Garmisch-Partenkirchen und seine jüdischen Bürger - 1934-1945 |
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25.03.1943 / Gendarmerie-Station Mittenwald an Landrat "Die Halbjüdin Bergmann aus Berlin, welche sich hier des öfteren aufhielt und mit Offizieren der hiesigen Wehrmacht verkehrte, wurde wegen Spionageverdachts der Geheimen Staatspolizei München überstellt."
29.04.1945 / Heimatkundliche Sammlung der Grund- und Hauptschulen
"Die letzten Kriegstage 1945
in Mittenwald
01.05.1945 / Hochland-Bote - Befreiung der Juden in Mittenwald "Am 1. Mai wurden ca. 2000 KZ-Häftlinge, vor allem Juden, aus dem Lager Dachau durch die SS an einem Teich bei Krün zusammengetrieben. Die SS hatte diesen Zug menschlichen Elends noch nach Österreich schleppen wollen, wurde aber durch die vorrückenden amerikanischen Truppen an diesem Vorhaben gehindert und beschloß dann eine vorzeitige "Liquidierung". Man hatte den Haufen verhungerter, zu Tode erschöpfter Menschen mit einem Kordon umgeben und ein Maschinengewehr in Anschlag gebracht, der Befehl zum Erschießen war bereits gegeben worden. Wie durch ein Wunder entgingen diese Menschen der Vernichtung. Eine unbekannte Frau flehte den befehlführenden SS-Mann um Erbarmen, diese Unglücklichen am Leben zu lassen. Der SS-Mann ließ sich auch erweichen und fuhr mit der Frau davon. Die KZler blieben am Leben..."
01.05.1945 / Garmisch-Partenkirchner Tagblatt (28.04.1975) "So starben sie an der Straße... Das ist einer jener KZ-Insassen, die zu Kriegsende noch von der SS, vor den Amerikanern her, durch Werdenfels bis Scharnitz getrieben wurden. Viele von ihnen starben am Wegesrand... Peter Zannantonio, der dieses Bild aufnahm, berichtet dazu: "Wir überholten den KZ-Zug, mußten aber später bei Scharnitz umkehren und auf dem Rückweg sahen wir bei Klais diesen Mann am Straßenrand liegen. Ein SS-Mann stieß ihn mit dem Fuß "Russki aufstehn", aber er rührte sich nicht mehr. Wir baten den Bewacher, doch von dem Mann abzulassen und legten einen Wecken Brot neben ihn. Bei Krün hatte der KZ-Zug Rast gemacht, man hörte weithin, wie die Bewacher mit Prügeln auf die elenden Männer in ihren Sträflings-Anzügen und Holzpantoffeln einschlugen..." - Ein gutes Dutzend der erschöpften Männer wurde dann noch auf Wagen und Karren zurückgebracht ins Standort-Lazarett nach Garmisch-Partenkirchen. "Sie sind dort alle noch intensiv behandelt worden, manche sogar unter Sauerstoffmaske, aber keiner hat überlebt. Sie waren schon viel zu schwach. Die Toten kamen in die Leichenkammer zu den verstorbenen Verwundeten, die Leichen häuften sich, wir hatten keine Särge mehr", berichtet ein Mitarbeiter aus dem Lazarett."
01.05.1945 / Garmisch-Partenkirchner Tagblatt (28.04.1975)
"KZler-Tragödie - In Mittenwald hatte sich
inzwischen das Drama mit dem Zug der KZ-Häftlinge aus Dachau vollendet,
die in langen Reihen von der SS bis hierher durch Werdenfels getrieben
worden waren. Der Gauleiter von Tirol, Hofer, verweigerte bei Scharnitz
den Weitermarsch.
01.05.1945 / Garmisch-Partenkirchner Tagblatt (20.05.1975)
"Hermann Fink: ... Bis an
mein Lebensende werde ich den Leidenszug von KZ-Insassen nicht
vergessen können, die aus Richtung Grainau kommend an der
Zugspitzgarage vorbeizogen oder besser gesagt, sich vorbeischleppten;
verlumpt, ausgemergelt, kaum sich auf den Beinen halten könnend, bewacht
von SS-Schergen und einer Meute von Wolfshunden. So weit hatte es
dieses Barbarentum gebracht, nur der Abschaum der Menschheit konnte das
ersinnen und sich zu seinem Vollzug bereit finden.
