Werdenfels-Gymnasium Garmisch-Partenkirchen - 1950-2003 - Entwicklung und Bewährung

 



1951/52 - 591 Schüler  -  Otto Neumeister, Wilhelm Moser, Leonhard Bauer

Bis zum November 1951 war man weder in der Reformfrage noch in der Raumfrage auch nur einen einzigen Schritt weitergekommen. Die Eltern­schaft verfasste eine wü­tende Protestresolution. 200 erboste Eltern drohten gar mit einem Schulstreik, nach­dem ihnen von Oberstudiendi­rektor Hölle­rer mitgeteilt werden musste, dass von den be­nötigten Klassenzimmer mit Balkon - 1953Mitteln in Höhe von 850000.- DM gerade einmal 100000.- DM durch ein Kreis­sparkassendarle­hen gesichert werden konnten. Das Kultusministerium hatte  zwar auch 100000.- DM „in Aussicht gestellt“, aber die US-Behör­den konnten sich noch immer nicht entscheiden, ob sie den Bau fördern würden oder nicht. Die ziemlich trostlose Lage fasste Höllerer in den Satz zusammen, „dass man alles in allem nicht allzu viel Ver­trauen in eine baldige Weiterführung des Baues haben könne.“[16] Das alles, ob­wohl der El­ternbeiratsvorsitzende Gesandter a.D. Dr. Hinrichs wiederholt darauf hingewiesen hatte, dass der alte Bau lebensgefährlich war – ein Schüler war bereits in die Decke ei­nes Klassenraumes eingebrochen. Trockenfäule hatte dem Gebäude heftig zu­gesetzt.

Einziger Lichtblick – die Wäscherei der amerikanischen Truppen in Gar­misch-Parten­kirchen war aus den Kellerräumen der Schule aus- und in das ehemalige Heeres­verpflegslager umgezo­gen. Höllerer versprach, diese Räumlichkeiten so bald wie mög­lich als Grund­stock für die naturwissenschaftliche Abteilung der Schule zu nut­zen.

Überhaupt hatte man recht großzügig geplant - im Erdgeschoß fünf wei­tere Klassen­zimmer, einen Lichtbild- und einen Sammlungsraum, ein Ge­schäftszimmer und ein Sprechzimmer. Im ersten Obergeschoß sollten fünf Klassenräume, das Direktorat, das Sekretariat und das Lehrerzim­mer un­tergebracht werden. Und im zweiten Obergeschoß waren vier Klassenzim­mer, ein Zeichensaal und zwei Lehrmittelzimmer vorgesehen. Im Dachge­schoß gab es einen Musiksaal mit Instrumentenzimmer. Der Hausmeister sollte im Keller eine Wohnung erhalten. Die örtliche Bau­leitung lag bei dem einheimischen Ar­chitekten Artur Holzheimer, der die Vor­kriegspläne von Profes­sor Bieber überarbeiten und umsetzen sollte. Die Garmisch-Parten­kirchner Baufirmen Zwerger und Saffer waren für die Bauausführung ver­antwortlich, die Spenglerarbeiten wurden von der Firma Bo­denmeier, die Zimmererar­beiten von der Firma Maurer über­nommen. [17]

Und alles sollte am 1. November des kommenden Schuljahres schlüs­selfer­tig übergeben werden – das immerhin war das Ergebnis einer Sit­zung des Kreistages Garmisch-Par­tenkirchen vom 18. Dezember 1951. Gerhard Bruner im "Apostelspiel" - 1950

Zur gleichen Zeit trat der Elternbeirat der Schule der „Elternvereinigung der höheren Schulen Bayerns“ bei, der heutigen Landeselternvereini­gung. Da­von erhoffte sich die Elternvertretung mehr Druck auf das Mi­nisterium in al­len Fragen des Schulneubaus ausüben zu könne. Von der Elternvertretung der Oberschule wurde auch die Einrichtung einer ein­sprachigen 6-klassigen Realschule „in Rücksicht auf die wirtschaftlichen Gege­benheiten unseres Kreisgebietes“ als dringende Notwendigkeit dargestellt und empfoh­len.[18]

An der Schulspeisung nahmen 280 (42 Prozent) der Schüler teil, im Vor­jahr waren es noch 374 bzw. 62 Prozent. Erstmals wurde in diesem Schul­jahr  „auf Grund ministerieller Anordnung“ kein Schulgeld mehr er­hoben.[19] In Kombination mit weitgehender Lehrmittel­freiheit und der Unter­stützung von etwa 20 Prozent „würdiger und bedürftiger Schüler“ durch Ausbildungs­beihilfen war damit ein einschneidender sozialer Fort­schritt zu erkennen, der es auch Kindern aus einkommensschwächeren Familien ermöglichte, die Schule zu besuchen.


1952/53 - 652 Schüler – Thomas Dankerl, Georg Deubler, Otto Gilke, Dr. Emil Meyerhöfer, Karl Raab, Hedwig Strobel 

Selbst im Deutschunterricht wurde deutlich, dass die bauliche Gestalt des Schulhauses neue Formen annahm:Glückliche Abiturientinnen und Abiturienten - 1953 „Unser Neubau“ wurde den Schülern der Klasse 6k als Rah­menthema für den Deutschen Hausauf­satz gestellt. Der zweite Bauabschnitt des neuen Gebäudes konnte endlich am 7. März 1953 eingeweiht und seiner Bestimmung    übergeben werden. Jetzt waren fast alle Wünsche erfüllt. Stolz und zufrieden heißt es im Jahresbe­richt: „Wir gewannen insgesamt 13 neue Schulsäle, je ei­nen Zeichensaal, Mu­siksaal, Lichtbildraum und ein Lehrmittelzimmer, dazu vier Verwaltungs­räume, ein ein­fach, aber gut ausgestattetes Leh­rerzimmer und einen größe­ren Bibliotheksraum.“[20] Frei­lich mussten im­mer noch sechs Klassen im al­ten Gebäude unterrichtet werden und die Aula wartete noch auf ihre Vollen­dung.

