|
|
 |
Klabund,
mit bürgerlichem Namen Alfred Henschke, wurde am 4. November 1890 in
Crossen bei Frankfurt an der Oder geboren. In München studierte er
deutsche Literatur, traf in Schwabing auf Frank Wedekind und Arthur
Kutscher, Max Halbe und Erich Mühsam, verkehrte im „Simplicissimus“ und
im „Café Stefanie“, veröffentlichte Gedichte und Prosatexte in der
„Neuen Rundschau“ und in der „Jugend“. Den Weltkrieg begrüßte und
verdammte er – wie viele seiner literarischen Kollegen. Aus der
Auseinandersetzung mit fernöstlicher Literatur ging 1925 sein Drama „Der
Kreidekreis“ hervor, das Bertolt Brecht zu seinem Stück „Der kaukasische
Kreidekreis“ inspirierte. Klabund starb am 14. August 1928 in Davos. Er
hinterließ ein umfangreiches literarisches Werk. |
Klabund,
Partenkirchen
Müde bin ich, ach,
der städtischen Sterne.
Bräunliches Frühlingslaub dunkelt im Kalterer-Wein.
Mein Blut spritzt morgenrot über die Berge,
Zwei Herzen balanciere ich an einer langen Stange
seiltragend
zwischen Zugspitze und Kramer.
Auf dem Riessersee schwebt eine rote Jacke.
Zwei schlanke Füße ritzen eislaufend meine Wange.
Ein Münchener Rechtsanwalt begrüßt mich freundlich funkelnd.
Ewig bin ich allein, Mädchen, trotz deiner selig mir zuspringenden
Brüste.
Weil ich keine Zentralheizung in meinem Zimmer habe, friere ich sehr.
Ich lese im Bett die Annoncen der »Münchener Neuesten Nachrichten«,
um eine Stellung zu finden.
Eine Stellung als Freund. Oder als Diener vielleicht,
Dienend in Sanftmut einem redlichen Gott.
Aus: Klabund, Die Himmelsleiter (Berlin, 1916) - Für den Hinweis danke
ich Franz Wörndle, Archivar des Marktes Garmisch-Partenkirchen
|