01.05.1945 / Garmisch-Partenkirchner Tagblatt (18.04.1991 - Markus Gschwendtner) "Als die Amerikaner immer näher ans Werdenfelser Land kamen, hatte man mit der Eisenbahn "KZ-Häftlinge" aus Dachau in Richtung Österreich verbringen wollen, doch dieser "Elendszug" kam nur bis Mittenwald. In Scharnitz ließ man keinen Zug, vor allem keine Deutschen, mehr passieren. So ergoß sich dieses Elend mit diesen armen Menschen über Mittenwald. Soweit es möglich war, wurden diese halbverhungerten Menschen von der Bevölkerung versorgt in der Turnhalle, im Krankenhaus und vielen Privathäusern."
01.05.1945 / Christian Hallig, Festung Alpen - Hitlers letzter Wahn. Wie es wirklich war - ein Erlebnisbericht (Freiburg 1989 S. 22 ff)
"Sie treiben KZler durch den
Ort - in einem furchtbaren Zustand... Hunderte von KZlern, in den
dünnen Drillichanzügen, fast ohne Schuhwerk, verhungert, geschwächt...
Waffen-SS. Ganz brutale Hunde. Wenn einer nicht mehr kann, schlagen sie
ihm mit dem Gewehrkolben ins Kreuz oder treten ihn zusammen... Wir
müssen versuchen, einige KZler zu befreien. Von ihnen können wir
erfahren, was man mit den Todgeweihten vorhat...
17.11.1945 / Hochland-Bote "Eröffnung des 'Jüdischen Hauses' in Mittenwald - Gasthaus 'Blaue Traube' als das Haus der Juden in Mittenwald feierlich eröffnet. Unter dem Motto eines 'KZ-Befreiungsfestes' versammelten sich in dem mit weiß-blauen Farben und Zionsternen reich geschmückten Saal die Gemeindemitglieder des Landkreises Garmisch-Partenkirchen... Landrat Ritter, Bürgermeister von Garmisch und Mittenwald, Vertreter der Behörden, der Kirche und des Bayerischen Roten Kreuzes." Rabbiner Borenstein: "... daß der Hitlerismus nicht nur dem Judentum, sondern auch den Katholizismus den Kampf angesagt hatte, aber daß beide Religionen den Terror der Gottlosigkeit überlebt haben. Er betonte die Gemeinschaft beider Religionen durch das Beten zu ein und demselben Gott... das Neue Testament ohne das Alte Testament, aus dem es geboren wurde, nicht denkbar." Landrat Ritter: "... daß vor sieben Jahren Verfolgung und Qual über die Juden hereingebrochen sei, und daß die vielen anständig denkenden und tapferen Menschen in Deutschland nicht in der Lage gewesen seien, das nazistische Wahnsinnsregime zu brechen. Dazu mußten die Befreier von außerhalb der Grenzen kommen... Daß an dem üblen Gerücht, wonach ehemalige KZler am 8. und 9. November Naziwohnungen ausplündern wollten, kein wahres Wort gewesen ist..." Herr Lichtenstein: "... wies mit rührender Deutlichkeit auf das jetzige tragische Dasein der überlebenden Juden hin, die gleich Waisen auf der Welt umherirren, weil sie ihr Heim und alle ihre Lieben verloren haben. "Wir wollen dort sein, wo sie sind", rief er aus, "denn wir können nicht vergessen was man uns angetan hat... werden alle Juden derjenigen in großer Dankbarkeit gedenken, die geholfen haben, den Weg aus dem KZ in die Freiheit zu bahnen." Dipl. Ing. Przygoda in polnischer Sprache: "...daß sein Herz heftig geschlagen habe bei der "Befreiung" an der kleinen Kapelle zu Krün... heftig schlagen, wenn sich die Tore der gemeinsamen Heimat Erez Israel öffnen würde...
03.12.1945 / Bürgermeister Reiser, Grainau, an Landrat Dr. Ritter "Von den ehemals jüdischen Besitzungen wurde neuerdings das Haus Berolzheimer von der Militärregierung unter treuhänderische Verwaltung genommen."
Häuser, die der jüdischen Gemeinde zur Verfügung gestellt wurden:
- Pension Obermühle,
Garmisch
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