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Werdenfels-Gymnasium Garmisch-Partenkirchen - 1919-1932 - Die Realschule in der Weimarer Republik |
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1931/32
- 198 Schüler Auch in diesem Schuljahr stand die Klage über die finanzielle Misere der Schule im Mittelpunkt der verschiedenen Berichte. Das Schulgeld musste von 190.- RM auf 200.- RM erhöht werden, die Schulgeldermäßigungen wurden weiter verringert. Staatliche und kommunale Erziehungsbeihilfen blieben vollständig aus. Die erstmals erbetene „Elternspende“ erbrachte für das ganze Schuljahr 210.- RM, ein kleiner Tropfen auf einen sehr heißen Stein. Die Schulleitung regte an, dass jede Gemeinde des Bezirkes Garmisch, aus der Schüler der Realschule kamen, für einen ihrer Schüler das Schulgeld übernehmen sollte. Es blieb beim Wunsch, die Gemeinden waren kaum noch zahlungsfähig. Kein Wunder, dass sich die soziale Zusammensetzung der Schülerinnen und Schüler in diesen Jahren veränderte – von 198 Kindern kam ein einziges aus der Landwirtschaft und nur sechs aus der Arbeiterschaft. 60 Väter waren Beamte, 89 selbständige Handwerker, Geschäftsleute und leitende Angestellte. Erstaunlich, dass in diesen Zeiten aber doch noch Mittel zur Verfügung gestellt werden konnten, mit deren Hilfe die neuesten Medien auch in der Garmisch-Partenkirchner Realschule Einzug hielten: Statt Wandkarten wurden „Bildserien auf Kleinfilmen“ beschafft und ein „Bildwurfgerät“, ein Epidiaskop der Firma Leitz, wurde immer häufiger zur Belebung und Ergänzung des Unterrichts verwendet, besonders im Zeichnen, in Geographie und Naturkunde. [19] Dummerweise fehlten aber noch die Mittel für eine ordentliche Verdunkelungseinrichtung. Für das kommende Schuljahr wurde sogar die Einrichtung des Schulrundfunks geplant. Die Rede, die Reichskanzler Heinrich Brüning am 10. Februar 1932 vor der Abrüstungskonferenz in Genf hielt, wurde den Schülern der oberen Klassen noch über ein privates Empfangsgerät „zu Gehör gebracht“.Der „Verein für das Deutschtum im Ausland“ wuchs und beeinflusste das Schulleben immer stärker, „fast alle Schüler der 4 oberen Klassen“ waren Mitglieder[20]. Seine Jugendgruppe widmete sich insbesondere der „Pflege des vaterländischen Gedankens, eines Leitgedankens unseres gesamten Unterrichts.“[21] Immer mehr Probleme bereitete der Schule die Mitgliedschaft von Schülern in politischen Vereinigungen, Parteien und Organisationen. In Bayern war den Schülern die Zugehörigkeit zu solchen Vereinigungen zwar verboten, in der Praxis gab es aber auch an der Realschule Garmisch-Partenkirchen immer wieder Verstöße gegen dieses Verbot. In Murnau organisierte der „Stahlhelm“ gut besuchte Treffen jugendlicher Mitglieder. Die Nachforschungen des Direktorats ergaben lediglich, dass einige „sonst durchaus anständige und brave Schüler aus Murnau in Unkenntnis oder aus Missverständnis der Bestimmungen sich an Übungen beteiligt hatten.“ Die Leitung der Murnauer Jung-Stahlhelm-Gruppe lag in den Händen eines Weilheimer Rechtsanwaltes, der die 15- und 16-Jährigen vor allem mit vormilitärischen Geländeübungen köderte.[22] Eine größere Gefahr ging von der Hitler-Jugend aus. Der Schulleiter befürchtete, dass der Jugendverband der NSDAP „auf unsere Anstalt überzugreifen drohe.“[23] Keimzelle der Garmisch-Partenkirchner HJ war nach Erkenntnissen des Direktorats das Schülerheim „Tat Kraft“, das von einem Herrn Dolle geführt wurde. Die Schulleitung vermutete, dass viele Heimzöglinge Mitglied der Hitler-Jugend waren. Die HJ trat nicht offen auf, sondern tarnte sich als „Kegelklub Partenkirchen“. Auf Befragen hatte ein Schüler der 4. Klasse zugegeben, dass dieser Kegelklub ganz im Sinne der „Hitlerbewegung“ agierte und agitierte.[24]
