Garmisch-Partenkirchen und seine jüdischen Bürger  -  1933-1945

 

 

 

 

Schritt für Schritt –

Frieda und Emil Fechheimer wurden verfolgt, enteignet, entehrt

 

Zeitreise von 1935 bis 1950

 

Quellen:

Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen - Akte Fechheimer

Staatsarchiv München - LRA Garmisch-Partenkirchen 63049, 63212, 61668, 61665, 61664

 

 

 

Meldekarte des Marktes Garmisch von Frieda und Emil Fechheimer - 1934

Haus von Frieda und Emil Fechheimer, Höllentalstraße 56 - 1935 (Aufnahme 2008)

 

Meldedateikarte des Marktes Garmisch für Emil und Frieda Fechheimer
 

Haus von Frieda und Emil Fechheimer, Garmisch, Höllentalstraße 56  (Foto: privat, 2008)

 

Emil und Frieda Fechheimer

Der Kaufmann Emil Fechheimer wurde am 15.10.1866 in Nürnberg geboren. Nach Garmisch kam er am 1.7.1934. Er erwarb das Anwesen Höllentalstr. 56 (Pl.-Nr. 1822 a, b und Pl. Nr. 1824). Er war verheiratet mit Frieda Fechheimer (*15.3.1876 in Gunzenhausen, geb. Hesselberger). Seine Frau wohnte schon in Garmisch, das Haus war im Besitz des Schwiegervaters.

 

Seinen Lebenslauf beschrieb Emil Fechheimer in der eidesstattlichen Erklärung vom 3.10.1948 im Spruchkammerverfahren gegen den ehemaligen NS-Kreisleiter Hans Hausböck:

"1886/87 diente ich als Einj. Freiw. im 1.Chev.Reg. in Nürnberg, wurde Reserveoffizier und meldete mich 1914 freiwillig zum Heeresdienst. Weiter bekleidete ich das Ehrenamt eines Kgl. Handelsrichters in Nürnberg. Im Jahre 1917 wurde ich dem Bayerischen Kriegsministerium als wirtschaftlicher Mitarbeiter zugeteilt und später für meine Verdienste um die Fettindustrie mit dem Titel "Geheimer Hofrat" ausgezeichnet.
"Ich Ich bin am 15. Oktober 1866 in Nürnberg geboren, habe daselbst das humanistische Gymnasium besucht und kam danach in`s väterliche Geschäft - Firma Hoch, Lang & Söhne, Margarinefabrik in Nürnberg - wo ich 50 Jahre lang bis 1935 tätig war, um mich dann nach Garmisch ins Privatleben zurückzuziehen."

 

 

 

18. Mai 1935

Der 2. Bürgermeister von Garmisch, Josef Thomma, gibt in einem Schreiben an die NS-Kreisleitung Garmisch-Partenkirchen zu Protokoll:

"Heut' Vormittags gegen 11 Uhr sprach der Jude Emil Fechheimer, welcher das Anwesen Höllentalstr. 56 schon seit vielen Jahren besitzt, bei dem unterfertigten Bürgermeister vor und beklagte sich, daß auf seinem Grundstück an der Höllentalstraße an einer Telegrafenstange, welche mit seiner Genehmigung gesetzt ist, eine Tafel angebracht wurde, "Juden sind hier nicht erwünscht". Wer die bezügliche Tafel angebracht hat, ist mir nicht bekannt. Fechheimer erwähnte noch, daß er und seine Vorfahren es in Nürnberg zu höchsten Ehren gebracht habe und fragte, wo er denn hinsolle. Von diesem Sachverhalt gestatte ich mir, Mitteilung zu machen. Heil Hitler! Thomma, 2. Bgm." Josef Thomma wohnte nur wenige Häuser entfernt von Emil Fechheimer in der Höllentalstraße 21.

 

10. November 1938

In der eidesstattlichen Erklärung vom 3.10.1948 schilderte Fechheimer die antijüdischen Vorgänge am 10. November 1938 in Garmisch-Partenkirchen:

