschreiben an die Mitglieder des NS-Kreispropagandaringes stolz darauf hinweisen, dass jetzt immerhin drei HJ-Heime zur Verfügung standen - eines in Garmisch-Partenkirchen, eines in Oberau und ein drittes in Eschenlohe. Im März 1939, ein halbes Jahr vor Kriegsbeginn,
konnte die NS-Kreisleitung Garmisch-Partenkirchen in einem Rundschreiben
an die Mitglieder des NS-Kreispropagandaringes stolz darauf hinweisen,
dass jetzt immerhin drei HJ-Heime zur Verfügung standen - eines in
Garmisch-Partenkirchen, eines in Oberau und ein drittes in Eschenlohe. Am Ende der Weimarer Republik hatte die Situation
noch ganz anders ausgesehen. Ein erstes vergleichbares Heim für
Jugendliche, getarnt als "Landheim-Kegelklub", gab es nur im
Partenkirchner Internat "Tatkraft", als Vorläufer einer politischen
Einrichtung für Schüler mit parteipolitischer Bindung an die "Marinejugend
Vaterland". Sein Leiter schrieb 1931, "das Heim erachtet es als seine
vaterländische Pflicht, vor allem den älteren Jungen Gelegenheit zu
körperlicher Ertüchtigung und zur Pflege gesunder vaterländischer
Gesinnung zu geben."[1]
Diesen ersten „offiziellen“
HJ-Mitgliedern in Garmisch-Partenkirchen begegneten das Bezirksamt und die
Leitung der Realschule stark ablehnend. Noch im Juli 1934, immerhin über ein Jahr nach der „Machtergreifung“, musste die HJ mit ihrem "Werdenfelser Heimatabend" in den Partenkirchner Gasthof "Rassen" ausweichen – aus Mangel an einem eigenen Saal oder Heim.[2]
Dann aber ging es
schnell: Die erste eigene Heimstätte für die örtliche Hitlerjugend wurde
im Oktober 1934 in der Partenkirchner Martinswinkelstraße 11a eröffnet.[3]
Mit allem Pomp, dessen die Nationalsozialisten auch in der Provinz fähig
waren, wurde gefeiert - mit Sportveranstaltungen und einem Bunten Abend,
mit Fackelzug zum Kriegerdenkmal Partenkirchen und mit Totengedenken.
Redner war Gebietsführer Emil Klein, der höchste oberbayerische
HJ-Funktionär. Auch NS-Bürgermeister Jakob Scheck richtete "kampffrohe
Worte an seine Jugend." Scheck erinnerte
zunächst daran, „was wir erleben mussten in den Jahren, ehe der Führer das
Steuer des neuen Staates lenkte, Zusammenkünfte in Kellerlöchern und
Nächtigen in zerfallenen Scheunen“, dann sprach „der alte Kämpfer“: „Es
soll bewiesen werden, dass wir alles getan haben und tun wollen, denn an
Euch ergeht das Erbe!“. Und er endet mit einem Rückblick auf den
wichtigsten HJ-Helden: „Denken wir an dieser Stätte und in dieser Stunde
auch an die, welche in Kampf und Not marschiert sind zum ewigen Quartier
des Kameraden Horst-Wessel!“[4]
Horst Wessel war ein Berliner SA-Sturmführer,
der paramilitärischen Kampforganisation der NSDAP. Nachdem Wessel von
KPD-Mitgliedern getötet worden war, stilisierte ihn die NS-Propaganda zu
einem „Märtyrer der Bewegung“. Vor Scheck hatte bereits Emil Klein, HJ-Gebietsführer Hochland, das Wort ergriffen und an die Jugend appelliert, „Hitlergeist herrsche in diesen Bergen, er soll bleiben und bestehen wie die gewaltige Natur um uns zu Deutschlands Heil!“[5]
Weitere führende Mitglieder und Funktionäre der SA, der Arbeitsfront, der NSDAP und der Behörden waren erschienen, unter ihnen Oberregierungsrat Roidl vom Bezirksamt, NS-Kreisleiter Röhrl, ein Vertreter des NSKK, Olympiaführer Hanns Kilian, ein Vertreter der Realschule. Mit Lorenz Sonderer war auch der Führer des HJ-Bannes 26 dabei.
