Burgrain - der "dritte Ortsteil" von Garmisch-Partenkirchen  -  1974-1989

 

 

 

Vom Bau der evangelischen Friedenskirche bis zur Gründung des Vereins "50 Jahre Burgrain"

 

1974

 Die Bundeswehr „spendiert“ für die Er­richtung der Grundschule Burgrain eine halbe Million. Nach den Richtlinien des Bundesverteidigungsministeriums können Gemeinden für Lasten entschädigt wer­den, die durch die bestehende Garnison bedingt sind. Dies ist in Burgrain der Fall durch den starken Zuwachs an schul­pflichtigen Kindern aus dem wachsenden Kreis der Bundeswehrangehörigen, denn dort stehen zur Zeit 137 Wohnun­gen im Besetzungsrecht der Standortver­waltung Mittenwald.

 Die 78 „Stadi-Wohnungen“ an der Steig­feldstraße bringen zwei Neuheiten mit sich: Erstmals im Landkreis Garmisch­Partenkirchen wird für einen größeren Neubaukomplex ein Lärmschutzwall errichtet. Schon bei der Planung ging man davon aus, „daß die Nähe der viel­befahrenen Bundesstraße B23 einen Schutz der künftigen Bewohner erforder­lich macht. Dieser Wall, der später einmal mit Bäumen und Sträuchern bepflanzt wird, soll auch verhindern, daß Kinder in Gefahr kommen“. Außerdem wird von der Gemeinde die Auflage gemacht, „daß die zwei- und dreistöckigen Häuser mit einer umweltfreundlichen Gashei­zung beheizt werden“.

 Im Oktober des Jahres 1974 wird ein lang gehegter Wunsch der evangelischen Kir­chengemeinde erfüllt: Im Ortsteil Burgrain soll es eine eigene Kirche geben. Die Grundsteinlegung für die evangeli­sche „Friedenskirche“ wird am 12. Ok­tober von Oberkirchenrat Georg Lanzen-stiel vorgenommen.

 Seit vielen Jahren schon ist bei der wach­senden Zahl der evangelischen Christen in Burgrain das Verlangen „nach einer ei­genen evangelischen Kirche auch für den dritten Ortsteil immer dringlicher“ gewor­den. Die Grundstücksfrage und die Fi­nanzierung bereiteten erhebliches Kopf­zerbrechen. Über die Vorgeschichte des Kirchenbaus geben die einleitenden Worte der Grundsteinurkunde Auskunft:

 Die Evangelisch-Lutherische Kirchenge­meinde Garmisch-Grainau errichtet die­ses Kirchengebäude, das den Namen „Friedenskirche“ tragen soll, für ihre in Burgrain wohnenden 580 Gemeindeglie­der. Bisher wurden die Gottesdienste in der 69 Meter südostwärts gelegenen Sied­lungskirche gehalten, die nach dem Zwei­ten Weltkrieg von den Einwohnern der Siedlung Burgrain in Gemeinschaftsar­beit gebaut wurde, bis zur Erbauung der neuen katholischen Kirche „St. Michael“ 1963 der Katholischen Kirchengemeinde für ihre Gottesdienste Raum bot und auch für evangelische Gottesdienste zur Verfü­gung stand. Die Evangelische Kirchenge­meinde ist dankbar, daß sie seit dem Jahre 1963 diese Siedlungskirche zur al­leinigen Benutzung für ihre Gottesdienste gebrauchen durfte. Da die einst notdürftig errichtete Kirche nach fast drei Jahrzehn­ten baufällig geworden ist, vollzog heute der Kreisdekan von Oberbayern, Herr Oberkirchenrat Lanzenstiel aus Mün­chen, die Grundsteinlegung der neuen „Friedenskirche“.

 Der Grundstein der Kirche, so Dekan Lanzenstiel, sei in Burgrain längst vor­handen, Gott selbst habe eigentlich den Grundstein gelegt. Überall auf der Erde werde gebaut, „doch mittendrin muss die­ser Bau, der Bau einer Kirche, als letztes sichtbares Zeichen für den Sinn dieser Welt stehen“.