„An dem oben genannten Tage wurden meine Frau und ich um 7 Uhr morgens mit dem Rufe „Juden heraus, Rache für Paris" aus dem Schlafe geweckt und durch eine Anzahl SA-Leute, die wir in unserem Garten erblickten, befehlshaberisch aufgefordert, sofort herunterzukommen. Man drängte uns derart, daß wir uns nur mangelhaft ankleiden konnten. - Frühstück war natürlich ausgeschlossen - und brachte uns dann in`s Parteihaus, wo wir warten mußten, bis die Nichtarier des Bezirkes Garmisch-Partenkirchen zusammengeholt waren.
Als ungefähr 20 Personen zusammen waren, wurde jedes Ehepaar dem Kreisleiter vorgeführt. Da es in diesem Zimmer zog, während ich teils aus Aufregung, teils aus mangelhafter Ankleidung eine Erkältung fürchtete, so bat ich Hausböck, das offenstehende Fenster schließen zu dürfen mit der Begründung, daß ich infolge eines mir im Kriege zugezogenen Lungen-Emphysems sehr anfällig sei, worauf Hausböck schroff entgegnete, das sei gerade recht, und die Schließung des Fensters verbot.
Dann erklärte Hausböck mit vorgehaltenem Revolver, daß wir binnen wenigen Stunden d.h. mit dem nächsten Zuge Haus und Hof verlassen müßten und niemals wiederkehren dürften, widrigenfalls wir zu Tode "geprügelt" würden. Und zwar müßten wir bis zum nächsten Tag die Reichsgrenze überschritten haben.
Nun legte uns H. ein Formular vor des Inhalts, daß wir uns damit einverstanden erklärten, unser Grundstück in Garmisch, Höllentalstr. 56, in arischen Besitz überführen zu lassen. Hierzu bemerkte er, daß es keine Überlegung für uns gebe, sondern sofort unterschrieben werden müsse, widrigenfalls wir vom Platz weg zunächst auf 3 Jahre in`s KZ Dachau abgeführt würden. In dieser Zwangslage sind wir dem Befehle nachgekommen.
Danach wurden wir einzeln fotografiert und unter Begleitung von 2 SA-Männern in unsere Wohnung zurückgebracht. Die beiden SA-Leute mußten dem Kreisleiter durch Handschlag versichern, uns nicht früher zu verlassen, bis wir unter Vorweis einer Fahrkarte nach dem Ausland den Zug bestiegen hätten.
Nach dem Verlassen des Parteihauses mußte man ein von den HJ und BdM gebildetes Spalier passieren, um angespuckt zu werden. Infolge Warnung durch eine uns wohlwollende Person konnten wir das Spuckspalier umgehen.
Am Bahnhof war eine Abteilung von Leuten aufgestellt, welche die verletzendsten Hohnrufe auf die abfahrenden Juden ausbrachten.
Wir fuhren gegen Mittag über München nach Bregenz, wo wir mit allen Nichtariern aus dem Zuge geholt wie eine Herde Vieh über das Geleise getrieben und in`s Gefängnis abgeführt wurden und bis zu unserer Befreiung mit Schweizer Hilfe 12 Stunden bleiben mussten.
Wie wir durch Unterstützung von Züricher Verwandten uns in die Schweiz retten konnten und schließlich in Lugano landeten, wo wir seitdem unser Leben fristen, dürfte für den Fall Hausböck nicht mehr von Belang sein.
Die Wohnungseinrichtung wurde größtenteils versteigert mit der Begründung, daß wir illegal ausgewandert seien, während wir in Wahrheit illegal vertrieben wurden...."
Lugano, den 3. Oktober 1948, gez. Emil Fechheimer
Lugano, Via S.Calloni 7, Schweiz

 

16. Dezember 1938

Otto Fechheimer (Bruder von Emil Fechheimer), früher Fabrikbesitzer in Nürnberg, Frommanstr. 7, erklärt notariell: „Ich übertrage hiemit die vorbezeichnete Vollmacht in ihrem ganzen Umfang auf die Deutsche allgemeine Treuhand Aktiengesellschaft in München.“

 

20. Januar 1939

Garmisch-Partenkirchens Bürgermeister Jakob Scheck meldet das Interesse des Marktes „aus öffentlichen Gründen“ an dem zum Verkauf stehenden jüdischen Grundbesitz „Grundstück Pl. Nr. 1824, Bauplatz zu 0,371 ha“ zum Einheitswert von 18.500.- RM an. Grundlage dafür die „Verordnung über den Einsatz des jüdischen Vermögens vom 3. Dez. 1938; hier Erwerb aus dem Besitz der Kaufmannseheleute Emil und Fried Fechheimer.“

Für das Landratsamt Garmisch-Partenkirchen bestätigt NS-Kreisleiter Johann Hausböck am 25. Januar 1939 mit einem dicken handschriftlichen „Ja Einverstanden“ die Absicht des Marktes. Das Ehepaar Fechheimer ist inzwischen in Lugano.

 

15. Februar 1939

Am 15. Februar 1939 händigt Landrat Dr. Wiesend „die Schlüssel zum Anwesen des Juden Fechheimer, früher Garmisch-Partenkirchen, Höllentalstraße," an den Regierungs-Forstrat Schneller vom Forstamt Garmisch „vorübergehend" aus.

Der Antrag des Kaufhauses E. P. Hart, das Anwesen Fechheimer als Ferienheim für "die 120 Mitglieder umfassende Gefolgschaft" zu erwerben, wird wohl deshalb nicht weiter verfolgt, weil sich die Bayerische Landesforstverwaltung für das Haus interessierte. Die NSDAP-Gauleitung Oberbayern erteilt am 23. März 1939 eine „Ausnahmegenehmigung zur Verwaltung des Vermögens der ausgewanderten Eheleute Emil Israel Fechenheimer und Frau geb. Hesselberger." Wenige Tage später händigt Landrat Wiesend der Forstverwaltung die Schlüssel „für das Judenhaus Fechheimer, Höllentalstr. 56," aus. Das „Verzeichnis der in Garmisch-Partenkirchen vorhandenen Anwesen jüdischer Besitzer", das Bürgermeister Scheck am 17. August 1939 anfertigen lässt, enthält dazu den Eintrag: „Fechheimer, Emil und Frieda, Wohnhaus an der Höllentalstr. Nr. 56 - Das Anwesen wurde von der Landesforstverwaltung käufl. erworben."

 

25. März 1939

Der Besitz von Emil und Frieda Fechheimer geht jetzt an die Allgemeine Treuhand Aktiengesellschaft in München über. Notar Wilhelm Gutbrod (München, Kaufingerstr. 29) bestätigt Dr. Fritz Fergg (Wirtschaftsprüfer und Vorstandsmitglied der Allgemeinen Treuhand) und Dr. Matthias Steeg (Prokurist und Wirtschaftsprüfer in München): „Beide handelnd für „Deutsche Allgemeine Treuhand Aktiengesellschaft“ in München... beide zur gemeinsamen Vertretung der Gesellschaft berechtigt... Herr Emil Fechheimer und Frau Frieda haben am 22. September 1938 die vorbezeichnete Vollmacht dem Fabrikbesitzer Otto Fechheimer erteilt. Die Vollmacht ist ganz oder teilweise auf Dritte übertragbar.