Der Dank der Schulleitung galt Landrat Renk, der mit dem Kreistag die Fi­nanzierung des aufwändigen Neubaus sichergestellt hatte[21], den Archi­tek­ten Oswald Bieber und Ar­thur Holzheimer, Kreisbaumeister Fröscheis und nicht zuletzt Direktor Hirschbold, dem Leiter der Schnitzschule Par­tenkir­chen, der mit seinen Schülern die Kruzifixe für Metzgerei Hans Neuner - 1953alle neuen Klassen­zimmer  angefertigt und gestiftet hatte.[22] Oberstudiendirektor Höllerer schloss seine Rede mit den Worten: „Gott hat bisher immer seine Hand über diesen Bau gehalten. Gebe Gott, dass auch die Zukunft uns Glück in diesem Hause be­schere und möge er vor allem unsere Arbeit als Er­zieher für die Toleranz, die Humanität und die Demokratie segnen.“[23]

Ein Kuriosum war auch noch dabei, auf das Walter Kiefhaber, dichtender Studienrat der Oberrealschule, in einem „Oberschüler-Zwiegespräch zum Thema Neubau mit Metzgerei“ aufmerksam machte:[24]

„Bei uns hams jetzt a Schuihaus baut,

a Schuihaus, Menschenskind, ois nei,

a Metzgerei is a dabei.“

„A geh, sog gscheit, du liagst mi o,

a Metzgerei am Schuihaus dro!

Vielleicht wegn dem, dass ummilaufts

Und enk recht oft a Hirn drin kaufts!“

Metzgerei Neuner mit WG-Aula - 1953Die Metzgerei Neuner versorgte von Stund an und viele Jahre lang bis 1969[6] unge­zählte Schüler in den Pausen mit Semmeln, Le­berkäse und sau­ren Gurken – es soll der geisti­gen Entwicklung der Zöglinge nicht ge­schadet ha­ben.

Die „noch schwache Tradition dieser Unterrichts­stätte“ versuchte Dr. Hin­richs, der Vorsitzendes des Elternbeirats, mit dem Vorschlag zu stärken, man möge der Schule den Namen „Richard-Strauss-Schule“ verlei­hen. Der Vorschlag fand aber wohl bei den zuständigen Behörden keine Ge­gen­liebe. Auch der Gedanke des Elternbeirats, durch die Angliede­rung einer Realschule an Oberschule und Gymnasium die starke Über­bele­gung zu verringern, wurde vom Ministerium nicht aufgegriffen. Wie weit die Bitte des Schulleiters Dr. Loskarn, „die Schüler mögen ohne genagelte Schuhe zum Unterricht kommen“[25], erhört wurde, konnte nicht mehr recher­chiert wer­den.

Mit dem Schuljahr 1952/1953 endete schließlich auch die segensreiche TätiOStD Josef Höllerer - 1953gkeit von Josef Höllerer als Schulleiter. Seit 1926 stand er - unterbrochen nur durch eine von den Nazis erzwungene Pause von 1943 bis 1945 -  an der Spitze „seines“ Gymnasiums. 27 Jahre stellt er seine un­erschöpfliche Arbeitskraft in den Dienst der Schülerinnen und Schüler aus Garmisch-Par­tenkirchen und Umgebung. Höllerer hatte aus der „Pri­va­ten Realschule Garmisch-Partenkirchen mit Lateinkursen“ eine ange­sehene Bildungsstätte für den gesamten Land­kreis gemacht. Dr. Loskarn, sein Nachfolger, wür­digte ihn mit den Worten: „Wenn die hie­sige Oberrealschule mit Gymnasium nunmehr zu den bestausgestatte­ten und musterhaftesten Unterrichtsstätten Deutschlands gehört, so ist das dem scheidenden Oberstudiendirektor zu verdanken.“[26] An 27 Abitu­rien­ten durfte Höllerer ein letztes Mal die Zeug­nisse aushändigen.


  Schülerzeichnung Schülerzeichnung  



[16] GPT 08.11.1951

[17] GPT 10.05.1952

[18] Jahresbericht über das 34. Schuljahr 1951/52 S. 29

[19] ebd. S. 31

[20] Jahresbericht über das 34. Schuljahr 1952/53 S. 26

[21] Wie schwierig die Finanzierung war, mag aus der folgenden Aufstellung hervorgehen:

300.000.- DM kamen von der Bayernversicherung, 40.000.- DM aus einer verstärkten Grundsicherung,    215.000.- aus Zuschüssen bzw. Darlehen des Freistaates Bayern, 200.000.- DM aus dem Grundstock des Bayerischen Finanzministeriums, 20.000.- aus einem Grundförderungsaufkommen und 95.000.- waren die Eigenmittel des Landkreises. „Bis diese Schulden abgetragen sind, wird unser Landkreis sehr sparen müssen,“ erklärte Landrat Renk. (Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 16.01.1953)

[22] Jahresbericht über das 34. Schuljahr 1952/53 S. 27

[23] Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 09.03.1953

[24] Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 14.03.1953

[25] Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 10.06.1969

[26] Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 16.03.1953

[27] Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 16.07.1953

 

 

 

© Alois Schwarzmüller 2006