 Der Entwurf für den zweiten Burgrainer Sakralbau stammt von den Münchner Ar­chitekten Franz Lichtblau und Ludwig Bauer. Pfarrer Friedrich E. Kohls kann als Ehrengäste der feierlichen Zeremonie Landrat Nau, die Bürgermeister Schumpp und Neidlinger und den katholischen Burgrainer Amtsbruder Niedermayer be­grüßen.

  

1975

 Im März gibt es Gas-Alarm in Burgrain: Bei Erdarbeiten am Lärmschutzwall für die „Stadi-Siedlung“ an der Steigfeld­straße beschädigt der Bagger ein Rohr zu einem Gastank mit einem Fassungsver­mögen von 100000 Litern Flüssiggas. Polizei und Feuerwehr sperren die B23, auch der Betrieb der Bundesbahn muss unterbrochen werden. Ein einziger Funke hätte genügt, um eine Katastrophe auszu­lösen. Spezialisten aus München gelingt es schließlich, der Gefahr Herr zu werden.

 Gemeinderat und Kirchenpfleger Karl Volkmer feiert im April seinen 60. Ge­burtstag. Der aus Schlesien stammende Steuerfachmann wird für seine „langjähri­gen und hartnäckigen Bemühungen um Fortschritte für den Ortsteil“ gewürdigt. Sein unermüdlicher Einsatz galt vor al­lem der Errichtung der St. Michaels-Kir­che, des Kindergartens und der Grund­schule. Die Bürgermeister Schumpp und Neidlinger ehren ihn, unter anderem auch mit einer Ortschronik von Garmisch und Partenkirchen „mit Entschuldigung dafür, daß Burgrain darin noch fehle“.

Für die Fußgänger, die im Norden Bur­grains die viel und schnell befahrene B 23 überqueren müssen, kommt im Juni 1975 eine Verbesserung: Ein Fußgän­ger-Tunnel, das den neuen Martin-Lut­her-Platz mit der gegenüberliegenden Straßenseite verbindet, entschärft die Ver­kehrsprobleme in Burgrain wenigstens an dieser Stelle. Einige Monate zuvor hatte man die Tunnel-Lösung zwar von behördlicher Seite aus noch als „proble­matisch“ abgelehnt und sich für eine fuß­gängerfreundliche Druckknopfampel entschieden, nun aber ist man überzeugt, den „beiderseitigen Interessen“ der Fuß­gänger und Autofahrer mit einer Unter­führung am besten entgegenzukommen.

 Im Juli 1975 wird in feierlichem Gottes­dienst die „Friedenskirche“ der evan­gelisch-lutherischen Gemeinde Burgrain-­Farchant-Oberau geweiht. Die neue Kir­che, „ein niedrig gehaltener Bau mit Zelt­dach und Schindelverkleidung“, passt gut in das Burgrainer Ortsbild. Angegliedert sind eine Mesnerwohnung und ein großzügiger Raum für Jugendarbeit. Der Turm, ein ebenfalls mit Schindeln verkleideter Obe­lisk, steht am Eingang der Kirche als „weit­hin sichtbares kirchliches Wahrzeichen“.

 Eine der beiden Glocken im Turm, der übri­gens von der Marktgemeinde auf besonde­ren Wunsch des scheidenden Pfarrers Friedrich Kohls gestiftet wurde, stammt noch aus der ehemaligen kleinen Notkir­che, in der zunächst die Verabschiedung von Pfarrer Kohls stattfindet. In feierli­cher Zeremonie wird schließlich das Tor der neuen Kirche mit dem Mahnspruch eröffnet „Wer hier ein- und ausgeht, möge bedenken, daß Christus das Tor zum ewi­gen Leben ist“. Oberkirchenrat Lanzenstiel wünscht dem neuen Gotteshaus am „Mar­tin-Luther-Platz“ in Burgrain, daß es als „Fluchtburg der Sammlung“ und „Stütz­punkt Gottes“ der Gemeinde in einer „Krise der Angst und mörderischen Gottverges­senheit“ diene. In das Pfarrhaus, das neben der Friedenskirche entsteht, wird 1977 als erster Seelsorger der evangelischen Ge­meinde Burgrain Pfarrer Hermann Bock mit Frau und drei Kindern einziehen.