Herr Otto Fechheimer hat die vorbezeichnete Vollmacht mit Urkunde des Notars Wilhelm Hoffmann in Nürnberg vom 16. Dezember 1938 mit ihrem ganzen Umfang auf die Deutsche Allgemeine Treuhand Aktiengesellschaft in München übertragen.

Die Deutsche Aktiengesellschaft überträgt hiemit diese Vollmacht in vollem Umfang auf Herr Dr. Matthias Steeg, Wirtschaftsprüfer in München“

Dr. Daimer, Notar

 

23. Oktober 1939

Die Regierung von Oberbayern teilt mit, dass die Veräußerung des Fechheimer Grundstücks „an das Land Bayern - Forstverwaltung" von dem Garmischer Notar Daimer beurkundet ist. Der Kaufvertrag vom 25. Mai 1939 "gemäß §8 der VO über den Einsatz des jüdischen Vermögens vom 3.12.1938" enthält die Klausel, dass die Zahlungen auf ein für das Ehepaar Fechheimer zu errichtendes Sonderkonto zu erfolgen hatte, „über das nur mit Zustimmung des OFPräs Nürnberg sowie des Finanzamts Garmisch-P. verfügt werden darf".

 

Januar 1940

Diplomkaufmann Dr. rer. pol. M. Steeg, Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftstreuhänder des Nationalsozialistischen Rechtswahrerbundes (Berufsorganisation der Juristen im Dritten Reich) teilt Bürgermeister Scheck mit, „dass das Forstamt das Grundstück gerne kaufen würde.“ Steeg bietet dem Forstamt RM 5.- qm. Durch die Ermäßigung des Kaufpreises wolle er dem Forstamt „die Erlangung der Erlaubnis erleichtern.“

27. März 1940

Bürgermeister Scheck erwirbt am 27. März 1940 den Bauplatz Nr. 1824 mit 3170 qm, das zweite Grundstück, das bis zum 10. November 1938 im Besitz der Familie Fechheimer war, für den Markt Garmisch-Partenkirchen zum Preis von 20000.- RM. Am 12. April 1940 ersucht Scheck das Landratsamt, für diesen Kauf „die nach der Judengesetzgebung erforderliche Genehmigung" zu erteilen.

 

27. März 1940

Kaufvertrag Notariat Dr. Daimer

Anwesend waren Dr. Matthias Steeg, handelnd für die im gesetzlichen Güterstand des BGB für das Deutsche Reich lebenden Kaufmannseheleute Emil Israel und Frieda Sara Fechheimer, Kämmerer Hans Stegmair als Vertreter des Marktes Garmisch-Partenkirchen:

Folgender Kaufvertrag: Die Eigentümer Ehepaar Fechheimer verkaufen das Grundstück PL. Nr. 1824 0,371 ha an den Markt Garmisch-Partenkirchen, Kaufpreis 20.000.- RM. Die Zahlung wird auf ein für die Verkäufer zu errichtendes Sonderkonto geleistet, über das nur mit Zustimmung des Oberfinanzpräsidenten München verfügt werden darf...

Die Verkäufer sind Juden. Die Beteiligten beantragen daher hiemit auf Grund der Verordnung über den Einsatz des jüdischen Vermögens nebst Durchführungsbestimmungen und der Anordnung auf Grund der Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden, insbesondere auf § 8 der Verordnung über den Einsatz des jüdischen Vermögens und § 3 der 2. Durchführungsverordnung hiezu die Genehmigung des Vertrages dieses Vertrages durch den Landrat Garmisch-Partenkirchen.

Der Markt Garmisch-Partenkirchen versichert, dass er über das mit gegenwärtiger Urkunde erworbene Grundstück, seine Verwertung und Nutzung keinerlei Abrede oder Sonderabkommen mit Juden oder zu Gunsten von Juden getroffen hat und solche auch nicht treffen wird. Kaufpartei ist sich darüber im Klaren, dass eine falsche Versicherung oder deren Nichtbefolg in der Zukunft Folgen nach sich ziehen kann, die gegebenenfalls bis zur Enteignung des Grundstücks mit strengster Bestrafung führen können.

Der Ehemann Fechheimer genehmigt die in gegenwärtiger Urkunde enthaltenen Erklärungen seiner Ehefrau...

Je eine beglaubigte Abschrift ist zu fertigen für den Landrat Garmisch-Partenkirchen – Judengenehmigung - für den Oberfinanzpräsidenten – Devisenstelle – und zu den Grundakten des Amtsgerichts Garmisch-Partenkirchen.

Je eine einfache Abschrift ist zu fertigen für den Landrat Garmisch-Partenkirchen- Wohnsiedlungsgenehmigung – und das Finanzamt Garmisch-Partenkirchen – Unbedenklichkeitsbescheinigung und für die Verkäufer.

... vorgelesen vom Notar, von den Beteiligten genehmigt und eigenhändig unterschrieben.

