Werdenfels-Gymnasium Garmisch-Partenkirchen - 1950-2003 - Entwicklung und Bewährung

 

 


1979/80 - 1202 Schüler –  Franz Bechtold, Bertold Christ, Gerd Henzler, Doris Mühlner, Richard Reindl, Dr. Roland Salzer, Konrad Schlaipfer

Hohe Schülerzahlen bedeuten nicht unbedingt stärkeres Engagement der Schüler. Diese Erfahrung musste in diesem Schuljahr auch die Schüler­mitverwaltung mit Ste­phan Greisser, Stephan Sailer und Nina Lowitzki machen. Im Jahresbericht haben sie sich ihre Kritik an den Mitschülern einmal von der Seele geschrieben: „Trotz diesjähriger sehr reger Aktivität (wie uns von mehreren Seiten bestätigt wurde) ist es uns auch damit nicht gelungen, das Interesse unserer Schüler, bis Ausgabe 1/1981 der Jugendzeitung "Limes" - Herausgegeben von Peter Bachsleitner, Sabrina Ester, Oliver Hamm, Peter Kremer, Angelika Schneider, Stefan Greißer u.a.auf wenige Ausnahmen, zu wecken und die allgemein vorherrschende Passivität an unserer Schule (vor allem, wenn es darum geht, an der Schulgestaltung mitzuwirken) abzu­bauen. Die Resonanz auf unsere Veranstaltungen war, wenn man von den Schulbällen und Film­nachmittagen absieht, äußerst gering. Weder unsere Wandzeitung noch unser Drogen-Info-Nachmittag noch der Aufruf zur Mit­arbeit beim „LIMES", unserer Schülerzeitung, erweckte nennenswerten Ta­tendrang unter den Schülern. Unsere Arbeitsgruppen, anfangs noch stark florierend, wurden immer kleiner und unser Optimismus und unsere Freude an der SMV-Arbeit auch. Durch die Großzügigkeit der Schulleitung war es uns möglich, unsere Aktivität auf ein Vielfaches des letzten Jahres auszu­bauen, doch die Reaktion gleicht dem Ergebnis der vorhergegangenen Jahre. Leider! - Uns stellt sich jetzt die Frage, was soll die SMV überhaupt noch tun, damit den Schülern klar wird, dass die Schule nicht nur „Paukstu­dio" sein sollte und dass die Schulgestaltung zum Teil auch in ihren Händen liegt.“[6]

 

1980/81 - 838 Schüler – Herbert Förster, Elisabeth Frankenberger, Dr. Alfred Hufnagl, Michael Osterhammer

Drei Lehrer wurden am Ende des Schuljahres in den Ruhestand verab­schiedet – der Musikpädagoge Martin Fanderl, der Lehrer für Sport und Biologie Ludwig Lörler und der Deutsch- und Ge­schichtslehrer Karl Raab -, jeder von ihnen eine unverwechselbare Persön­lichkeit. Diese drei Stu­diendirektoren hatten das Werdenfels-Gymnasium durch ihre jahrzehn­te­lange pädagogi­sche Tätigkeit in hohem Maß geprägt. Mit ihnen ging auch eine Epoche zu Ende. Ober­studiendirektor Dr. Richard Kopp brachte dies mit  seinen Abschiedsworten zum „Gene­rationswechsel“ zum Ausdruck: „Das ist nicht der übliche Wechsel, den jede größere Schule Jahr für Jahr zu verkraften hat… Dieses Ausscheiden ist das Zeichen, dass eine einzigar­tige Generation aus dem öffentlichen Erziehungssystem ausscheidet.

Diese Generation hat als Erlebnishintergrund drei kollektive Erfahrungen: Teilnahme am 2. Weltkrieg und zwar gerade als einer der Jahrgänge, die am fürchterlichsten in den Krieg gerieten…; Wiederaufbau Deutschlands, und zwar ein Wiederaufbau, den nie­mand sich 1945 auch nur vorstellen konnte…, ein Wieder­aufbau, der zu den wenigen Wundern gehört, mit de­nen sich kaputte Völker wieder auf die Beine zu bringen ver­mochten; Politi­scher Neubeginn mit einem zweiten Versuch zur Demokratie in Deutsch­land, - wobei gerade diese Generation, obwohl sie aus sehr an­deren Erfah­rungen her­kam, Demokratie in Deutschland möglich und wirk­lich machte.

Generationenwechsel - Abschied von Karl Raab, Ludwig Lörler und Martin Fanderl - 1981Es steht zu bedenken, dass es für das Erziehungssystem in Deutschland ei­nen Unter­schied machen wird, wenn Lehrer mit diesen Erlebnishintergrün­den nicht mehr in der Schule stehen: weil Gefahr besteht, dass das erfah­rene, erlittene Wissen, dass Krieg furchtbar, mörderisch, unheldisch ist, verloren geht. Und Dank diesen Männern, dass sie nicht nachträglich der wohl­feilen Versuchung verfielen, mit dem sicheren Abstand der Überlebenden, den Krieg und ihre eigene Rolle darin zu heroisieren oder zu verharmlo­sen.