  

1978

 Bei den Kommunalwahlen im März 1978 werden zwei Burgrainer Kandidaten gewählt: Karl Volkmer (CSU) und Georg Frischmann (SPD) ziehen wieder in den Gemeinderat Garmisch-Partenkirchen ein.

 Aus gesundheitlichen Gründen muss Pfarrer Franz Niedermayer sein Amt als Pfarrherr der katholischen Kirchenge­meinde St. Michael in andere Hände ge­ben. Ihm folgt im September des Jahres 1978 Pfarrer Rudolf Ettenhuber, geb. 1932 in München, 1959 zum Priester ge­weiht, seit 1962 Kurat in Altenau/Saul­grub. Die Schwerpunkte seiner seelsor­gerlichen Tätigkeit sieht er vor allem auf dem Gebiet der Jugendarbeit und der Se­nioren- und Krankenbetreuung.

   

1980

 Im fünften Jahr nach der Einweihung gibt es erneut ein festliches Ereignis in der „Friedenskirche“: Die neue Orgel, auf die man lange Zeit gewartet hat, erklingt zum ersten Mal. Im Mai des Jahres 1980 wird ihre Weihe „für Christen beider Kon­fessionen zum freudigen Ereignis“. Das vom Tiroler Orgelbaumeister Johann Pirchner gebaute Instrument großer Kir­chenmusik wird von Friedrich Högner mit Johann Sebastians Präludium und Fuge G-Dur den Besuchern vorgeführt.

 Im November weist Fritz Bölter, Vorsit­zender des SC Burgrain, auf die „katastro­phalen Trainingsbedingungen der Volley­ball- und Tischtennisspieler seines Clubs hin und bedauert, daß die Marktge­meinde nicht in der Lage ist, für diese Sportarten mehr zu tun. In der Sport­platzfrage für den SC ist man leider noch keinen entscheidenden Schritt wei­tergekommen. Verhandlungen wegen ei­nes Grundstückes werden aber inzwischen geführt.

 Im Februar findet das 1. Burgrainer Rentner-Eisschießen im Olympia-Eis­stadion statt. Organisiert wird der Wettbe­werb vom „Kiosk“ an der Lahnewies­brücke. Den 1. Platz belegt dabei die Moarschaft Lang, Grone, Nunberger und Pfanzelt.

  

1981

 Die Siedlervereinigung erkundet bei einem ihrer beliebten Jahresausflüge das Altmühltal mit seiner reizvollen Land­schaft und den vielen historischen Stätten.

   

1982

 Das Landratsamt äußert als Untere Na­turschutzbehörde Bedenken gegen die geplante Autobahnspange über den Längenwagen zwischen March und Son­nenbichl und deutet an, daß eine Pla­nungsalternative untersucht wird, die für Burgrain kaum akzeptabel wäre: Es müsste nämlich in Kauf genommen wer­den, daß der Durchgangsverkehr zur späteren Kramerumgehung nach wie vor auf der B23 durch den Ortsteil Burgrain verläuft.

 Im Juli geben im Pfarrsaal von St. Mi­chael die „St. Michael-Spatzen“ ihr Debüt. Der Chor mit 30 Kindern zwi­schen 6 und 14, von Adele Wagner ge­gründet und dirigiert von Hans Genstor­fer, zeigt bei seinem ersten öffentlichen Auftritt ein breites Repertoire aus Volks­musik, religiösen Liedern und internatio­nalen Schlagern. 

Beim Otto-Oswald-Gedächtnisfischen des Burgrainer Fischereivereins im Sep­tember gewinnt Walter Oswald, der En­kel des Vereinsmitbegründers, den er­sten Preis mit einem Ergebnis von 2350 Gramm.