Dr. Matthias Steeg - Hans Stegmair - Dr. Daimer, Notar“

 

30. März 1940

Dr. Daimer: Kaufvertrag Fechheimer

An Bürgermeister Garmisch-Partenkirchen mit der Bitte, „die Urkunde vom 27. März 1940 zwecks Judengesetzgenehmigung dem Herrn Landrat vorzulegen.“

12. April 1940

„Bürgermeister Garmisch-Partenkirchen

Grunderwerb von den Kaufmannseheleuten Emil Israel und Frieda Sara Fechheimer... Den am 27. März 1940 von ihnen abgeschlossenen Kaufvertrag genehmige ich hiemit vorbehaltlos in allen Teilen. (Scheck) Dieses Schriftstück ist am 15. April 1940 mit der Post eingelaufen und wurde zur Kenntnis genommen...

Dr. Daimer

 

12. April 1940

Bürgermeister Garmisch-Partenkirchen

„Grunderwerb von den Kaufmannseheleuten Emil Israel und Frieda Sara...

Den zwischen dem Markte Garmisch-Partenkirchen und den Kaufmannseheleuten Emil Israel und Frieda Sara Fechheimer, letztere geb. Hesselberger am 27. März 1940 unter U.R.Nr.335 abgeschlossenen Kaufvertrag genehmige ich hiemit vorbehaltlos in allen Teilen.“

Scheck

 

23. Mai 1940

Landrat Dr. Wiesend: „Verkauf eines inländischen Grundstücks durch Devisenausländer an Deviseninländer, Markt Garmisch-Partenkirchen beantragt die Genehmigung des Verkaufs von Grundstück Plan Nr. 1824 Bauplatz zu 0,372 ha

Verkäufer: Emil Israel Fechheimer und Frieda Sara Fechheimer ... in Lugano Schweiz), früher in Garmisch-Partenkirchen, Höllentalstr. 56, vertreten durch Wirtschaftsprüfer Dr. Matthias Steeg, München - Käufer: Markt Garmisch-Partenkirchen

Kaufpreis 20.000.- RM - Genehmigung durch Finanzamt Garmisch-Partenkirchen

Unterschrift unleserlich

Genehmigung Landrat Garmisch-Partenkirchen „Der Preis ist nicht zu beanstanden.“

(Siegel) Dr. Lange

Sämtliche Zahlungen aus dem Kaufvertrag sind auf ein für den Verkäufer zu errichtendes Sonderkonto zu leisten, über das nur mit Zustimmung des Oberfinanzpräsidenten München, Devisenüberwachungsstelle, sowie des Finanzamtes Garmisch-Partenkirchen verfügt werden darf.

(Siegel) Dr. Wiesend

 

 20. Juni 1940

Landrat Dr. Wiesend an Notar Dr. Daimer

Einsatz des jüdischen Vermögens - „... für diese Verfügung wird eine Gebühr von 40.- RM samt 20% Zuschlag angesetzt.

 

19. Juli 1940

Dr. Daimer an Bürgermeister Scheck

„... Der Landrat Garmisch-Partenkirchen hat für die Genehmigung des Kaufvertrages nach der Judenverordnung 50.- RM bei mir liquidiert. Nach dem Inhalt des Kaufvertrages hat der Markt Garmisch-Partenkirchen die Kosten des Vertrages zu bezahlen. Ich überreiche anbei die mir zugegangene Kostennachricht des Landrats unter Ersuchen, für die Bezahlung dieses Kostenbeitrages besorgt zu sein.

Heil Hitler - Daimer“

 

10. September 1940

Kosten für die Vormerkung des Grundstückskaufs Fechheimer

Kaufpreis                                                                            20.000.- RM

Notariatsgebühren                                                             145,30

Grunderwerbssteuer                                                          1025,60

Gebühren des Landrats für die Judengenehmigung         50.-

Grundsteuergebühren                                                        56,33

                                                                                             21.278,81

 

18. September 1940

Die Bayerische Staatsbank München (Adresse) schreibt an

„Herrn Emil Fechheimer und Frau Frieda Fechheimer - Lugano

O.D.129 430 Auswandererkonto

Wir haben Ihrem Konto gutgeschrieben:                           20.000.-

i.A. der Bayerischen Gemeindebank (Girozentrale), München

a.V. Kassenverwaltung des Marktes Garmisch-Part.

Betr. Kaufpreis für das Grundstück Pl. Nr. 1824 Bauplatz

Lt. Urk. Des Notars Dr. Daimer, Garmisch-Partenkirchen,

vom 27.3. Nr. 335 laut Genehmigung des Oberfinanzpräsidenten München vom 10.07.1940“

 

1942

Der Maler Oskar Mulley

Der Landrat Garmisch-Partenkirchen fordert die Gemeinde zu einer Wertzuwachssteuer für das Grundstück Pl. Nr. 1824 auf. Laut Urkunde des Notariats Garmisch-Partenkirchen wurde dieses Grundstück am 06.03.1940 verkauft und zwar für 12.160.- RM

Verkäufer: Markt Garmisch-Partenkirchen, Bgm. Scheck - aus Grundstück Pl. Nr. 1824

Der Erwerber: Oskar Mulley, G.-Pa. Höllentalstr. 43, Bauplatz

Teilfläche von 1090 qm - Kaufpreis je Dezimal 380.- RM - 32 Dezimale - Gesamtpreis 12106.- RM

Wohnsiedlungsgenehmigung durch Landrat:

6. Juden: „Auf Anordnung auf Grund der Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden und auf die Verordnung über den Einsatz des jüdischen Vermögens wurden die Beteiligten hingewiesen. Sie erklärten, dass an dem Rechtsgeschäft Juden oder jüdische Gewerbebetriebe nicht beteiligt sind.“

Unterschrieben von  Bürgermeister Jakob Scheck - Oskar Mulley - Notar Dr. Daimer

Genehmigungsverfahren:
Landrat Dr. Wiesend: „... aufsichtlich genehmigt... der Preis ist nicht zu beanstanden.“

Finanzamt Garmisch-Partenkirchen: Golling ..."steuerliche Bedenken nicht entgegenstehen“

 

 

 

11. Mai 1945

Herrn Fritz Schäffer, Rechtsanwalt München...