Im April 1936 wandte sich das Bezirksamt Garmisch an die Reichsleitung der NSDAP. Es ging jetzt um die dauerhafte Finanzierung des Partenkirchner HJ-Heimes. Bezirksamtmann Wiesend teilte mit, dass die Gemeinde Garmisch-Partenkirchen das Heim mit einem Kostenaufwand in Höhe von 7000.- RM errichtet und es seither der HJ zur unbeschränkten Nutzung überlassen habe. Da aber die Marktgemeinde derzeit die gesamten Olympischen Sportanlagen finanzieren müsse, sei sie nicht mehr in der Lage, die Verpflichtungen für das HJ-Heim weiter zu übernehmen.[6] Eine Antwort, wie es mit dem Heim weitergehen sollte, ist nicht überliefert.
Eine vollkommen neue Situation trat im April 1938 ein: Mit dem Hitler-Jugend-Gesetz vom 1. Dezember 1936 war bestimmt worden, dass die "gesamte deutsche Jugend in der Hitler-Jugend körperlich, geistig und sittlich im Geiste des Nationalsozialismus zum Dienst am Volke und zur Volksgemeinschaft zu erziehen ist." Ab sofort sollten in jeder Gemeinde HJ-Heime und die entsprechenden Freiflächen für Sport und Spiel zur Verfügung stehen. [7]
Im Juli 1938 erinnerten die Nationalsozialisten mit einer Ausstellung an die Gründung der HJ im Gebiet Hochland. Mit der Feier „10 Jahre Gebiet Hochland“ war auch eine HJ-Heimausstellung verbunden, der Einladungsflyer zeigte Hitler mit Baldur von Schirach. [8]Schon zwei Jahre vor Beginn des Zweiten Weltkrieges bekamen die örtlichen HJ-Heime ganz schnell und leise eine zusätzliche Aufgabe: Die Regierung von Oberbayern teilte mit, dass die Schutzraumgrößen für den Fall der Luftgefährdung so gestaltet werden müssten, wie es im Ernstfall zu bemessen sei, z.B. als Lazarett.[9] Unvermutet wurden aus HJ-Heimen Räume zum Schutz vor feindlichen Luftangriffen – der Krieg wurde sichtbar vorbereitet! Im Juni 1939, wenige Wochen vor Kriegsbeginn, stellte HJ-Oberbannführer Thom Stöckl teure Forderungen an den Landrat des Landkreises Garmisch-Partenkirchen. Er begründete sie mit dem Hitler-Jugend Gesetz von 1936 und den aktuellen Durchführungsbestimmungen vom April 1939. Stöckl verlangte eine rasche Initiative zur Errichtung weiterer HJ-Heime und sah in den Finanzmitteln des Landkreise reale Möglichkeiten für schnelle Baumaßnahmen. Für den Haushalt 1939/40 forderte er die Bildung von Rücklagen in Höhe von 25.000 RM, zweckgebunden für Neubau und Förderung von HJ-Heimen. Das war ein stolzer Betrag, bei dem sich der Antragsteller auf die "Totalität des Erziehungsauftrages" für die Jugend im Alter zwischen 10 und 18 Jahren berief. Diese Mittel für die Jugendertüchtigung sollten ausschließlich für "körperliche und sittliche Ertüchtigung, vormilitärische Ausbildung und weltanschauliche Schulung der Jugend Ihres Landkreises bestimmt." sein.[10]
NS-Kreisleiter Johann Hausböck erwartete im August 1939 für das neue HJ-Heim der Gemeinde Eschenlohe, das sich in finanziellen Schwierigkeiten befand, einen Zuschuss in Höhe von 1000.- RM aus dem Heimfonds des Bezirkstages.[11]
Im Juni 1940 informierte Landrat Wiesend den Beauftragten für die
HJ-Heimbeschaffung in München von seiner eigenen Entscheidung:
„Zuführungen für Sonderrücklagen, z. B. für HJ-Heimbauten, haben während