 „Über Burgrain droht der Wildbach!“ Mit dieser dramatisch klingenden Einleitung beginnt ein Bericht des Garmisch-Parten­kirchner Tagblatts im Oktober 1983, der die Leser über die Verbauung des Lah­newiesgrabens informiert. Zwischen Enninger Moos und Talgrund sind die Hänge des Lahnewiesgrabens extrem rutschgefährdet. Nach dem Urteil von Fachbehörden sei „die Siedlung im Tal auf dem Schuttkegel bedroht“, wenn keine Gegenmaßnahmen ergriffen wür­den. Schon um die Jahrhundertwende habe man mit Holzverbauungen die Ero­sionsgefahr bekämpft. 1938 wurde die Mündungsstrecke ausgebaut, zehn Jahre später der Mittellauf. 1962 sei auch der Oberlauf des Lahnewiesgrabens durch Grünverbauung gesichert worden, aller­dings mit mangelhaftem Erfolg. In den Jahren 1966 und 1967 habe man deshalb erneut fast 1 Million DM vor allem in den Ausbau des Reschberggebietes inve­stiert. Fazit des zuständigen Wasserwirt­schaftsamtes Weilheim: Nach heutigen Erkenntnissen dürfte Burgrain nicht mehr gebaut werden.

 Im Dezember 1982 steht beim SC Burgrain erneut die Erstellung einer vereinseigenen Sportanlage im Mittelpunkt aller Überlegungen. Die ersten Grund­stücksverhandlungen sind leider geschei­tert. Nun soll die Marktgemeinde Gar­misch-Partenkirchen über das städtebau­liche Hilfsmittel des Flächennutzungspla­nes die Ausweisung eines Sportplatzge­ländes ermöglichen.

   

1983

 Im März wird der von dem Grainauer Holzbildhauer Karl Buchwieser entwor­fene und ausgeführte Kreuzweg in der St. Michaels-Kirche mit einem Festgot­tesdienst eingeweiht.

 Die Tischtennisdamen des SC Burgrain, Winden, Wankmüller, Helfrich und Adler erreichen ihr Ziel: Erstmals nach zehnjäh­riger Zugehörigkeit zur Landesliga ge­lingt ihnen der Aufstieg in die Bayernliga.

 Die Jugendherberge in Burgrain regi­striert im September die einmillionste Ubernachtung. Die Jubelzahl wird mit ei­nem „Tag der offenen Tür“ gefeiert. Seit 1967 führen die Herbergseltern Angela und Günther Schuhmann das Jugendquartier mit etwa 50000 Besuchern im Jahr. Aus der ganzen Welt kommen die Gäste in die Burgrainer Jugendherberge mit insgesamt 290 Betten. Nicht selten beherbergt man dort bis zu 50 Nationen gleichzeitig unter einem Dach.

 Fischerkönig des Jahres 1983 wird der „Senior des Oswald-Clans“ Otto Os­wald: Er wird beim Königsfischen des Fi­schereivereins Burgrain mit einen 750 Gramm schweren Schleie Sieger am Bayersoier See.

   

1984

 In der Pfarrgemeinde St. Michael zieht im Januar die Sternsingergruppe von Haus zu Haus. Caspar, Melchior und Balthasar singen und sammeln für einen guten Zweck. Das Missionswerk des Bundes der katholischen Jugend errichtet mit den Mitteln aus dem alten Brauch ein Waisenhaus in Uganda und ein Rehabili­tationszentrum für Kinder in Nicaragua.

 Ein „Mandat für Burgrain“ erringen bei den Gemeinderatswahlen im März des Jahres 1984 zwei Sozialdemokra­ten: Für Georg Frischmann beginnt da­mit die dritte Amtsperiode als Mitglied des Gemeinderats, Alois Schwarzmüller wird neu in das Ratsgremium des Marktes Garmisch-Partenkirchen gewählt. Josef Müller (CSU) wind in den Kreistag gewählt.

