Garmisch-Partenkirchen und seine jüdischen Bürger  -  1936

 

 

 

 

 

10.01.1936 / 15 01.1936 / Staatsminister des Innern an Regierung von Oberbayern bzw. Bezirksamt Garmisch

"Beseitigung der Judenschilder und Stürmer-Kästen - An die Pgg Kreisleiter des Gaues München-Oberbayern - Ich ordne hiermit an:

Sämtliche Schilder, Transparente usw. mit der Aufschrift "Juden sind hier unerwünscht" oder ähnlich sind unverzüglich - längstens bis 15. Januar 1936 - zu entfernen.

Grund: Die Judenfrage ist durch die Nürnberger Gesetze geregelt. Einer über die Nürnberger Gesetze hinausgehenden Abwehr bedarf es im Augenblick nicht.

Ständige Aufklärung über die Judenfrage im Rahmen der gesamten Rassenfrage wird dafür sorgen, daß die Bevölkerung immer mehr den Juden von sich aus ablehnt...

Die Ausländer, die unseren Gau bereisen, müssen, wenn sie immer wieder die oben gen. Schilder sehen, auf den Gedanken kommen, daß wir in der Judenfrage doch noch Schwierigkeiten haben. Dies ist unerwünscht.

Mit Rücksicht auf den durch die Olympiade in den nächsten Wochen bedingten großen Fremdenverkehr wird in sämtlichen "Stürmer"-Kästen eine Ihnen noch zugehende Sondernummer ausgehängt."

Staatsarchiv München - NSDAP 545

 

21.01.1936 / Außenstelle Garmisch-Partenkirchen der BayPolPolizei  - Flaggenschmuck der Hotels während der Winterolympiade

"Gaststätten-, Hotel- und Pensionsbesitzer können neben der deutschen Reichsflagge auch in den Farben jener Nationen flaggen, deren Vertreter sie beherbergen.

Juden als Gaststätten-, Hotel- und Pensionsinhaber dürfen die deutsche Flagge nicht zeigen, wohl aber die Farben jener Nation, deren Vertreter bei ihnen untergebracht sind.  gez. Häusler"

Staatsarchiv München - LRA Garmisch-Partenkirchen 61971

 

29.01.1936 / Der Stellvertreter des Führers an den Gauleiter, München Braunes Haus, Rundschreiben 18/36

"Unter den Schildern und Tafeln, in denen Kreise, Gemeinden, Gast­häuser usw. darauf hinweisen, daß Juden unerwünscht seien, befinden sich zum Teil oft wenig geschmackvolle Darstellungen.

Ich bitte beim Anbringen solcher Schilder zu berücksichtigen, daß die in Deutschland reisenden Ausländer unsere Maßnahmen gegen die Juden aufmerksam verfolgen. Die Mehrzahl dieser Fremden begrüßen im Grunde genommen die deutschen Maßnahmen gegen das Weltjudentum. Das deutsche Ansehen im Ausland wird daher auch nicht durch die Tatsache unserer Judengesetzgebung, wohl aber durch eine im Einzelfall übertriebene und geschmacklose Darstellung oder Ankündigung geschädigt werden.

Ich bitte deshalb darauf zu achten, daß nur solche Schilder und Tafeln angebracht werden, die ohne besondere Gehässigkeit zum Ausdruck bringen, daß Juden unerwünscht sind. (Etwa Schilder "Juden sind hier unerwünscht" oder dgl. Besonders bitte ich solche Aufschriften zu unterlassen, die mehr oder weniger deutlich auf die Möglichkeit einer strafbaren Handlung gegen die Juden hinweisen, z.B. "Juden betreten den Ort auf eigene Gefahr" und ähnliche mit einer Drohung verbundene Aufforderungen. Heil Hitler   gez. R. Heß"

Staatsarchiv München - NSDAP 545

 

03.05.1936 / Gendarmeriebezirk Garmisch an Bezirksamt Garmisch

"Aus den Predigten der Geistlichen kann man stets eine Angst entnehmen, als komme schon bald eine Christenverfolgung."

Staatsarchiv München - LRA Garmisch-Partenkirchen 61614

 

15.06.1936 / Bürgermeister Scheck

„Betreff: Arische Abstammung der Beamten

Das Staatsministerium des Innern hat erneut darauf hingewiesen, dass der Nachweis der arischen Abstammung von jedem Beamten für sich und seine Ehefrau erbracht und zu den Personalakten gegeben werden muss. Soweit dies noch nicht geschehen ist, ist nunmehr für umgehende Beibringung Sorge zu tragen…

Gegen Unterschrift bei den umseitig aufgeführten Beamten zur Kenntnisnahme mit der Aufforderung den Nachweis der arischen Abstammung unter Eintrag im beiliegenden Formblatt und Vorlage der angeführten Urkunden alsbald zu erbringen.“

Es folgt  eine Liste mit den Namen und Unterschriften von 37 Beamten und Angestellten des Marktes Garmisch-Partenkirchen

Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen

 

25.06.1936 / Bezirksamt Garmisch

"... Soviel beim Bezirksamt bekannt ist, sind verschiedene Personen nach Tel Aviv und ein Jude Kohnstamm nach Ungarn ausgewandert."

Staatsarchiv München - LRA Garmisch-Partenkirchen 61614

 

02.07.1936 / Gendarmeriebezirk Garmisch an Bezirksamt Garmisch

"Der in Oberammergau lebende Jude Max Mayer, der sich im April katholisch taufen ließ, besucht fleißig die katholische Kirche. Seine Frau ist Arierin und verkehrt viel im Pfarrhaus Oberammer­gau. Mayer beteiligte sich auch an der Fronleichnamsprozession. Leute, die sein Vorleben kennen, spöttelten und lachten darüber."

Staatsarchiv München - LRA Garmisch-Partenkirchen 61614

 

09.07.1936 / Gendarmeriestation Partenkirchen

"Von Partenkirchen ist das jüdische Ehepaar Georg und Hulda Wolff am 27.11.1933 nach München verzogen... Die Eheleute Wolff haben früher die Pension "Wolff", jetzt "Klaushof" in Partenkirchen, Hellwegerstr. 7 besessen."

Staatsarchiv München - LRA Garmisch-Partenkirchen 61614

 

02.09.1936 / Gendarmeriebezirk Garmisch an Bezirksamt Garmisch

"Am Anwesen des Juden Leopold Grünsfelder in Ohlstadt wurde in der Nacht zum 16.8.36 ein Plakat angebracht... Im übrigen verhalten sich die im Bezirk vorhandenen Juden ruhig und werden nicht beanstandet."

Staatsarchiv München - LRA Garmisch-Partenkirchen 61614

 

02.12.1936 / Gendarmeriebezirk Garmisch an Bezirksamt Garmisch

"Die am Bezirk ansässigen Juden verhalten sich ruhig. Gegen den Geschäftsinhaber Liebenstein in Partenkirchen wurde Strafanzeige wegen unlauteren Wettbewerbs erstattet, weil er vor seinem Laden ein Plakat anbrachte: 'Reparaturen: schnell, gut + billig', während er die Reparaturen nicht selbst ausführte und bei dem Arbeitslohn 15 % Aufschlag verlangte."

Staatsarchiv München - LRA Garmisch-Partenkirchen 61614

 

© Alois Schwarzmüller 2006