... übersenden wir Ihnen Abschriften der Kaufurkunden Fechheimer-Marktgemeinde und Marktgemeinde-Mulley... darauf hinweisen, dass seitens der Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen der Kaufpreis von 20.000.- RMk auf Auswanderersperrkonto bei der Bayer. Staatsbank München einbezahlt wurde. Die Kosten des Erwerbes betrugen 1.279,81 RMk und wurden ebenfalls von der Marktgemeinde getragen.“

Schütte, Bürgermeister

... Ich habe den Anspruch auf Rückerstattung entsprechend Gesetz Nr. 59 der Mil. Reg. anzumelden.

Ich ersuche um ... Angabe, ob die Marktgemeindeverwaltung zur Rückgabe der Grundstücke bereit ist...“

 

11. Mai 1945

Markt Garmisch-Partenkirchen an Fritz Schäffer

Rückerstattungsanspruch Emil Fechheimer Pl. Nr. 1824

„Der Marktgemeinderat Garmisch¬-Partenkirchen hat in seiner Sitzung vom 10.6.1048 beschlossen, den noch im Besitz der Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen befindlichen Teil des Grundstücks Pl. Nr. 1824 freiwillig an die >Kaufmannseheleute Fechheimer zurückzuerstatten. Es wurde auch mit Herrn Oskar Mulley, wegen der Rückerstattung des von ihm von der Gemeinde erworbenen Grundstücksteils, jetzt Pl. Nr. 1824 ½ Verbindung aufgenommen und hat sich dieser der Gemeinde gegenüber schriftlich verpflichtet, das Grundstück freiwillig an Fechheimer zurückzuerstatten...

Das Grundstück steht z. Zt. unter property control und werden wir beim Landesamt für Vermögensverwaltung um Genehmigung zur Rückerstattung des Grundstückes an Fechheimer nachsuchen...

Schütte, Bürgermeister“

 

1947?

Beschluss des Marktgemeinderats Garmisch-Partenkirchen

1. „Der Marktgemeinderat Garmisch-Partenkirchen erkennt den Rückerstattungsanspruch des Herrn Emil und Frau Frieda Fechheimer auf den noch im Besitz der Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen befindlichen Teil des Grundstückes Plan-Nr. 1824 St. G. Garmisch freiwillig an.“

2. Der Marktgemeinderat wird die Rückübertragung des an Herrn Mullay veräußerten Grundstücksteil fördern.

3. Die Rückgabe des Grundstücks soll sofort erfolgen...

4. Sofern Herr Mulley zur gleichzeitigen Rückübertragung des von ihm erworbenen und zurückzugebenden Grundstücks bereits ist, ist ihm der Kaufpreis zu 12.160.- RMk zurückzuzahlen...“

 

10. Mai 1948

Das Zentralmeldeamt Bad Nauheim

Die Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen meldet der Mil. Reg. an:

1. Gegenwärtiger Besitzer:

Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen

2. Beschreibung des Grundstücks:

Pl. Nr. 1824 Bauplatz... Erworben lt. Kaufvertrag Nr. 335 vom 27. März 1940 um den Preis von 20.000.- RMk zuzüglich Kosten mit 1.279,81 RMk = 21.279,81 RMk. Von diesem Grundstück wurde lt. Kaufvertrag vom 6. März 1942 Nr. 211 eine Teilfläche von 10 a 90 1m an Hr. Oskar Mulley, Kunstmaler in Garmisch-Partenkirchen, Höllentalstr. 43/II um den Preis von 12.160.- RMk verkauft, so dass die noch im Besitz der Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen befindliche Grundfläche 26 a 17 qm ist.

Das Grundstück liegt an der Höllentalstrasse und ist noch unbebaut.

Erworben von Emil und Frieda Fechheimer, soviel bekannt in Lugano in der Schweiz wohnhaft. Der Kauf erfolgte durch reguläre Rechtsgeschäfte. Die Verkäufer waren s. Zt. Vertreten durch Dr. Matthias Steeg, Wirtschaftsprüfer in München...“

 

7. Juni 1948

Forstmeister Aigner, Treuhänder, Garmisch, Zugspitzstr. 4

An die Marktgemeinde Ga-Pa

Rückerstattungsanspruch Emil Fechheimer

„... (notarielle Urkunde) Da mir diese Urkunde nicht zur Verfügung steht, ersuche ich die erbetene Abschrift direkt dem oben bezeichneten Rechtsanwalt zukommen zu lassen.“

 

10. Juni 1948

Nichtöffentliche Gemeinderatssitzung

Rückerstattung Fechheimer

„... Anspruch freiwillig anerkannt... Es ist zu versuchen, dass der s. Zt. Bezahlte und auf Auswanderersperrkonto bei der Bayer. Staatsbank in München überwiesene Kaufpreis zu 20.000.- RMk ersetzt wird.

Mit dem Käufer des Teilgrundstückes Pl. Nr. 1824 ½ Herrn Oskar Mulley ist in Verbindung zu treten und zu versuchen, dass dieser die Rückvergütung gleichzeitig mit der Marktgemeinde vornimmt.

Hinsichtlich der Rückvergütung des von Herrn Mullay an die Marktgemeinde bezahlten Kaufpreises soll die nur erfolgen, wenn auch die Gemeinde den von ihr bezahlten Kaufpreis zurückerhält.