 Mit einem „Siegeszug an der grünen Platte“ gelingt es der Tischtennisju­gend des SC Burgrain im April 1984, er­neut die Kreismeisterschaft zu erringen. Thomas Franke, Thomas Frimmer, Albert Rahm und Richard Loher haben damit zum dritten Mal hintereinander den be­gehrten Titel geholt.

 Turniersieger im Eisstockturnier des SC Burgrain um den 1983 geschaffenen „Vereine-Wanderpokal“ wird nach har­ten, aber fairen Wettkämpfen die Moar­schaft des Golfclub II mit Helmut Bürger, Josef Nominikat, Martin Kiermaier und Alfred Rohrmoser.

 Die Suche des SC Burgrain nach einem geeigneten Gelände für einen Burgrai­ner Sportplatz ist noch immer nicht von Erfolg gekrönt. Im Gegenteil: Die Bemü­hungen, über einen neuen Flächennut­zungsplan ans Ziel zu gelangen, erweisen sich vorläufig jedenfalls als ergebnislos.

 „Aus der Sicht des Marktes Garmisch-Par­tenkirchen sind im Bereich des Ortsteils Burgrain keine Flächen vorhanden, auf denen die Ausweisung des Sportgelän­des mit Tennisplätzen und Asphaltbah­nen vertretbar wäre“, so lautet die ableh­nende Stellungnahme des Bauamtes der Marktgemeinde.

 Im November 1984 erhalten die Burgrai­ner Hausbesitzer Post von den Gemein­dewerken, die mit dieser Aktion über die kommenden Möglichkeiten eines An­schlusses an das im Landkreis Garmisch-Partenkirchen entstehende Erdgas-Netz informieren. Burgrain wird als erster Orts­teil an die neue, umweltfreundliche Ener­giequelle angeschlossen. Die Gemeindewerke rechnen, wie sie mitteilen, „mit ei­nem Anschluss Burgrains schon im näch­sten Jahr, zu Beginn der Heizperiode 1985/86“.

 Im Dezember veranstaltet, wie schon seit mehreren Jahren, die Bastelgruppe Burgrain unten kundiger Leitung von Eleonore Lachenmeier einen Weih­nachtsbasar, dessen Erlös von 3000.— DM für die Pfarrkirche St. Michael be­stimmt ist.

 

1985

 Im Kampf um den begehrten „Rast­haus-Pokal“ der Eisschützen des SC Burgrain unter der bewährten Leitung von Georg Theil setzt sich im April die Moarschaft Helmut Hornung, Helmut Schacherbauer Hans Sailer und Sepp Ortner durch. Die Trophäe wurde im Jahre 1982 vom Wirt der Gaststätte „Rast­haus“, Sepp Waibl, gestiftet.

 Auf Einladung von Pfarrer Rudolf Etten­huber diskutiert im Pfarrsaal von St. Michael eine Runde von Vertretern der Burgrainer Vereine, Kirchen und Institu­tionen mit zuständigen Kommunalpoliti­kern die Frage „Was kommt auf Burgrain im Zuge des Autobahnbaues zu?“ Im Mittelpunkt der Überlegungen steht ein „noch rein theoretisches Projekt“, das die Untertunnelung von Farchant und Bur­grain vorsieht. Die Möglichkeit einer Ver­bindungsspange zwischen B2 und B23 über den Längenwagen wird erwogen. Die Kosten einer Untertunnelung des Ortsteils Burgrain werden auf 20 bis 30 Millionen DM geschätzt. 

Beim traditionellen Sportfest des SC Burgrain auf dem Schulsportplatz der Grundschule werden im Juni 1985 zahl­reiche Wettkämpfe ausgetragen ~. „ 120 Sportler stürzen sich in den Dreikampf“, so berichtet das Tagblatt über Trimmtrab, Spielstraße und Leichtathletik beim Fa­miliensportfest des SC Burgrain.