der Dauer des Krieges zu unterbleiben“.[12] Im Oktober 1940 wurde der Jahrgang 1923 zur HJ „einberufen“, entsprechend dem Gesetz über die Hitlerjugend. Demnach mussten alle Jugendlichen dieses Jahrgangs, sofern sie „den blutsmäßigen Anforderungen des Reichsbürgergesetzes entsprachen und nicht als Juden (jüdische Mischlinge) anzusehen“ waren, der „Gestellungspflicht“ folgen. Die Erfassungsappelle fanden für alle Gemeinden des Kreises statt, „für Garmisch-Partenkirchen u. Grainau am 4.10.1940 um 14 Uhr in Garmisch-Partenkirchen, SA-Heim“. Die Erfassungsappelle wurden „von dem zuständigen HJ-Führer geleitet und fanden im Beisein des Bannführers, des Bürgermeisters und des zuständigen Gendarmeriepostens“ statt. Am Erfassungsappell in Garmisch-Partenkirchen nahm der HJ-Sachbearbeiter des Landrats teil.“[13]
Ein Konflikt im Krieg:
Die Partenkirchner Pension Kustermann wurde im September 1942 beschlagnahmt
– zur Unterbringung von HJ-Mitgliedern, vermutlich für Zwecke der
Kinderlandverschickung. Das Hotel war jedoch bereits gebucht für Gäste aus
den „luftgefährdeten Gebieten des Reiches“, die gut bezahlten – jedenfalls
besser als die HJ. Der Landrat hatte einen „Bettpreis von M. 2.50 bis M.
4.- und einen Verpflegungssatz von M. 5.50 pro Person und Tag zuerkannt“,
außerdem konnten diese Gäste eine „Berechtigung für den hiesigen
Aufenthalt nachweisen“. Ein verständlicher Wunsch - Hellwig hatte „das
Haus in diesem Jahre mit großem Kostenaufwand in Stand setzen lassen und
zum Teil neu möbliert.“ Sein Vorschlag: Für die Unterbringung der HJ könne im Ort Ersatz gefunden werden. Und fügte hinzu: Er habe nichts einzuwenden „gegen die Beschlagnahme meines Hauses für Militärerholungsheim. Heil Hitler E. Hellwig“. Wie der Konflikt zwischen HJ und Kinderlandverschickung auf der einen Seite und Besuchern aus „luftgefährdeten Gebiet“ auf der anderen Seite endete, war nicht mehr zu klären.[14] Während des Zweiten Weltkrieges diente die Pension tatsächlich als Heim zur Kinderlandverschickung (KLV). Die Pension Kustermann wurde in den 1960er Jahren durch Neubauten ersetzt.
http://museenkoeln.de/ausstellungen/nsd_1609_hitlerjugend/02_02_Organisation.html#pretty
[1] LRA Garmisch-Partenkirchen
61771 – Schülerheim Tatkraft
[2] Marktarchiv
Garmisch-Partenkirchen – I/3/22 – Hitlerjugend
[3] Marktarchiv
Garmisch-Partenkirchen – I/3/22 – Hitlerjugend
[4] Garmisch-Partenkirchner
Tagblatt, 01.10.1934 („Das neue Heim der Hitlerjugend in
Partenkirchen, Bericht H. Kuhn-Engleder)
[5] Ebd.
[6] LRA 199063
Garmisch-Partenkirchen – HJ-Heim Garmisch-Partenkirchen 1936-1937
[7] LRA 199063
Garmisch-Partenkirchen – HJ 1934-1945 - 06.04.1938
[8] LRA 199063
Garmisch-Partenkirchen – HJ 1934-1945
[9]
LRA 199063
Garmisch-Partenkirchen – HJ 1934-1945
[10]
LRA 199065
Garmisch-Partenkirchen - Hitler-Jugendheim 1938/40
[11]
LRA 199065
Garmisch-Partenkirchen - Hitler-Jugendheim 1938/40
[12]
LRA 199065
Garmisch-Partenkirchen - Hitler-Jugendheim 1938/40
[13]
LRA 199063
Garmisch-Partenkirchen – HJ 1934-1945 - 09.10.1940
[14]
LRA 199065
Garmisch-Partenkirchen - Hitler-Jugendheim 1938/40
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