Und es besteht Gefahr, dass das erfahrene Wissen von einer Nullpunktsitu­ation wie 1945 verloren geht und damit das Wissen von solidarischer harter Arbeit, von beschei­densten Ansprüchen, von Zukunft, die man nicht hat, son­dern sich erarbeitet. Und es besteht Gefahr, dass nachkommende Ge­ne­rationen Demokratie als so selbstver­ständlich hinnehmen wie Was­ser und Luft, - obwohl auch Wasser und Luft nicht so selbstverständlich sind. Hof­fentlich bringen wir und die, die jünger sind als wir, es einmal, we­nigstens einmal, fertig, die beschämende Weisheit außer Kraft zu setzen, dass man nie aus den Erfahrungen anderer lernt, sondern alles am eigenen Leib er­fahren muss.“[7]

 

1981/82 - 1075 Schüler – Dr. Ludwig Götz, Thomas Näbauer, Hans Schaffer, Gebhard Zinßer

Das Werdenfels-Gymnasium konnte in diesem Schuljahr sein Pädagogi­sches Seminar erweitern. Neben der Fächerkombination Deutsch und Englisch wurde ein weiteres Seminar mit der Fächerverbindung Sport weib­lich und Sozialkunde eingerichtet. Die beiden Fachseminare wurden von Studiendirektorin Gerty Roscher (Sport) und Oberstudienrat Alois Schwarzmüller (Sozialkunde) geleitet. Die Referendarinnen und Referen­dare beider Seminarjahrgänge zeigten sich recht zufrieden mit der Situation am Werdenfels-Gymnasium: „Positiv sei es vor allem, dass sie im Lehrer­kollegium von Anfang an freundlich aufgenommen würden, nicht wie Schü­ler der 14. Klasse. Die guten Erfahrungen mit Seminarlehrern und Schule könnten jedoch nicht über die hohen Lebenshaltungskosten in Garmisch-Partenkirchen hinwegtäuschen.“[8]

Ein recht spontanes „Festessen“ veranstalteten Schülerinnen und Schüler des WG im Mai 1982 auf dem Richard-Strauss-Platz vor dem Kongress­zentrum. An langer Tafel wurde in großer Abendgarderobe Sekt getrunken und Kartoffelsalat gegessen – eingeladen hatte dazu die ebenfalls recht un­vermittelt gegründete „Gesellschaft zur Hebung des Garmisch-Par­ten­kirchner Gesellschaftsstresses“. Weder die Schulleitung noch die hohe Polizei sahen sich veranlasst, dem Spaß vorschnell ein Ende zu be­reiten. Die Alles-ist-Party-Generation schaute einmal in der Provinz vorbei.

Die neue Theatertruppe inszenierte, unter der Regie von Gerd Henzler, Friedrich Dürrenmatts Komödie „Die Physiker“. Vier Jahre vor Tschernobyl hörten die Zuschauer diese Schlusssätze: „Meine Weisheit zerstörte meine Gottesfurcht und als ich Gott nicht mehr fürchtete, zerstörte meine Weisheit meinen Reichtum. Nun sind die Städte tot, über die ich regierte und ir­gendwo um einen kleinen, gelben, namenlosen Stern kreist, sinnlos, im­merzu, die radioaktive Erde.“[9]

38 ausländische Kinder besuchten in diesem Schuljahr das Werdenfels-Gymnasium:  5 aus Großbritannien, 2 aus Kanada, 2 aus Italien, 9 aus den USA, 13 aus ÖsterreiDr. Richard Kopp - 1982ch und je eines aus Griechenland, Indien, Iran, Irland, Japan, Jugoslawien und Spanien.[10] Dabei fällt auf, dass Schülerinnen und Schüler aus den klassischen Heimatländern der ausländischen Arbeitneh­mer wie der Türkei kaum vertreten waren.

Neue Herausforderungen im Ausland suchte der Mann, der seit September 1975 das Werdenfels-Gymnasiums als Schulleiter geformt und geprägt hatte – Dr. Richard Kopp. Mit Beginn des Schuljahres 1982/83 wollte er die Leitung der deutschen Schule in Las Palmas auf Gran Canaria überneh­men. „Alte Routinen verlassen und neue Herausforderungen annehmen“, mit dieser Forderung an sich selbst kehrte der „Globetrotter-Pädagoge“ dem Gymnasium in Garmisch-Partenkirchen den Rücken, nicht ohne mit ei­nem Gefühl des Trennungsschmerzes noch einmal auf seine alte Schule zu blicken: „Garmisch-Partenkirchen war eine sehr gute Zeit für mich. Ich hatte richtig Glück, dass ich hierher gekommen bin.“[11]

Brauchen moderne Globetrotter noch Altgriechisch? In diesem Schuljahr wurde am Werdenfels-Gymnasium das letzte Griechisch-Abitur von einer größeren Gruppe von Absolventen abgelegt.


[6] Jahresbericht 1979/80 S. 38

[7] Jahresbericht 1980/81 S. 2

[8] Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 22.12.1981

[9] Friedrich Dürrenmatt, Die Physiker - Zürich 1998, S. 86 f

[10] Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 15.05.1982

[11] alle Zitate Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 07.08.1982

 


 

© Alois Schwarzmüller 2006