Bürgermeister“

 

10. Juni 1948

Rechtsanwalt Roesen

„Wenn der Rückerstattungsanspruch nicht freiwillig anerkannt wird, kann Fechheimer fordern:

1... Es wird zweckmäßig sein, wenn die Gemeinde die ganze Angelegenheit in die Hand nimmt, d. h. dass Mulley veranlasst wird, gleichzeitig mit der Gemeinde zurückzuüberweisen, dann erhält die Gemeinde die RM 20.000.- und muss an Mulley das zurückzahlen, was dieser an die Gemeinde bezahlt hat...“

 

15. Juni 1948

Bayerische Staatsbank München an Markt Ga-Pa.

Auswandererkonto Fechheimer

„... 20.000.- RM Kaufpreis für das Grundstück Pl. Nr. 1824 Garmsch am 18. September dem bei uns geführten Auswanderersperrkonto Fechheimer, Lugano, gutgebracht...“

 

16. Juni 1948

Goller – Leiter der Außenstelle Garmisch-Partenkirchen des Bayerischen Landesamtes für Vermögensverwaltung und Wiedergutmachung

An Markt Ga.-Pa

„... Nachdem für derartige Rückübertagungen bisher keine Ausführungsbestimmungen vorliegen, hat sich diese Außenstelle an die Zweigstelle München gewandt und kommt nach Erhalt eines Bescheides auf die Angelegenheit zurück.“

Goller, Leiter der Außenstelle Ga.-Pa.

 

18. September 1948

Fritz Schäffer, Rechtsanwalt

Anmeldung eines Rückerstattungsanspruchs nach Maßgabe des Ges. Nr. 59 der Militärregierung Ausführungsverordnung Nr. 1 (Art. 56 d. Ges.)

1.Die Berechtigten

Emil Fechheimer und Ehefrau Frieda Fechheimer

Ständiger Wohnsitz Lugano (Schweiz) Villa Guidi

2. Bevollmächtigter

Rechtsanwalt Fritz Schäffer

3. Angaben über die Verfolgten:

Gegenwärtiger Wohnsitz: Lugano (Schweiz), Villa Guidi

Letzter Wohnsitz: Garmisch-Partenkirchen, Höllentalstr. 56

4. Angaben über das Vermögen:

Wohnhaus PL. Nr. 1822 - Gartenanlage mit Holzlege und Hofraum - Wiese und Bauplatz

5. Persönliches Vermögen:

Gesamt Wohnungseinrichtung Villa Höllentalstr. 56 – „Die Wohnungseinrichtung befand sich inder Villa Höllentalstr. 56 bis die Rückerstattungsberechtigten in das Ausland gehen mussten und bis sie das Wohnhaus samt Einrichtung zu veräußern gezwungen wurden. Die Wohnungseinrichtung wurde für Rechnung der Geheimen Staatspolizei am 15.5.1939 versteigert von der Firma L. Schrettenbrunner in München 15, Schillserstr.40...

6. Schilderung des Entziehungsvorganges und Angaben über den Vermögensgegenstand:

Einheitswert Wohnhaus am 1.1.1935 30.000.- RM

Einheitswert Bauplatz am 1.1.1943 18.500.- RM

Wert der Wohnungseinrichtung: 63.000.- RM

Der tatsächliche Verkehrswert war bedeutend höher.“

Entziehungsvorgang:

30.“Die Berechtigten lebten bis 10. November 1938 in Garmisch-Partenkirchen. Bei dem Pogrom am 10. November 1938 (nach der Ermordung des Legationssekretärs von Rath) wurden sie gezwungen, Garmisch und das deutsche Reichsgebiet überhaupt zu verlassen und zwar ohne Mitnahme von Geld oder wichtigen Unterhaltsmitteln. Sie flüchteten in die Schweiz.

31. Die Verfolgten waren bis zum Inkrafttreten der Verordnung vom 23.II.1941 deutsche Staatsangehörige, sie sind beide Nichtarier, d. h. Juden im Sinn des § 5 der I. Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 14.11.1935... Vor dem Verlassen des deutschen Reichsgebietes am 10.11.1938 wurden sie gezwungen, eine Vollmacht zu unterschreiben, die zur Veräußerung des gesamten Grundbesitzes samt Wohnungseinrichtung in arische Hände ermächtigte. Im Falle der Weigerung sollten sie vom Platz weg in das Konzentrationslager verbracht werden. Es legt daher zweifellos eine Entziehung im Sinne des Art. 2 des Ges. Nr.59 vor; ...

32. Das Wohnhaus Höllentalstr. 56 ... wurde vom Bayer. Staat (Staatsforstverwaltung) gemäß Not. Urkunde vom 25.5.1939 Nr. 620 um RM 40.000.- erworben; der Bauplatz Pl. Nr. 1824 wurde von der Gemeinde Garmisch-Partenkirchen um 20.000.- RM erworben gemäß Urkunde Nr. 335 vom 27.3.1940. Die Pl. Nr. 1824 war damals von der Marktgemeinde als Teilstück miterworben; sie ist wohl später erst von der Marktgemeinde Garmisch verkauft worden an Herrn Kunstmaler Oskar Mulley.

Die Wohnungseinrichtung, die einen Versicherungswert von 75.000.- RM hatte, wurde auf Veranlassung des damaligen Treuhänders der Berechtigten, Herrn Dr. Steeg in München am 15.5.1939 von der Firma Ludwig Schrettenbrunner in München, Schillerstr. 40 für Rechnung der Geheimen Staatspolizei um RM 5418.90 versteigert. Der Versteigerungserlös wurde den Berechtigten nicht ausbezahlt.

