"Im Großen und Ganzen willig und brauchbar"
Zwangsarbeit in Garmisch-Partenkirchen 1940-1945

 

 

 

„Jetzt muss der Frieden sich dem Schrecken stellen, den der Krieg hinterlassen hat.“[1]

Die Auseinandersetzung mit der Lokalgeschichte der Jahre von 1933 bis 1945 und darüber hinaus hat Garmisch-Partenkirchen erst in jüngster Zeit erreicht. Die Rolle der Zwangsarbeiter, der Kriegsgefangenen, der „Ostarbeiter“ und der Zivilarbeiter wurde bisher kaum wahr­genommen. Es fehlt die lokale Erzählung, es gibt keine fotografischen Erinnerungen, keine Dokumente, keine Tagebücher und Aufzeichnungen der Betroffenen selbst. Auch nicht auf der Seite der „Arbeitgeber“. Orte der Erinnerung sind kaum überliefert. Das größte sichtbar gewesene Objekt, das Reichsbahnla­ger am Schlachthof, ist seit Jahrzehnten „entsorgt“. Die Akten des Staatsarchivs München und des Marktarchivs Garmisch-Partenkirchen geben nur bruchstückhaft Einblick in die Arbeits- und Lebens­welt der zur Arbeit Gezwungenen. Wie das Verhältnis zwischen ihnen und ihren einheimischen Arbeit­gebern war, möchte man wissen. Ob sie menschlich oder bösartig behandelt wurden. Ob es Kontakte der Kirchen zu ihren orthodoxen, katholischen und evangelischen Glaubensbrüdern und –schwestern gab. Ob Seelsorge möglich war. Ob es in fremder Erde Bestattungen gegeben hat. Ob Lie­besbeziehungen geknüpft wurden zwischen deutschen und ausländischen Frauen und Männern. Ob die zur Arbeit Gezwungenen die Verhältnisse hier als erträglich oder als schändlich empfanden. Das Schweigen der Einheimischen und das Schweigen der Betroffenen ist eigentlich kein gutes Zeichen.

Andernorts gab es bereits Versuche, das Schweigen zu durchbrechen, die zeitliche und geographische Distanz zu überwinden. In Eschenlohe wurde im Oktober 2012 für die Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen des Zweiten Weltkriegs ein Gedenkstein eingeweiht. Die Gemeinde Oberam­mergau und das Kloster Ettal nahmen schon vor Jahren Kontakt auf mit Menschen, die innerhalb ihrer Grenzen oder ihrer Mauern als Zwangsarbeiter tätig sein mussten. Und haben gute Erfahrungen damit gemacht.

Erinnerung befreit.

 

   
  Mahnmal in Reichenau zum Gedenken an die Opfer des
Arbeitserziehungslagers Reichenau-Innsbruck (1972)
Iwan (Wanja) Gwosdik
*5. Mai 1931   +20. Januar 1944
 
 

[1] Richard Powers, Der Klang der Zeit - Frankfurt a.M. 2009, S. 492

 

© Alois Schwarzmüller 2012