Garmisch-Partenkirchen 1. Januar 1935
Die erzwungene Vereinigung

 

 

 

 

Quelle 3

Garmisch-Partenkirchner Tagblatt – 02.08.1933

Stellungnahme des Gemeinderates Partenkirchen

„Die Notwendigkeit zur gemeinsamen Arbeit besteht für die Gemeinden Garmisch und Partenkirchen auf vielen Gebieten, vor allem aber  auf dem Gebiet der Fremdenwerbung, der Einrichtungen für den Kurbetrieb und der Sportanlagen. Beide Gemeinden sind an diesen Fragen hochgradig interessiert. Bisher war eine Verständigung in diesen Fragen nicht möglich, weil jede Gemeinde die andere auf allen Gebieten des Fremdenverkehrs überflügeln wollte. Zu einer sachlich zweckmäßigen Teilung des Aufgabengebietes konnte man sich niemals entschließen, obwohl wie jetzt auch früher unvermindert die Notwendigkeit bestand, die den beiden Gemeinden zur Verfügung stehenden Mittel zu konzentrieren. Wenn eine solche den Interessen der beiden Gemeinden in gleicher Weise gerecht werdende Linie für die zukünftige Fremdenverkehrspolitik gefunden werden könnte, wäre auch vom Standpunkt der Gemeinde Partenkirchen gegen eine Zusammenlegung nichts einzuwenden. Die schwerwiegenden Bedenken, die hier wegen einer solchen Möglichkeit bestehen, zwingen uns jedoch gegen das „schnellstens“ im Beschluss des Gemeinderates Garmisch vom 25. Juli 1933 Stellung zu nehmen. Hierfür sind uns folgende Gründe maßgebend:

Nach den Bestimmungen der Gemeindeordnung gibt es keine Zusammenlegung von Gemeinden, sondern nur eine Auflösung der einen Gemeinde und deren Einverleibung in die andere. Die eine Gemeinde geht unter, während die andere Gemeinde in vergrößertem Umfange weiterbesteht.

Die beiden Gemeinden Garmisch und Partenkirchen sind annähernd von gleicher Größe hinsichtlich der Häuserzahl, gleicher Einwohnerzahl und gleicher steuerlicher Leistungsfähigkeit.

Dagegen ist derzeit die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Gemeinde Garmisch größer, weil die Gemeinde Partenkirchen bei der jetzigen ungünstigen Marktlage für Realwerte stark verschuldet erscheint. Auf der anderen Seite hat Partenkirchen eine ältere Tradition und namentlich in gesundheitlicher Hinsicht und in seiner Bedeutung als Kurort die weitaus günstigere örtliche Lage.

Eine dem Gemeinderat Partenkirchen als genügend erscheinende Sicherheit kann nicht auf dem Papier gegeben werden, sondern sie muss durch vorausgehende positive Gestaltung der Verhältnisse und Einrichtungen geschaffen werden. Die nächste Aufgabe ist daher die Zusammenarbeit und gemeinsame Festlegung einer einheitlichen Fremdenverkehrspolitik durch die vorläufig noch getrennt bestehenden Gemeinden. Als Weg dafür erscheint uns der zweckmäßigste die Einrichtung eines Zweckverbandes für die Kurverwaltung in der von uns bisher schon angeregten Weise.“

 

Quelle 4

31.07.1933

Gemeinderat Partenkirchen - Protokoll der Sitzung vom 31.07.1933

Der Gemeinderat Garmisch hat am 25. Juli 1933 einstimmig einen Antrag angenommen, wonach „die Gemeinden Garmisch und Partenkirchen schnellstens zu einer politischen Gemeinde vereinigt werden sollen“

Zu diesem Antrag nimmt der Gemeinderat Partenkirchen wie folgt Stellung:

"Die Notwendigkeit zu gemeinsamer Arbeit be­steht für die Gemeinden Garmisch und Partenkirchen auf vielen Gebieten, vor al­lem aber auf dem Gebiet der Fremdenwerbung, der Einrichtungen für den Kurbe­trieb und der Sportanlagen. Beide Gemeinden sind an diesen Aufgaben hochgradig  interessiert. Bisher war eine Verständigung in diesen Fragen nicht möglich, weil jede Gemeinde die andere auf allen Gebieten des Fremdenverkehrs überflügeln wollte. Zu einer sachlich zweckmäßigen Teilung des Aufgabengebietes konnte man sich niemals entschließen, obwohl, wie jetzt so auch früher, unvermindert die Notwendigkeit bestand, die den beiden Gemeinden zur Verfügung stehenden Mit­tel zu konzentrieren und in einer einheitlichen Linie einzusetzen. Welche (sic) eine sol­che, den Interessen der beiden Gemeinden in gleicher Weise gerechtwerdende Linie für die zukünftige Fremdenverkehrspolitik gefunden werden könnte, so wäre auch vom Standpunkt der Gemeinde Partenkirchen gegen eine Zusammenlegung nichts einzuwenden. Die schwerwiegenden Bedenken, die hier wegen einer solchen Mög­lichkeit bestehen, zwingen uns jedoch, gegen das „schnellstens“ im Beschluss des Gemeinderates Garmisch vom 25. Juli 1933 Stellung zu nehmen, und das Wort ei­ner langsamen Entwicklung in dieser Richtung zu reden. Hierfür sind uns folgende Gründe maßgebend:

Nach den Bestimmungen der Gemeindeordnung gibt es keine Zusammenlegung von Gemeinden, sondern nur Auflösung der einen Gemeinde und deren Einverleibung in die andere. Die eine Gemeinde geht unter, während die andere in vergrößertem Umfang weiterbesteht.