 Ein großes Burgrainer Ortsteilfest wird auf dem Kirchplatz von St. Michael im Juli gefeiert: Aus Anlas des zehnjährigen Jubiläums der „Friedenskirche“ trifft sich ganz Burgrain bei „Quiz, Spielstraße, Bal­lon-Flug, viel Musik und einem Biergar­ten“ zu einem guten Zweck. Der beacht­liche Gewinn des Festes wird der Kinder­klinik Garmisch-Partenkirchen für den Er­werb neuer Orff‘ scher Musikinstrumente übergeben.

 Am nächsten Tag heißt es dann Ab­schiednehmen von Pfarrer Hermann Bock, der seit nunmehr neun Jahren in den Gemeinden Burgrain, Farchant und Oberau als evangelischer Pfarrer tätig ist. Der gebürtige Oberpfälzer kehrt in seine Heimat zurück und übernimmt in Vohen­strauß ein großes Pfarramt. Sein Parten­kirchner Amtsbruder Joachim Cunradi schreibt über ihn:

 „Pfarrer Hermann Bock brachte sehr viele neue Ideen und Initiative in die Ge­meinde. Für viele war er deshalb nicht im­mer bequem — besonders für jene mit dem starren Standpunkt: Es muss alles so bleiben wie bisher. Aber das zentrale christliche Wort von der Buße fordert doch die ständige Änderung des Men­schen. Er ist kein Bußprediger volkstümli­chen Weise. Und doch fordert er indirekt seine Gemeinde zur Buße, d.h. zur Änderung der Lebenshaltung auf. Voller En­gagement zeigte er den praktischen Weg heute z. B. in der ökologischen Frage oder im Bemühen um Frieden. Friedensgebet und Friedensgesprächskreis waren nur einige seiner Initiativen. Aber er lebt auch selbst das gepredigte Wort“.

 Pfarrer Bock, Vater von drei Kindern, wendet sich, wenn es ihm um die Chri­stusnachfolge geht, vor allem an die Ju­gend — und hier wird er, der stets selbst sein Herz an die Angel hängt, zum erfolg­reichen „Menschfänger“ in seiner Ge­meinde.

 August 1985 – Brüssel - 1. Leichtathletik-Europameisterschaft der Behinderten: Der Sportstudent Roberto Simonazzi aus Burgrain „schafft eine Sensation“: der 22-jährige wird Europameister im Speer­wurf und erhält die Goldmedaille — eine großartige Leistung des am linken Ober­schenkel amputierten jungen Mannes mit dem starken Willen.

 „Ein Geistlichen, zu dem man Vertrauen haben kann“: So stellt das Garmisch-Par­tenkirchner Tagblatt im November 1985 den Nachfolger von Hermann Bock für die evangelisch-lutherische Pfarrstelle in Burgrain vor. Pfarrer Uhland Spahlin­ger stammt aus Westfalen, in München-­Freimann war er Vikar. Auf die „oberbaye­rische Diaspora“ und die Arbeit mit der Jugend freut er sich besonders.

   

1986

 Der „Volksbank-Wanderpokal“ den Eisschützen des SC Burgrain kommt im Januar in neue Hände: Beim Burgrainer Pokalturnier setzt sich die Moarschaft Franz Jettenberger, Helmut Schindler, Maria Hintermaier und Thomas BibI ge­gen die Pokalverteidiger Siggi Benvenuti, Helmut Schacherbauer, Rudi Seiband und Erwin Sirtl durch.

 In seinen „Gedanken zum Karfreitag“ schreibt Pfarrer Uhland Spahlinger: „Wenn ich die Leidensgeschichte Jesu betrachte, die im Kreuzestod gipfelt, so ist sie für mich zunächst ein Dokument der Menschenverachtung. Die Brutalität der römischen Schergen gegenüber dem, der nie anders als aus Liebe gehandelt hat, und die Folter- und Mordmethoden in den KZs haben dann durchaus einen Zusammenhang. Jemand sagte einmal sinngemäß: „Jesus wurde in den KZs mil­lionenfach gekreuzigt“. Man fragt nach dem Sinn und will die offenkundige Sinn­losigkeit solchen Leidens mit Vernunftgründen beiseiteschieben. Man schweigt das ganze Elend dieses Leidens tot und wendet sich dem Alltag zu. Das ist viel be­quemer. Und an diesem Punkt ist die Pas­sion Jesu für mich mehr als ein Doku­ment des Leidens und der Gewalt. Sie wird mir zum Zeichen der Nähe Gottes gerade im Leiden“.