1932/33 - 181 Schüler „Nicht verschwiegen sei, dass die politischen Umwälzungen, besonders in den ersten Wochen, auch unserer Anstalt gewisse Schwierigkeiten nicht ersparten.“ Mit diesen Worten kommentierte der Schulleiter die Machtergreifung der Nationalsozialisten - auch an seiner Schule.[25] Es gab nicht wenige Versuche in den ersten Tagen und Wochen, in den Klassen oder auf dem Pausenhof die Sympathien für das Regime der Nazis dadurch zu zeigen, dass das Parteilied der NS-Bewegung, das Horst-Wessel-Lied, lauthals angestimmt wurde. Dazu kam, „dass manchem Jungen, der etwa im Scharnhorst-Bund oder in der Hitler-Jugend in kürzester Zeit zu einer verhältnismäßig weitreichenden Befehlsgewalt über seine Kameraden gelangte, dies zu Kopfe stieg.“[26] Die Einrichtung einer „Drahtfunkanlage“ ermöglichte den Schülern von diesem Schuljahr an tatsächlich, das neusprachliche Programm von Radio München zu hören. Ein „störungsfreier und lautlich befriedigender Empfang“[27] konnte gesichert werden. In den ersten Wochen und Monaten des Jahres 1933 wurden auf diese Weise aber nicht nur Schulfunksendungen gemeinsam gehört, sondern zahllose Reden der neuen nationalsozialistischen Machthaber. Der Rundfunk erwies sich als großartiges Medium zur Verbreitung der NS-Gedanken geradewegs in die Köpfe der jungen Leute hinein, deren Seelen schon seit Jahren präpariert worden waren durch den vielfach beschworenen „vaterländischen Geist.“ Der gleiche Reichspräsident von Hindenburg, der am 2. Oktober 1932 als „geradlinige Persönlichkeit von monumentalem Charakter, ... als Herold strengster Pflichterfüllung und opferwilliger Treue... der Jugend zu leuchtendem Vorbild“[28] in der Schule anlässlich seines Geburtstages gefeiert und empfohlen wurde, sollte am 30. Januar Deutschland an Hitler und seine braunen Terrorbanden ausliefern. Am „Tag von Potsdam“ – 21. März 1933 - verfolgten die Garmisch-Partenkirchner Schülerinnen und Schüler das zynische und demokratiefeindliche Spektakel via „Drahtfunk“. Wie schnell sich die Sprache dem neuen politischen System unterwarf, das zeigte der Bericht über die schulärztliche Untersuchung im laufenden Schuljahr. Dort hieß es ganz ungeniert: „Es handelt sich bei den untersuchten Schülern um ein Material, das vom Standpunkt der körperlichen Entwicklung als ausgesucht bezeichnet werden muss.“[29] Der Verfasser setzte noch die Vermutung hinzu, dass „ein großer Teil erbbiologisch gesunden Familien zu entstammen scheint.“[30] Die finanzielle Lage von Schule und Schülern hatte sich nicht verbessert. Der „sozialen Schulfürsorge“ standen „auch diesmal keinerlei Mittel des Staates oder Kreises für Ausbildungs- und Erziehungsbeihilfen zur Verfügung.“[31] Dagegen nahmen die Stundungsgesuche und die Schulgeldrückstände laufend zu. Nur wenige Schülereltern und die Gemeinden Garmisch und Obergrainau beteiligten sich noch an der Förderung begabter, aber mittelloser Schüler. Aus diesem Topf kamen wohl auch die finanziellen Mittel zur Errichtung des ersten eigenen kleinen Sportplatzes der Realschule, der nur zwei Minuten von der Schule entfernt angelegt wurde. Erfreulich hatte sich in den vergangenen schwierigen Jahren der Weltwirtschaftskrise die Situation bei den Schulabgängern entwickelt. „Mit Befriedigung“ stellte das Direktorat fest, „dass (man) von den letzten 5 Jahrgängen fast alle abgehenden Schüler in Berufen unterbringen konnte, meist als Lehrlinge in Bank- oder Sparkassenbetrieben oder im Gemeinde- bzw. Kurverwaltungsdienst.“[32] [19] Jahresbericht 1931/32 S.15 [20] Jahresbericht 1931/32 S.17 [21] Jahresbericht 1931/32 S.17 [22] Niederschrift der Lehrerratssitzung am 28.11.1931 [23] Niederschrift der Lehrerratssitzung am 28.11.1931 [24] Niederschrift der Lehrerratssitzung am 28.11.1931 [25] Jahresbericht 1932/33 S.18 [26] Jahresbericht 1932/33 S.18 [27] Jahresbericht 1932/33 S.15 [28] Jahresbericht 1932/33 S.16 [29] Jahresbericht 1932/33 S.18f [30] dto [31] Jahresbericht 1932/33 S.19 |
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