Die beiden Gemeinden Garmisch  und Partenkirchen sind annähernd von gleicher Größe hinsichtlich der Häuserzahl, gleicher Einwohnerzahl und gleicher steuerlicher Leistungsfähigkeit.

Dagegen ist derzeit die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Garmischs größer, weil die Gemeinde Partenkirchen bei der jetzigen ungünstigen Marktlage für Realwerte stark verschuldet erscheint. Auf der anderen Seite hat Partenkirchen eine ältere Tradition und namentlich in gesundheitlicher Hinsicht in seiner Bedeutung als Kurort die weitaus günstigere örtliche Lage.

Der Gemeinderat Garmisch wird mit seinem Beschluss vom 25.7.33 kaum die Absicht verfolgen, die Gemeinde Garmisch aufzulösen und sie in die Gemeinde Partenkirchen einverleiben zu lassen. So ist auch der Gemeinderat Partenkirchen nicht in der Lage, die Auflösung der Gemeinde Partenkirchen zu beschließen, solange nicht eine weitgehende Sicherheit für die Wahrung der Partenkirchner Interessen besteht. Eine dem Gemeinderat Partenkirchen als genügend erscheinende Sicherheit kann nicht auf dem Papier gegeben werden, sondern sie muss durch vorausgehende positive Gestaltung der Verhältnisse und Einrichtungen geschaffen v/erden. Die nächste Aufgabe ist daher die Zusammenarbeit und die Festlegung einer einheitlichen Fremdenverkehrspolitik durch die vorläufig noch getrennt bestehenden Gemeinden. Als Weg dafür erscheint uns der zweckmäßigste die Errichtung eines Zweckverbandes für die Kurverwaltung in der von uns schon bisher angeregten Weise. Nach der Errichtung des Zweckverbandes können demselben nach und nach weitere Aufgaben des Fremdenverkehrs übertragen werden, so dass der Zweckverband am Schlusse allein die mit dem Fremdenverkehr zusammenhängenden Aufgaben betreuen wird. Ist man auf diese Weise auf dem Gebiete des Fremdenverkehrs zu einer in gleicher Weise die Interessen der beiden Gemeinden befriedigenden Lösung gekommen, so können auch alle übrigen Aufgaben der Gemeinden gemeinsam gelöst werden. Es ist vor allem notwendig, dass von nun an jedes Nebeneinanderarbeiten aufhört und alle zu lesenden Fragen im Hinblick auf eine spätere Zusammenlegung gelöst werden.

Dementsprechend müssten im Anschluss an die gemeinsame Regelung der Fremdenverkehrsprobleme alle Fragen der Straßenführungen, der Festsetzung von Bebauungsplänen, der Kanalisation, des Schul- und Krankenhauswesens, des Mietautogewerbes u. dgl. gemeinsam beraten und geregelt werden. Ferner wäre Einheitlichkeit in der Erhebung der öffentlichen Abgaben, in den Steuersatzungen, in den Bestimmungen für die Benützung der öffentlichen Einrichtungen, beim Erlass der Polizeivorschriften zu erstreben.

Von ausschlaggebender Bedeutung für die Frage, ob sich der Gemeinderat von Partenkirchen für die Zusammenlegung entschließen kann, wird die Schaffung eines zen­tralen Mittelpunktes in der zukünftigen Gesamtgemeinde Garmisch-Partenkirchen sein. So wenig Garmisch wahrscheinlich den Marktplatz in Partenkirchen als Mittelpunkt der künftigen Gesamtgemeinde hinnehmen wird, ebenso wenig wird der Gemeinderat Partenkirchen einer Verlegung dieses Mittelpunkts an den Marktplatz von Garmisch zustimmen. Eine wichtige Aufgabe der nächsten Zeit wird daher die vorbereitende Schaffung eines Stadtplatzes in dem vorläufig noch gering bebauten Gelände zwischen Garmisch und Partenkirchen sein. Nur auf diese Weise bleiben die jetzigen Gemeinden Garmisch und Partenkirchen gleichwertige Glieder der zukünftigen Gesamtgemeinde und wird die Gefahr vermieden, dass die eine oder andere Gemeinde auf den Charakter eines Vorortes herabgedrückt wird.

Zusammenfassend erklärt der Gemeinderat Partenkirchen seine Bereitwilligkeit zur Mitarbeit an der Frage, auf welche Weise die Zusammenlegung der beiden Ge­meinden Garmisch und Partenkirchen am zweckmäßigsten erfolgen kann. Das Ziel der Unterhandlungen darf jedoch keine Zusammenlegung auf „schnellstem Wege“ sein, sondern muss die Lebensinteressen der Gemeinde Partenkirchen weitgehendst berücksichtigen.“

 

© Alois Schwarzmüller 2006