 In der Sportplatzfrage gibt es neue Hoff­nung: Vorsitzender Albert Schönauer meint bei der Hauptversammlung des 443 Mit­glieder zählenden Vereins im Juni 1986, daß „die Aussichten für einen Erfolg recht gün­stig stehen“. Die Marktgemeinde befinde sich in Verhandlungen mit den Eigentümern des in Frage kommenden Grundstücks.

 Im Juli 1986 wird im „Gasthaus Burgrain“ ein eigener Burgrainer CSU-Ortsver­band gegründet. Erster Vorsitzender wird Heinz Teitscheid, seine Stellvertreter sind Josef Müller und Hans Meier. Burgrain, so der neue Vorsitzende, sei immer selb­ständiger geworden, „dadurch ist die Bin­dung zum Hauptort etwas verlorenge­gangen, obwohl wir uns natürlich als Gar­misch-Partenkirchner fühlen“. Den Bur­grainer Mitgliedern seiner Partei sei „ein eigener CSU-Ortsverband zunächst viel wichtiger als ein Burgrainer CSU-Ge­meinderatsmitglied ohne Ortsverband“.

 „Antike Siedlungen“ sind das Ziel des Som­merausflugs der Burgrainer Siedlerver­einigung. In Reichersbeuern, Seeon und auf den Chiemseeinseln wird diesmal Sta­tion gemacht.

 Die Burgrainer „Gemeinnützige Woh­nungsbaugenossenschaft“ mit ihrem Vor­stand Georg Erhard und dem Aufsichtsrats­vorsitzenden Hans Dohlus an der Spitze hält im November ihre Generalversamm­lung. Dabei bedauert man, „daß sich trotz stagnierender Baupreise und zinsgünstiger Staatsdarlehen bei Neubauten derzeit Ko­stenmieten errechneten, die immer noch weit über den finanziellen Möglichkeiten vieler Mitglieder lägen“. So müsse man sich, obwohl man die Wohnungsnot der jungen Leute sehe, mehr oder weniger auf den Erhalt des Bestandes konzentrie­ren.

  

1987

 Mit „besonderer Spannung“ werden bei der Jahresversammlung des SC Burgrain die „Erläuterungen zum Sportplatzbau“ er­wartet. Vorsitzender Albert Schönauer kann den Vereinsmitgliedern mitteilen, „daß die Marktgemeinde Garmisch-Parten­kirchen das Grundstück zwischen Golfplatz und Loisach erworben und dem Verein zur Verfügung gestellt“ habe. Die Planungen seien im Gange. Neue Rosette an der Eingangsseite der Kirche St. Michael - 1987

Eine „Stätte mitmenschlicher Begegnung“, das erweiterte und erneuerte Pfarrzen­trum St. Michael, wird im Oktober von Weihbischof Schwarzenböck gesegnet. Die nützliche, „von der Marktgemeinde großzü­gig bezuschusste Einrichtung“ mit Pfarrsaal und Katholischer Volksbücherei steht der Pfarrgemeinde für vielerlei Veranstaltun­gen zur Verfügung.

 Auf einem Grundstück an der Loisach­straße, das die Marktgemeinde auf dem Wege der Erbpacht zur Verfügung stellt, baut die „Gemeinnützige Wohnungs­baugenossenschaft“ ein Sechs-Familien-haus im sozialen Wohnungsbau. Nach vie­len Jahren der Suche nach einem günsti­gen Baugelände - in Burgrain trotz vieler Bemühungen nicht zu ermöglichen - kann somit die Genossenschaft erstmals wieder auf dem Gebiet des Wohnungsbaus tätig werden.

