Garmisch-Partenkirchen und seine jüdischen Bürger  -  1933-1945

 

 

 

 

Frieda Wallach

Frieda Wallach (*2.7.1875 in Fulda, geb. Wallach), Witwe des Bankiers Moritz Wallach (*30.12.1868 in Battenberg, gestorben in Garmisch am 22.6.1932) zog am 2.10.1929 von München nach Garmisch, Maximilianstr. 52 (Pl.Nr. 1304 a/b). Sie musste Garmisch-Partenkirchen in Folge des antijüdischen Pogroms am 10.11.1938 verlassen und ging nach München.

Ihre Kinder: Luise, geb. am 17.2.1900, verh. Wolff, München; Hellmuth, geb. am 19.2.1901 in München; Reinhold, geb. am 11.11.1902 in München; Margarete, geb. 8.6.1907 in München. Weitere Familienmitglieder: Luise Wolff, geb. Wallach; Reinhold Wallach (US-Bürger, New York) und Margarete Lipschütz, geb. Wallach.

Schon am 23.07.1938 teilte Rechtsanwalt Robert Held II (München) den Behörden mit, dass Frieda Wallach beabsichtige, in die USA auszuwandern. An der geplanten Auswanderung waren die folgenden Behörden beteiligt:
- Auswanderungsberatungsstelle München, Kanalstr. 29
- Finanzamt Garmisch-Partenkirchen
- Gestapo / Leitstelle München
- Zollfahndungsstelle München
- Reichsbank München
- Devisenstelle beim Oberfinanzpräsidium München
- Oberfinanzpräsidium Berlin

Im „Verzeichnis der in Garmisch-Partenkirchen vorhandenen Anwesen jüdischer Besitzer" (17.08.1939) ist eingetragen: „Wallach, Dr. Helmut, Wolff Luise, Wallach Reinhold, Wallach Margar., Maximilianstrasse 52, Wohnhaus mit Veranda - In Garmisch-Partenkirchen ist niemand zur Betreuung des Hauses beauftragt. Das Haus soll ab 1.9.1939 an eine arische Familie vermietet werden. Reinhold ist amerikanischer Staatsangehöriger. Die bisherige Bewohnerin des (Hauses) Frieda Sarah Wallach, geb. Wallach, Mutter der grundamtl. Eigentümerin, wohnt nunmehr in den Haag (Holland), Mesdagstrasse 55."

 

 

Frieda Wallach 1932 - vermutlich auf dem Balkon ihres damaligen Hauses in Garmisch-Partenkirchen, Maximilianstraße 52
Foto: Andy Martin (Tucson Arizona, USA)

 

 

 

 

 

 

Am 14.08.1939 verfügte der Bürgermeister des Marktes Garmisch-Partenkirchen in Ausführung des „Gesetzes über Mietverhältnisse mit Juden":
"Laut Grundbucheintrag befindet sich das Anwesen Maximilianstr. 52 im Besitz der jüdischen Geschwister Wallach in Erbengemeinschaft. Wallach Reinhold, der Mitbesitzer ist, besitzt die amerikanische Staatsangehörigkeit.
Dieses Haus wurde ab 1. September 1939 an den Apotheker Oskar Lehner, um monatl. 200.- RM vermietet (6 Zimmer, Speisekammer, Küche, Bad, Mädchenzimmer). Der Vertrag läuft bis 31.8.1941.
Auf Grund § 5 des Ges. v. 30.4.1939 bedarf diese Vermietung der Genehmigung des Bürgermeisters. Auf Verlangen des Herrn Bürgermeisters ist die Unterbringung eines Juden im Hause Wallach möglich.
Hier wohnt noch in Burgstrasse 34 bei arischem Vermieter die Jüdin Anna Riemer, Professorswitwe, 47 Jahre alt, sie zahlt 130.- RM für eine 5 Zimmerwohnung. Der Riemer könnte die Wohnung in der Maximilianstrasse 52 nachgewiesen werden. Da aber 1 Mitbesitzer amerikanischer Staatsangehöriger ist, ist zur Unterbringung in diesem jüdischen Haus die Zustimmung des Reichsarbeitsministers erforderlich.
Es wird verfügt: Der Mietvertrag mit Lehner wird genehmigt, da Lehner diese Wohnung aus gesundheitlichen Gründen (schwere Zuckerkrankheit) gemietet hat, Riemer wohl auch nur einen Teil der sehr grossen Wohnung zu bisherigen Mietzins von 130.- RM nehmen würde und es noch in Frage stehen würde, ob der Reichsarbeitsminister überhaupt die Genehmigung erteilen würde.

 

Am 23.09.1939 traten durch Genehmigung des Bürgermeisters neue Mietverhältnisse in Kraft:
"Da der Apotheker Lehner verstorben ist, gibt Frau Lehner die Wohnung Maximilianstr. 52 auf. Herr Niels Kampmann, arischer Abstammung, wohnhaft in Kiel, tritt in den Mietvertrag ein.
Zur Nichtgenehmigung des neuen Mietvertrages wäre Zustimmung des Reichsarbeitsministers erforderlich, da ein Mitbesitzer des Anwesens amerikanischer Staatsangehöriger ist.
Die Genehmigung zur Vermietung an Kampmann wird erteilt, da die Räume zur Unterbringung von Juden in Garmisch-Partenkirchen nicht benötigt werden.
Am 20.11.1939 erklärte Niels Kampmann, Direktor der Berkefeld-Filter GmbH, Celle, an Eidesstatt, „dass ich rein arischer Abstammung bin. Das gleiche gilt für meine Familie." Daraufhin erteilte die Marktgemeinde die Genehmigung zur Vermietung „des Anwesens Maximilianstr. Haus Nr. 52, das sich im Besitz der Erbengemeinschaft Wallach befindet, durch das Immobilienbüro Cassardt u. Co, Garmisch-Partenkirchen an Herrn Niels Kampmann, arischer Abstammung, wohnhaft in Kiel."
Am 20.08.1941 wurde der Verkauf des Anwesens Maximilianstraße 52 an die "Berkefeld-Filter-Gesellschaft und Celler Filterwerke - Fabrikdirektor Niels Kampmann - für 55000.- RM, zu überweisen auf Auswanderersperrkonto" notariell bestätigt. Eine "etwa noch geschuldete Judenabgabe" durfte der Käufer vom Preis noch abziehen. Weiter ist dem Vertrag zu entnehmen: „Frau Luise Wolff ist ausgebürgert und deren Vermögen ... dem Deutschen Reich verfallen. Das Vermögen der Margarete S. Lipschütz, polnische Staatsangehörige, untersteht dem Beauftragten für den Vierjahresplan... Die Beteiligten werden darauf hingewiesen, daß die Judengenehmigung auch unter der Auflage einer Geldleistung zu Gunsten des Reiches erteilt werden kann."

Am 9.12.1949 stellte Rechtsanwalt Dr. Karl Roesen 9.12.1948 Rückerstattungsantrag „wegen Maximilianstr. 52".

Staatsarchiv München - LRA Garmisch-Partenkirchen 63049, 63212, 61668, 61665, 61664

 

© Alois Schwarzmüller 2006