Garmisch-Partenkirchen und seine jüdischen Bürger  -  1933-1945

 

 

 

 

 

Dorothea Kohn

Dorothea Kohn (*9.4.1856 in Nürnberg, geb. Hopf) war die Witwe von Ernst Kohn, der am 9.1.1920 in Nürnberg gestorben war. Das Ehepaar hatte drei Kinder: Sofie, geboren am 20.5.1877, war verheiratet und lebte in Nürnberg; Betty, geboren am 6.6.1881, war in Nürnberg mit dem Arzt Dr. Adolf Reis verheiratet; Gustav, geboren am 22.04.1880, wohnte in London. Nach Garmisch-Partenkirchen zog Dorothea Kohn am 26.5.1920. Dort erwarb sie die Anwesen Burgstr. 18 (Pl.Nr. 1027 1/2 a,b) und Burgstr. 20 (Pl.Nr. 964 1/2).

Nach dem antijüdischen Pogrom am 10.11.1938 wohnte sie in Nürnberg, Pilotystraße 15. Die Einwohnermeldekartei trägt den stereotypen Vermerk "Seit der Judenaktion unbekannt wohin verzogen." Die Wohnung Burgstr. 18 wurde am 12.11.1938 durch Polizeiobermeister Volnhals und Hauptwachtmeister Schulz versiegelt.

Dr. Josef Kern, Rechtsanwalt aus Landau in der Pfalz, bemühte sich darum, das Anwesen Burgstr. 18 zu „arisieren". Seine Bemühungen begründete er damit, dass er das Haus bereits vor dem Pariser Attentat am 9.11.1938 erwerben wollte, nun habe sich alles verzögert, er wolle seine Praxis nach Garmisch-Partenkirchen verlegen. Am 20.12.1938 wandte er sich an den Regierungspräsidenten von Oberbayern mit dem Ratschlag: "Es ist bei der großen Anzahl jüdischer Häuser in Garmisch-Partenkirchen im allgemeinen Interesse gelegen, daß dieselben in arischen Besitz übergehen."

Im „Verzeichnis der in Garmisch-Partenkirchen vorhandenen Anwesen jüdischer Besitzer" vom 17.08.1939 wurde der Vorgang unter der folgenden Eintragung festgehalten: „Kohn, Dorothea, geb. Hopf, Burgstr. 18, Gartenanlagen u. Grasgarten mit Gartenhäuschen - Am 16.12.1938 Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Eigentumsübertragung eingetragen an Pl. Nr. 964 ½ für den Rechtsanwalt Dr. Josef Kern in Landau mit Bezugnahme auf die Bewillig. V. 30.11.1938." Der Kaufpreis lag bei etwa 18000.- RM, das Gemeindebauamt ermittelte am 17.10.1939 einen Schätzwert in Höhe von 36500.- RM.

Einwände dagegen, dass er das Anwesen Burgstraße 18 erwerben wollte, entkräftete Rechtsanwalt Kern in einem Brief vom 28.03.1940 an den Regierungspräsidenten von Oberbayern mit dem Hinweis darauf, dass „für andere Kaufliebhaber genug weitere jüdische Häuser in Garmisch-Partenkirchen zur Verfügung" stünden. Ein „politisches Unbedenklichkeitszeugnis", ausgestellt durch die NS-Kreisleitung Garmisch-Partenkirchen, beseitigte schließlich alle Hindernisse bei dieser „Arisierung".

Am 09.12.1948 stellte Rechtsanwalt Dr. Karl Roesen Rückerstattungsantrag „wegen Burgstr. 18 und 20".

Staatsarchiv München - LRA Garmisch-Partenkirchen 61668, 61665

 

© Alois Schwarzmüller 2006