   

1988

Zur Vorbereitung eines Festprogramms im Jubiläumsjahr 1989 wird im Mai 1988 im „Gasthaus Burgrain“ der Verein „50-Jahre-Burgrain“ gegründet. Zum Vorsit­zenden wählen die mehr als 150 Grün­dungsmitglieder den Leiter der Burgrainer Grundschule Heinz Teitscheid. Wenige Wo­chen vor Beginn der Jubiläumsfeiern zählt der Verein über 600 Mitglieder.

 Die Schutzwaldproblematik wird im Sep­tember 1988 noch einmal öffentlich disku­tiert: „Enning Gefahr für Burgrain“, so ist ein Bericht des Garmisch-Partenkirchner Tagblatts überschrieben, in dem es dann weiter heißt: „Der Lahnewiesgraben, der das Enninggebiet entwässert, gefährdet den Ortsteil Burgrain durch Hochwasser und Vermurung“. Die Schutzwälder stün­den zum Teil auf geologisch extrem labilen Gesteinen und die Standorte seien erheb­lich durch Schneeschurf, Humusschwund und Erosion gefährdet. Zur Abwehr wird seit vielen Jahren am Lahnewiesgraben sa­niert. Weitere Maßnahmen sind jetzt auf 137 Hektar Wald- und Weidefläche vorge­sehen.

 Gerald Lang und Hans Schinko zeigen im Dezember 1988 ihren Tonfilm über das kirchliche Leben in der Pfarrei St. Michael. Pfarrer Rudolf Ettenhuber: „Der Film ver­mittelt ein lebendiges Bild von der Pfarrge­meinde“. Mit diesem Film sei ein „histori­sches Dokument“ entstanden.

   

1989

 Pfarrer Uhland Spahlinger verlässt im Ja­nuar nach dreijähriger Tätigkeit in der evangelisch-lutherischen Kirchengemein­de Burgrain seinen bisherigen Wirkungs­kreis, um mit seiner Familie in Neuguinea für die Fortbildung einheimischer Pfarrer zu arbeiten. Seit 1. Mai 1989 ist die Pfarrstelle der „Friedenskirche“ in Burgrain mit Pfarrer Joachim Cunradi be­setzt.

 Ein „gelungenes Bühnendebüt in Burgrain“ gibt es im März 1989 mit der Auffüh­rung des Stückes „S‘ Dirndl von der Au“ im neuen Pfarrsaal St. Michael durch die Laienspielgruppe Burgrain. Dem En­semble mit Adele Wagner, Inge Diede­ring, Karin Geyer, Christian Spatz, Mar­kus Enthart und Jan Skrzypek gelingt es, einen „derb-deftigen Bauernschwank“ überzeugend zu inszenieren.

 Im April 1989 zieht mit der Pizzeria „San Marco“ italienisches Flair in Burgrain ein. Betrieben wird das neue Lokal im ehemaligen „Burghof“ von den Brü­dern Claudio und Franco Bonafede, die aus Venedig stammen, denen aber „das schöne Werdenfelser Land mit seinem in­ternationalen Publikum“ zur zweiten Hei­mat geworden ist.

 Dass nach vielen hundert Jahren und im fünfzigsten Jahr nach der Gründung des Ortsteils Burgrain die Geister der Burg Werdenfels noch immer lebendig sind, das wird in der Freinacht des Jubiläumsjahres wieder einmal deutlich. „Im obe­ren Viertel des Ortsteils schrauben Scherzbolde von über 50 geparkten Au­tos jeweils eins der beiden Kennzeichen ab“. Sie finden sich wieder auf dem Platz vor der Sparkasse, „wo sie allesamt fein säuberlich aufgereiht auf einer Wäsche­leine hingen“.

 

Blick vom Farchanter Wegkreuz nach Burgrain - fotografiert von Franz Wackerle - 1990

 

 

 

 

 

 

 

 

 




 

© Alois Schwarzmüller 1989