Garmisch-Partenkirchen 1945-1949 - Die ersten Jahre nach Diktatur und Krieg

 

 

 

 

Entnazifizierung - Selbstreinigung oder Selbstbetrug?

Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme im Januar 1933 wurde Richard Strauss zum Präsidenten der Reichsmusikkammer ernannt. Sein mutiger Einsatz für den jüdischen Librettisten Stefan Zweig setzte aber seiner Karriere in Hitler-Deutschland 1935 ein Ende. 1943 wurde ihm die Ausreise in die Schweiz verboten. Nach Kriegsende wurde Strauss im Entnazifizierungsverfahren als "entlastet" eingestuft. Die wenigen Jahre bis zu seinem Tod verbrachte er zunächst in der Schweiz, dann in Garmisch-Partenkirchen.

 

28.01.1947

„Wird Richard Strauss Hauptschuldiger?“

AP meldet, dass Richard Strauss die österreichische Staatsangehörigkeit erworben habe, in Wien lebe und in Garmisch-Partenkirchen vor die Spruchkammer gestellt werde. Die Führung der Reichsmusikkammer hat er 1935 abgegeben.

„… eine weitere Trübung erfuhr seine Stellung zu den damaligen Machthabern, als er seine persönlichen Beziehungen zu Funk, Frank und Schirach benutzte, seiner jüdischen Schwiegertochter die nötige Sicherheit zu verschaffen. Der Erfolg gab ihm recht: Frau Dr. Strauss war die einzige Jüdin, die ihren Heimatort Garmisch-Partenkirchen während der ganzen Nazizeit nicht verlassen brauchte. Außerdem verschaffte ihm der japanische Gesandte Fürst Konoye als Gegenleistung für die Festhymne zu der 2600-Jahrfeier des japanischen Herrscherhauses die Zusage der deutschen Regierung, fortan die Schwiegertochter als „Vollarierin“ zu behandeln.

1943 wurde ihm erstmalig das Ausreisevisum zu seiner alljährlichen Erholungsreise in die Schweiz verweigert. Erst nach dem Einmarsch der amerikanischen Truppen gelang es ihm, die Erlaubnis zu dieser dringend notwendigen Reise zu erhalten. …soll ihm, wie wir von seinem Rechtsanwalt erfahren, völlig ohne Antrag, 1946 vom österreichischen Bundeskanzler Figl in Anbetracht seiner Bindung an das österreichische und Wiener Musikleben die österreichische  Staatsbürgerschaft verliehen werden…. zunächst zurückgestellt, bis von der Spruchkammer Strauss’ Verhältnis zu dem Dritten Reich geklärt sein wird.“

Hochland-Bote 28.01.1947

 

31.10.1947

Richard Strauss und die Spruchkammer

„Während Richard Strauss in London bei seinem Gastspiel gefeiert wird, läuft hier das Verfahren gegen ihn weiter. Das Befreiungsgesetz schreibt vor, gegen ehemalige Präsidenten und Vizepräsidenten auf „hauptschuldig“ zu klagen… läuft gegen Strauss auch noch das Ermittlungsverfahren. Es ist anzunehmen, dass sich die Kammer mit den Vorwürfen beschäftigt, Strauss habe sich in der Arisierung eines namhaften Musikverlages beteiligt.“

Hochland-Bote 28.01.1947

 

 

 

© Alois Schwarzmüller 2015