33, Sonstige Vertragsbedingungen bei Veräußerung der Gegenstände: Der Bayer. Staat (Staatsforstverwaltung) hat gemäß Ziff.4 des Kaufvertrags vom 25.5.1939 beim Kauf des Anwesens Höllentalstr. 56 (PI.Nr.1822 a u. b) die Verpflichtung übernommen, den Kaufpreis von RM 40.000 durch die Bayer. Landeshauptkasse auf ein für die Verkäuferin Frieda Fechheimer zu errichtendes Sonderkonto einzuzahlen. 10 % des Kaufschillings wurden als unverzinsliche Sicherheit solange zurückbehalten, bis der Nachweis über die Zahlung der Wertzuwachssteuer erbracht war.

34. Ein Entgelt für die Veräußerung dieses Grundbesitzes und der Wohnungseinrichtung ist an die Rückerstattungsberechtigten nicht erfolgt. (Sie durften einzelne, verhältnismäßig unbedeutende Vermögenswerte in das Ausland übertragen, jedoch auf Rechnung anderer, ihnen entzogener Vermögenswerte; insbesondere der Wertpapier und Gesellschafter-Anteile.)

Dar Bayer. Staat (Staatsforstverwaltung) hat als Erwerber der PI. Nr. 1822 a u. b eine Summe von RM 40.000 auf das Sonderkonto Frieda Fechheimer einbezahlt; die Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen hat RM 20 000 einbezahlt; die Möbeleinrichtung wurde von der Firma Sehrettenbrunner München 15, Schillerstr. 40 um RM 5418 versteigert.

35. Entgelt wurde an die Rückerstattungsberechtigten tatsächlich nicht ausbezahlt; die Kaufgelder für die Grundstücke wurden auf Sonderkonten der Gestapo einbezahlt (vgl.Ziff.33).

Eine selbständige Verfügung über ihre Vermögen war den Berechtigten bereits durch die Verordnung vom 26.4.36 (RGB 11 S.415) untersagt worden; die Verordnung vom 3.12.38 (RGBl.S.1709) machte jede Verfügung ohne behördliche Genehmigung unmöglich; durch; die Verordnung vom 25.12.41 wurden die Berechtigten (weil sie in das Ausland zu flüchten gezwungen worden waren) ausgebürgert und ihr gesamtes Vermögen als dem Reiche verfallenes erklärt.

36. Da der Kaufpreis an die Berechtigten nicht ausbezahlt} wurde, kommt ein angemessener Kaufpreis überhaupt nicht in Frage. Der von der Gemeinde Garmisch-Partenkirchen bezahlte Kaufpreis von RM 20.000 für den Bauplatz und der von der Forstverwaltung bezahlte Kaufpreis von RM 40.000 für das Wohnhaus sind zweifellos nieder, weil der Einheitswert erfahrungsgemäß bei Grundstücken immer weit unter dem Verkehrswert liegt. Für die Wohnungseinrichtung wäre der angemessene Kaufpreis mindestens der Versicherungssumme entsprechend gewesen. Dieser betrug für die Möbel RM 63.000.

37. Aufschluss gönnen geben:

a) Der Treuhänder der Grundstücke, Herr Anton Aigner, Forstmeister, Garmisch-Partenkirchen, Zugspitzstr.

b) Wirtschaftsprüfer Dr. Matthias Steeg, München. 19, Nederlingstr.73;

c) Rechtsanwalt Dr. jur. Forkenbeck, Berlin W 15, Joachimstalerstr.22/23 (inzwischen gestorben).

Die beiden Letztgenannten waren auf Grund Generalvollmacht die Vermögensverwalter der Berechtigten; der erste von 1938 bis 10.10.1941; der letztere ab dieser Zeit.       .

38. Anspruch auf Rechnungslegung muss vorbehalten bleiben; die Berechtigten haben Anspruch auf Ersatz der in der Zwischenzeit gezogenen Nutzungen; die Kaufgelder wurden auf ein Sonderkonto der Gestapo einbezahlt; die Erwerber wussten also, dass die Gegenstände durch Entziehung erlangt worden sind. Auskunftspersonen die unter Ziff. 37 Genannten. Nach Auskunft des Treuhänders Aigner ist das Anwesen Höllentalstr.56 (PI.Nr.1822 a u. b) als Beamtenwohnhaus verwendet worden um den (wohl sehr mäßig angesetzten) Mietpreis von RM.12O0 jährlich; angeblich haben die jährlichen Bauunterhaltungen diesen Mietertrag teilweise überschritten.

Der Mietertrag für Wiese und Bauplatz (Pl. Nr. 1824 und 1824 1/2) ist nach Angabe des Treuhänders sehr gering gewesen (nur wenige Mark für die Grasnutzung).

Bei Erwerb des Anwesens Höllentalstr.56 hat der Bayer. Staat (nach Angabe des Treuhänders Aigner) für RM 4300 Umbauten in dem Anwesen vorgenommen; weitere Aufwendungen (außer den laufenden Bauunterhaltungen) hat der Bayer. Staat nicht gemacht.

39. Rückerstattungspflichtig für das Wohnhaus Höllentalstr. 56 ist der erste Erwerber und jetzige Besitzer: Der Bayerische Staat; Staatsforstverwaltung.

Rückerstattungspflichtig für den Bauplatz PI. Nr. 1824 ist der erste Erwerber und jetzige Eigentümer: Rückerstattungspflichtig für den Bauplatz Pl. Nr.18241/2 ist der jetzige Eigentümer: Oskar Mullay, Kunstmaler in Garmisch.

40. Auskunft können geben die unter Ziff. 37 genannten Personen.

Sonstige Angaben:

Das Wohnhaus Höllentalstr. 56 ist unbeschädigt.

Teil D.

Rückerstattungsantrag.

42. Anspruch, nach Maßgabe des Art. 16 des Gesetzes (Auszahlung der Wertdifferenz zwischen angemessenen und wirklich bezahlten Kaufpreis) wird nicht erhoben.

45. Die Rückerstattungsberechtigten erheben Anspruch darauf, dass die Grundstücke, insbesondere das Wohnhaus Höllentalstr.56, so wie sie stehen, zurückgegeben werden und dass die in der Zeit der Entziehung gezogenen Nutzungen vergütet werden.

Wenn im Falle der Wohnungseinrichtung die Rückerstattung in Natur nicht mehr möglich sein sollte, wird eine Entschädigung verlangt, die mindestens für die Wohnungseinrichtung in Garmisch auf RM 63 000 (samt Zinsen seit 1938) zu berechnen ist.

Teil E

Ich erkläre hiermit, dass alle in der vorstehenden Anmeldung enthaltenen Angaben nach meinem besten Wissen, und Gewissen genau, vollständig und der Wahrheit entsprechend gemacht worden sind.

In Vollmacht

Fritz Schäffer, Rechtsanwalt 

 

1.Juli 1949

Wiedergutmachungsbehörde Oberbayern

Aktenzeichen: I – 747/48

Vorsitzender Landgerichtsdirektor Strasser

Beisitzer Amtsgerichtsrat Dr. Mantler, Dr. Walter Wedl, Sachs und Stadler

Protokollführer Steinbichler

In Sachen Fechheimer, Emil und Frieda, vertreten durch Rechtsanwalt Fritz Schaeffer

Gegen

1. Das Land Bayern, Staatsforstverwaltung, vertreten durch das Bayerische Staatsministerium der Finanzen

2. Die Gemeinde Garmisch-Partenkirchen, vertreten durch den 1. Bürgermeister

3. Luise Mulley, Kunstmalerswitwe in Garmisch-Partenkirchen, Alleinerbin des Kunstmalers Oskar Mulley in Garmisch-Partenkirchen

wegen Rückerstattung

erschienen auf Aufruf der Sache:

für die Antragsteller: Rechtsanwalt Fritz Schaeffer,

für das Land Bayern: Oberregierungsrat Dr. Blessin im Oberfinanzpräsidium und die Oberforstmeister Siebe und Aigner in Garmisch-Partenkirchen

für die Gemeinde Garmisch-Partenkirchen: Dr. Josef Grasegger, Rechtsberater und Adolf Kirschbauer, Verwaltungsoberinspektor - Übergabe einer Vollmacht des 1. Bürgermeisters

für Frau Mullay: Rechtsanwalt Dr. Paul Broßmann in Garmisch-Partenkirchen

Zwischen den Beteiligten kam folgende gütliche Einigung zustande:

1 Das verpflichtete Land Bayern ist mit der Rückübertragung des Grundstücks

Pl.Nr. 1822a Wohnhaus Höllentalstr. 56 0,13 ha

Pl. Nr. 1822b Gartenanlage mit Holzlege und Hofraum

an die Berechtigte Frieda Fechheimer als Alleineigentümerin einverstanden.

2. Die Beteiligten sind sich über den Eigentumsübergang einig und beantragen die Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch...

3. Die Verpflichtete tritt an die Berechtigte Frieda Fechheimer zu Händen ihres Vertreters das Guthaben aus dem Treuhänderkonto ab.

4. ... alle sonstigen Ansprüche aus dem Wiedergutmachungsfall sind abgegolten...

... Die Kosten werden gegeneinander aufgehoben.“

Strasser / Steinbichler

Anmeldung Rückerstattungsanspruch nach Maßgabe des Ges. Nr. 59 der Militärregierung – Ausführungsverordnung Nr.1 (Art. 56 d. Ges.)“

 

27.02.1950

Amtsgericht Abteilung Grundbuch

An Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen

Rückerstattung Fechheimer

„Gemäß Niederschrift der Wiedergutmachungsbehörde Oberbayern in München v0m 1,7,1949 ... wurde heute im Grundbuch für Garmisch ... der Eigentumsübergang an Pl. Nr. 1824 (Bauplatz, Wiese zu 0,2617 ha) von der Marktgemeinde Garmmisch-Partenkirchen auf die Kaufmannseheleute Emil und Frieda Fechheimer in Lugano (Schweiz) grundbuchamtlich vollzogen...“

 

27.09.1950

Wiedergutmachungsbehörde Oberbayern (München, Mühlbaurstr.8/IV)

An Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen

AZ JR I a 4299

Jewish Restitution Successor  - Organization – IRSO –

Je ½ Anteil am Grundstück Garmisch-Partenkirchen Pl. Nr. 1/186

„1. Sie wurden vor einiger Zeit benachrichtigt, dass die IRSO beim Zentralmeldeamt Bad Nauheim obige Anmeldung gegen Sie eingereicht hat.

2. Mit Erklärung vom 18.9.50 hat die IRSO die Anmeldung zurückgenommen. Die Zurücknahme bedeutet die Erledigung der Anmeldung...“

Unterschrift: Mair

 

 

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